An einem heißen Julitag machen wir uns auf Etappe 6 unserer Streckentour von Worms nach Bonn. Durch das Naturschutzgebiet Fulder Aue — Ilmen Aue zwischen Ingelheim und Bingen (17 Kilometer).
Ausgeschildert? Keine Ahnung. Wegweiser braucht es gar nicht. Es geht immer am Wasser entlang. Auf einem alten Treidelpfad oder vielleicht auch Verbindungsweg aus einer Zeit als es noch keine Straßen gab.
Und halt eben. Kein Berg, ja noch nicht mal ein Hügelchen bzw. ein Hiwwel (wie die Leut hier sagen) sind zu überwinden. Einfach platt.
Dafür intensive Farben. Wasserblau, Himmelblau, Algengrün, Sandocker. Angenehme Temperatur unter den Weiden. Ansonsten Stille.
Obwohl Autobahnen surren, Frachter tuckern, Flugzeuge dröhnen, und wir uns rege unterhalten: Hier ist Stille zu hören. Auf dem trockenen Boden springen Steinchen unter unseren Wanderschuhen klackernd zur Seite. Ein Lüftchen lässt die Weiden rauschen. Stillwasserfläche nennt die Ökologie den Bereich zwischen Rheininseln und Ufer. Gefiedertier mit großen Flügeln heben schnatternd und flatternd über scheinbar stehendes Gewässer ab. Wenige Meter vor uns quert ein Fuchs. Gegen den Wind. Er hört uns nicht.
Ein Moped knattert heran. Bremst abrupt neben uns ab. Motor aus. “Wo wollen Sie denn hin?” Es stellt sich heraus: Der Fahrer ist Jäger. Wir gehen durch sein Revier. Als wir ihm glaubhaft versichern, dass wir beide in Reichweite ein festes Dach über dem Kopf hätten und auf gar keine Fall hier zelten wollten, nutzt er die Gunst der Stunde für ein bissl Öffentlichkeitsarbeit für seine Berufsgruppe. Ja, das sei wohl ein noch furchtloser Jungfuchs gewesen, den wir da gesehen hätten. Die stromern jetzt herum und erkunden das Terrain. Vom Fuchs kommt er auf die prekäre Entwicklung der Wildbestände in den Rheinauen durch die relativ warmen Winter und die Seuchengefahren, die daraus erwachsen können. Urgs!
Dann doch noch ein Berg! Der Rochusberg bei Bingen. Schon von weitem kommt die Spitze der Rochuskapelle in Sicht. Ein Berg muss sein, oder? Klaro! Spontan beschließen wir die Gunst der Stunde zu nutzen und kraxeln doch noch nach oben an diesem Tag. Am Aussichtspunkt “Inselrhein” Blick zurück und Rast auf einer Liegebank. Hier gehen wir nicht mehr weg. Seufzen. Schweigen. Natürlich packen wir irgendwann zusammen. Keine Sekunden nachdem wir aufgestanden sind, ist die Bank wieder besetzt. Ein idealer Sonnenaufgangsort übrigens, merke ich im Weggehen an.
Wir wandern auf Berge und Höhenzüge zu. Der breite Oberrhein geht bei Bingen in das Obere Mittelrheintal über. Ab jetzt stehen auf dem Weg nach Bonn einige Etappen durchs “Gebirg” auf dem Plan!
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