“Pfade bilden sich durch Benutzung aus. Dauerhafte Pfade müssen demnach von Nutzen sein.”, schlussfolgert Robert Moor in seinem Buch “Wo wir gehen — Unsere Wege durch die Welt”. Eine Erkundungstour nach dem Sinn von Wegen.
Robert Moore hat sich unter anderem mit Fossilen- und Insektenspuren-Forschern, Fernwanderwege-Machern, Schafhirten und anderen Erkunderinnen und Erkundern in deren ureigenstem Terrain getroffen, ausgetauscht und ist selbst den Appalachen-Trail gewandert.
Fazit: Pfade und Wege folgen einem Zweck. Sie führen zu Nahrung, einem sicheren Ort, spektakulären Aussichtspunkten oder kulturellen Besonderheiten oder sonst einem Point of Interest und sind in der Regel der Weg des geringsten Widerstandes.
Selbst Autostraßen der Gegenwart verlaufen oft auf uralten Routen, die sich irgendwann mal für unsere Vorgänger (!) als nützlich, effizient erwiesen haben.
Wegbauer und Pfadfinder waren nicht unbedingt Menschen: “Selbst die dümmsten Tiere finden traumwandlerisch den effizientesten Weg durch ihre Umgebung.” Jetzt erschließt sich mir endlich die Bedeutung von “Kuhweg” oder “Eselspfad”, die es ja wie Sand am Meer gibt! Moore bringt Studien, die belegen, dass Tiere es bei der Wegenetzplanung mit jedem Computerprogramm der Welt aufnehmen können. In den Alpen aus Versehen Spuren von Gämsen und ähnlichem Getier für Pfade halten [was aus eigener Erfahrung gar nicht so weit hergeholt ist], wäre gar nicht so doof, vorausgesetzt Menschen wären Bergziegen.
Hast Du einen Weg schon mal als Ur-Schrift betrachtet? Ein einfaches Zeichensystem, das eine Message trägt? Wie ein Buch, das Dir eine Geschichte erzählt? Über ein Land? Über eine Landschaft. Über die Menschen, die ihn gegangen sind, die ihn gehen?
Nach der Lektüre dieses Buches wirst Du Wege und Pfade mit neuen Augen sehen: Als “eine Art gesellschaftlich-räumliches Gedächtnis, eine kollektive externe Erinnerungshilfe, …” Und, möchte ich ergänzen, ein Rapport, wie es um die Menschheit und die Welt steht.
“Wo wir gehen” ist ein Schmankerl des Nature Writings. Leicht verständlich, unterhaltsam geschrieben. Wenn Du Spaß daran hast, Dingen auf den Grund zu gehen und Dich mit Fragen wie “Warum gibt es Wege?” zu beschäftigen, erwarten Dich 413 Seiten mit einer interessanten Perspektive und Inspiration nach der anderen.
Drei Blickrichtungen finde ich persönlich aufregend:
- Wildnis ist ein Ort, wo Du in Kontakt mit der nicht-menschlichen Welt kommst, weil ihn Menschen nicht nach ihrem Bild geformt haben. [Gibt es solche Orte noch?]
- Trampelpfade zeugen nicht von Faulheit, sondern von Effizienz. [Wusste ich’s doch!]
- Pfade sind die elementare Verbindung zwischen Fuß und Erde. [Jaaa!]
Wieder mal eine Expedition auf der Couch!
“Wo wir gehen — Unsere Wege durch die Welt”, Robert Moor, Insel Verlag, 413 Seiten, erhältlich bei der Buchhandlung Deines Vertrauens um die Ecke.
PS: Der Pfad auf dem Artikelfoto führt übrigens aus dem Bacherloch zum Waltenberger Haus im Allgäu. Ein Dach über dem Kopf in der wilden Welt der Alpen.
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