Noch ein Wanderführer für die Pfalz? Ja! Wie ein Weg, den Du schon zig Mal gegangen bist, bei jeder Wanderung anders aussieht, so gleicht kein Wanderführer dem anderen. Weil der Mensch dahinter die Landschaft anders wahrnimmt, auf eigene Art sieht und individuell denkt. Schon in diesem Sinn sind Danielas Wohlfühlwege einfach neu.
Ich kenne die Autorin von den Wanderblogger-Events. Wir sind in den Sozialen Medien vernetzt. Dort erfuhr ich früh von ihrem Buchprojekt. Von Anfang an ließ sie uns am Werden der Touren teilhaben, berichtete von ihren Erkundungen und Recherchen, beschrieb, wie sie vorgeht, was ihr wichtig ist bei einer Route, worauf sie wert legt: Zum Beispiel so viele Aussichtspunkte wie möglich am Wegesrand; am besten mit einer schönen, gemütlichen Bank! Für den richtigen Schmeichler der Wanderseele – sei es landschaftlich, kulturell oder gastronomisch — ging sie Abschnitte auch schon mal mehrmals ab, bis dann schließlich die nach ihren Vorstellungen ideale Wegführung gefunden war. Einmal ersetzte sie sogar eine Passage nachträglich, weil sie das Ergebnis nicht zufriedenstellte, obwohl das Manuskript schon so gut wie fertig war. Bei einem solch hautnahen „Making of“ darf man dann ja wohl neugierig sein! Vor ein paar Wochen lag das Buch frisch gedruckt im Briefkasten.
Dieser Wanderführer ist in der Reihe „Wanderungen für die Seele“ des Droste Verlags erschienen und folgt in der Aufmachung dem bewährten Format: handliches Taschenbuch, angenehmes Papier und Farben, gut lesbare Schrift, großformatige Fotos, sorgfältig recherchierte Informationen und klare Struktur.
Das Thema ist vorgegeben: Es geht um Wohlfühlen, Entspannen, Entschleunigen. Der Kompass steht auf Sinneseindrücke, Emotionen und Glücksmomente. Die fünf Kategorien der Reihe helfen Wanderseelen sich im Buch zu orientieren und die richtige Tour für sich zu finden: Auszeit, Panorama, Verwöhnen, Entschleunigen und Erfrischen.
Diesem redaktionellen „Stern“ folgend hat die Pfälzerin nach eigenem Bekunden ihre Heimat ganz neu entdeckt. Sie füllt den thematischen Rahmen des Verlages mit Bedacht, feinfühlig und mit ganz viel Gespür dafür, was Wanderherzen brauchen, um vor Glück höher zu schlagen. Herausgekommen sind 20 handverlesene Rundwanderungen im Pfälzer Wald, in der Nordpfalz am Donnersberg, im Dahner Felsenland und an der südlichen Weinstraße. Laut Klappentext „die entspannendsten Wanderungen in der Pfalz“.
Meine Buchbesprechungen untermauere ich gerne mit eigenen Erfahrungen. Dieses Mal konnte ich meine Freundin und Sport-Mentalcoch-Kollegin Eva Helms als Wanderpartnerin für die Testtour gewinnen. Beide lieben wir das sportliche Wandern einerseits und Ruhe und Abgeschiedenheit andererseits. Wir steigen gerne rauf, strengen uns an, um dann den Lohn der Arbeit auf dem Gipfel zu genießen; bei coolen Weitblicken, außergewöhnlichen Perspektiven und wenn es sich ergibt natürlich auch mit einer genüsslichen Einkehr fürs leibliche Wohl.
Unter „Panoramatouren“ finde ich für uns eine Runde, die laut Beschreibung und Fotos passen könnte: Die Große Gipfelrunde über den Hochberg (672 m) und die Kalmit (672 m) in der Pfalz-Region „Südliche Weinstraße“. 14 Kilometer, 1346 Höhenmeter (relativ). Klingt gut!
Mitte Juli ist es dann so weit. Die Bedingungen sind … na ja: Bis kurz vor Ankunft auf dem Wanderparkplatz regnete es in Strömen. Der Nebel hängt in den Tälern der Pfalz. Es dampft, tropft und platscht. Wir lassen uns nicht kirre machen. Halten dagegen. Machen uns entschlossen auf den Weg; den Wanderführer aus Papier in einer durchsichtigen Wanderkarten-Tasche vor Nässe sicher geschützt.
Und dann geschieht tatsächlich ein Wanderwunder: Das einzige Nass, dass an diesem Tag nennenswert an uns herunterrinnt, ist der Schweiß durchs Schwitzen bei den Aufstiegen. Wer hätte morgens beim Aufwachen durch Regengeräuschen (jeweils in weit auseinander liegenden Wohnorten) und der Blindfahrt durch Spritzwasser auf der Autobahn gedacht, dass wir an diesem Tag fröhlich, schwatzend durch den Pfälzer Wald stiefeln würden?! Über eine Auerochsenweide steigen, einen kurzen Talk mit gut gelaunten Pfälzer Erzieherinnen inmitten glückseliger Kinder halten, die sooo glücklich sind, dass sie nun auch “Waldkindergarten sind” und das am allerliebsten für immer bleiben würden, durch Märchenwald wandern, im Dichterhain das Buch “Wunder wirken Wunder” aus dem Baum-Bücherschrank ziehen, den Pfälzer Kjeragbolten entdecken, einen Gipfel nach dem anderen nehmen, auf der Kalmit Cappucino schlürfen (Erwähnte ich schon, dass ich Pfälzer Waldverein-Hütten liebe?!), just in diesem Moment der Himmel aufreißt, wir hin und weg sind von der Weite, vom Blick in den nördlichen Oberrheingraben, Esskastanien übersät mit weißen Blütenkaskaden entdecken, mit Aaahs und Ooohs gar nicht aufhören können angesichts des warmen Lichts und der Muster, die die Sonne auf den mit Kiefernnadeln gepolsterten Pfad malt und uns am Ende dieser Wanderung zwischen riesen Felsenbrocken eines Felsenmeeres winzig und zugleich ganz groß und stark fühlen.
Dopamindusche statt Regendusche. Dank Natur, die immer für Überraschungen gut ist, aber auch dank Daniela, die als erfahrenen Wanderin und Kennerin der Pfalz mit dieser Gipfelrunde eine außergewöhnliche Bergtour zu beiden Seiten des Kropsbachtals bei St. Martin zusammengestellt hat. Klar: Kalmit ist ein Besuchermagnet. Kalmit kann im Prinzip jeder. Kalmit ist der regionale Hotspot. Vom Parkplatz zur Hütte mit Aussichtsterrasse sind es wenige Gehminuten. Aber Daniela führt uns selbstverständlich nicht über die Wanderautobahn, sondern auf einem wenig begangenen Pfad, um den Berg herum aus dem Tal nach oben.
Den Einstieg zum ruhige Pfad findet nur, wer sich auskennt oder diesen Wanderführer zur Hand hat. Dazu hat sie dem höchsten Berg im Pfälzer Wald einen Geheimtipp in der Nachbarschaft vorangestellt: den unscheinbaren aber deswegen kein bisschen weniger spektakulären Hochberg. Um wie im Buch beschrieben verzaubert zu werden, muss es dort im Grunde regnerisch und neblig sein. Sonst fehlt es einfach an der notwendigen Mystik! Insofern alles richtig gemacht!
Übersicht ist mir ganz wichtig. Die brauchbare Detailkarte für jede Tour kenne ich ja schon aus Frank Hamms Wanderseelen-Führer. Zufällig klappe ich jetzt mal die vordere Umschlagklappe um und entdecke einen großen Übersichtsplan der Pfalz, auf dem alle Wanderungen übersichtlich verortet sind. Auch nicht übel. Jetzt erkenne ich leicht: Danielas Wanderungen sind hauptsächlich in den Berge am Rande des nördlichen Oberrheingrabens und an der französischen Grenze verortet! Zur Wegweisung greift die Autorin, wie andere auch, auf Wegmarken lokaler Wanderwege, Hütten, Bänke, Brunnen oder besondere Orte zurück. Die Anhaltspunkte sind Schritt für Schritt und nachvollziehbar mit Text und großformatigen Farbfotos dokumentiert. Dann führt sie Dich aber auch auf ihre eigene Weise; nämlich anhand von Merkmalen der Natur. Wie zum Beispiel der Farbe der Erde des Weges oder seinem Verlauf (Schleife, Zickzack etc.), dem typischen Bewuchs am Wegesrand und mit dem für die Pfalz typische Element der Topografie: die vielen eindrucksvollen Felsen im Gelände. Das gefällt mir und das funktioniert auch! Wir lesen: „Eine neue Waldlandschaft umgibt uns: hohe Kiefern, Unmengen von Blaubeersträuchern, Heidekraut und Farn- wie verzaubert laufen wir auf dem weichen Trail und lassen die Atmosphäre auf uns wirken.“ Eva und ich schauen vom Buch auf, blicken prüfend um uns herum, nicken und sagen: Ja, genau. Passt!
Diese Gipfelrunde ist mit 5 bis 5 Stunden Gehzeit angegeben. Das stimmt mit unserer Wanderzeit fast exakt überein. Hätten wir jedoch an den vielen möglichen Rast‑, Picknick- und Einkehrplätzen tatsächlich Pause gemacht, die uns Daniela ans Herz legt, wären wir vermutlich erst im Dunklen wieder am Wanderparkplatz Sandwiesenweiher angekommen. Auch beim Ausruhen und Energie tanken hat die Autorin und offensichtlich Genießerin den Tisch reich gedeckt und praktisch in der Karte eingezeichnet. Prima! So lassen sich Wanderpausen im Voraus und nach Gusto planen: Einkehren in einer bewirtschafteten Hütte oder bei einem Schauer Unterschlupf finden in einer der zahlreichen Schutzhütten oder Vesper aus dem Rucksack an einem schönen Plätzchen unter freiem Himmel mit Aussicht. Wie es Dir gefällt.
Am Ende der zwölfseitigen Wegbeschreibung dann alles auf einen Blick: Wie & Wann, Hin & Weg (Auto, ÖPNV), Entspannungs‑, Genuss- und Romantikfaktor in Sternchen, Essen & Entspannen (Adressen, Website, Öffnungszeiten), Entdecken & Erleben (alles Sehenswerte in Stichworten und nummeriert für die Karte).Die GPS-Daten zu jeder Tour gibt es auf der Website des Verlages zum Runterladen.
Apropos GPS: Die Koordinaten des Wanderparkplatzes werden genannt. Das genaue Format jedoch nicht. Ich habe es ausprobiert: Die Daten funktionieren nur in den Karten-Onlinediensten, wie z.B. Outdooractive und vermutlich in modernen Autonavis. Bei Google Maps kann ich sie nicht eingeben. In Sachen digitaler Navigation bin ich halt keine Heldin. Jedoch: Die analogen Hinweise sind völlig ausreichend um mit etwas Planung im Vorfeld ohne großes Verzetteln an Ort und Stelle zu gelangen!
Die Wanderung am Hochberg und Kalmit hat uns so gut gefallen. „Das schreit doch nach einer Wiederholung!“, zieht Eva Bilanz. Genau! Die nächste Tour in der Pfalz ist auch schon im Visier. Es wird in die Nordpfalz gehen. Danielas Empfehlung: April, Mai, wenn alles blüht! Alles klar. So machen wir das und sind schon ganz gespannt, welches Wanderschmankerl sie uns für den nächsten Frühling servieren wird!
Trauthwein, Daniela: „Wanderungen für die Seele – Wohlfühlwege in der Pfalz“, 191 Seiten, Taschenbuch, broschiert, Droste Verlag, 2020.
PS: Die Länge der Rundwanderungen reicht von 5,5 bis max. 15 Kilometer. Die relativen Höhenmeter variieren zwischen 172 Höhenmeter bis max. 1346 Höhenmeter. Da ist also für jeden etwas dabei!
Ich bedanke mich herzlich beim Droste Verlag für das Rezensionsexemplar!
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