Im Juni gehe ich auf die Langstrecke. Ich werde zusammen mit 20 anderen Outdoorbloggern auf dem WesterwaldSteig wandern. 45 Kilometer. An einem Tag. Im März habe ich davon berichtet.
Good to know: Der Wandermarathon hört sich zwar an wie ein sportliches Event, ist es aber nicht. Das steht ganz klar in der Ausschreibung. Es geht nicht um Leistung, sondern um Erlebnis!
Für mich persönlich ist diese Wanderung trotzdem eine Herausforderung. Ich will mich mit dem Bloggerwandern im Juni nicht überfordern, sondern Spaß mit den anderen haben. Deshalb trainiere ich seit 4 Wochen dafür. Mein Ziel: Wuppen, statt mit Hängen und Würgen bewältigen.
Von nix kommt nix. Um Körper, Kopf und Kreislauf vorzubereiten, habe ich einen 14-wöchigen Trainingsplan erstellt. Ziel: Ausdauer- und Kraftkondition aufbauen.
Heißt im Klartext: 3mal die Woche ausdauerndes Gehen oder Laufen sowie 2mal die Woche 20 Minuten Stabilisationsübungen zu Hause auf der Matte.
Das mache ich jetzt seit 4 Wochen. So oder sagen wir mal…so in der Art. ;-)
Denn einmal ins Tun gekommen, war mir sofort klar wie Kloßbrühe: So ein Trainingsplan ist eine feiner Sache, aber er fordert ganz schön! Für mich überraschend: Nicht so sehr konditionell, sondern zeitlich!
Insbesondere ein Wandertrainingsplan kostet wahnsinnig viel Zeit. Wegen den Distanzen. Um im Training voranzukommen, müssen diese kontinuierlich gesteigert werden. Und zwar nicht im Tagesrhythmus, sondern wochenweise. Ganz wichtig: Zwischen den Trainingseinheiten müssen ausreichend Regenerationszeiten eingeplant werden.
Im Moment gehe ich einen 4er-Schnitt. Für 4 Kilometer brauche ich eine Stunde. Bei 15 Kilometern sind das 3,5 bis 4 Stunden. Die wöchentlichen Trainingsdistanzen liegen derzeit bei 20 Kilometer Gehen und 6 Kilometer Laufen. Mit zunehmender Tendenz. Über den Daumen gepeilt rechne ich in den 14 Wochen mit einem Aufwand von 6 bis auf 9 Stunde pro Woche; Tendenz steigend.
Dieser Zeitaufwand ist für mich ein handfestes Problem: Weil ich fast voll berufstätig bin, nebenberuflich was auf die Beine stelle und Familie, Haus und Hof habe.
„Was tun?“, sprach Zeus.
Da ist entweder Prioritäten setzen oder Organisationsgeschick gefragt. Ich will nicht mein ganzes Leben diesem einen Event opfern, sondern meine anderen Projekte normal weiterführen. Deshalb setze ich auf Organisation. ;-)
Ich gehe davon aus, dass auch andere Wanderinnen und Wanderer mit der Trainingszeit kämpfen. Deshalb habe ich hier zusammengetragen, wie ich den Zeitfaktor meines Wandertrainingsplans in den Griff kriege bzw. in den Griff zu kriegen gedenke!
5 Tipps, um den Zeitfaktor bei einem Wandertraining in den Griff zu kriegen:
1.) Frühzeitig anfangen. Ein sportwissenschaftlich fundierter Trainingsplan ist nach dem Prinzip Langsam-einen-Zahn-zu-legen aufgebaut. Um den gesamten Menschen an die neuen Aufgaben physiologisch und gesund heranzuführen, ist einerseits die Anforderungen allmählich aber kontinuierlich zu steigern und andererseits ausreichend Regenerationszeit einzuhalten.
Gefragt ist also Dieselbeschleunigung statt Rennwagenstart. Und – und ich wiederhole es so penetrant, weil es gerne unter den Tisch fallen gelassen wird – regelmäßig Boxenstopp einlegen!Je früher mit dem Training begonnen wird, desto mehr Zeit bleibt für den Aufbau. Die Streckenlänge muss nicht ad hoc hochgefahren werden, sondern kann peu à peu erweitert werden. Über die Zeit gesehen, fällt damit weniger Trainingszeit pro Woche an.
Deshalb gilt: Je mehr Luft nach oben ist, desto leichter lässt sich ein Trainingsplan in den Alltag einbauen.
So mache ich es: Die optimale Trainingszeit beträgt ein bis ein halbes Jahr. Für Wanderer und Wanderin wie mich, die zwar gemäßigt dafür aber regelmäßig unterwegs sind, reichen 14 Wochen aus, um sich — mit realistischem Zeitaufwand pro Trainingswoche — an die 45 Kilometer heran zu üben.Natürlich kommt es auch darauf an, wie Du konditionell aufgestellt bist.
2.) Hol Dich da ab, wo Du stehst. Ausgangspunkt eines Trainingsplans ist immer der aktuelle persönliche Leistungsstand. Ich setze mit dem Training nicht willkürlich nach einem allgemeinen Plan an, den ich mir irgendwo im Internet heruntergeladen habe. Sondern das Maß der Dinge bin ich.Damit baue ich den Plan optimal auf meinen physiologischen Zustand abgestimmt auf. Trainiert wird, was fehlt. Haargenau so viel, wie ich brauche, um mein Ziel zu erreichen. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Damit vermeide ich unnötiges Training und spare ergo damit Zeit.
So mache ich es: Ich wandere mehr oder weniger regelmäßig einmal die Woche 15 Kilometer. Seit einem halben Jahr laufe ich dreimal die Woche 5 bis 6 Kilometer. Zudem mache ich jeden zweiten Tag 30 Minuten Kraft- und Stabilisationsübungen. Das heißt, ich verfüge über eine gewisse Grundkondition.Auch aus diesem Grund werde ich mit dem 14-Wochen-Plan gut hinkommen.Eine andere interessante Möglichkeit beim Training Zeit zu gewinnen ist, auf anderen Sport ausweichen. Sport, der weniger zeitintensiv ist als Wandern
3.) Sport einbauen, der weniger Zeit frisst! Zwar ist es unumgänglich die Bewegungsart zu trainieren, die für das Ziel spezifisch ist: Wer einen Wandermarathon gehen will, muss gezielt seine Gehkondition trainieren. Denn mit jeder Bewegung werden spezielle Muskeln angesprochen, die gepeppt werden wollen. Da führt kein Weg dran vorbei.
Aber Wandertraining für die Langstrecke ist mehr als Muskelaufbau. Es geht vor allem auch darum Ausdauerkondition zu entwickeln: Das heißt: Vorratsspeicher für die Energieversorgung vergrößern. Den Zugriff auf Reserven optimieren. Das ganze Versorgungssystem [Herz/Kreislauf, Gefäße] an die neue Anforderung anpassen.Nicht zu vergessen: Füße und Gelenke (Knie und Hüfte) brauchen ihre Zeit, um sich an die ungewohnte Belastung zu gewöhnen! Das wird oft unterschätzt. Viele sind dann überrascht, wenn es nach ein paar Kilometern anfängt im Skelett zu zwicken. Wenn die Füße in den Schuhen plötzlich reiben und die Haut zum Schutz Blasen bildet. Das ist leider schmerzhaft, vor allem wenn der Fuß vorerst im Schuh bleibt (bleiben muss).
Diese Anpassungen lassen sich auch mit anderen Ausdauersportarten erreichen, die nicht so viel Zeit fordern. Laufen zum Beispiel. Oder Trail Running, weil es dem Wandern am nächsten kommt (Naturnähe, unebene Untergründe, Steigungen und Gefälle]. By the way: Geht übrigens auch vor der Haustür!
4.) Zeit nutzen. Training in den Alltag integrieren. Der Tag hat 24 Stunden. Eine weitere Option Zeit zu schaffen ergibt sich, wenn ich das Zeitfenster, das mir täglich fürs Training zur Verfügung steht, einfach größer mache. Das klingt wie eine Binsenweisheit, ist es aber mitnichten.
Gut, ich kann nicht mal eben meine Arbeitszeit für drei, vier Monate reduzieren, nur um mehr Zeit fürs Wandertraining freizuschaufeln [warum eigentlich nicht]. Unbezahlten Urlaub nehmen? Okay, wäre eine Möglichkeit, wenn das Zielvorhaben ganz oben auf der Prioritätenliste und es gar nicht anders geht. Für mich sind diese Möglichkeiten kein Mittel der Wahl.
Ein Weg eröffnet sich allerdings, wenn Distanzen fürs Training genutzt werden, die eh jeden Tag zurückgelegt werden.Was liegt näher, als den Weg zur Arbeit zu Fuß zugehen, statt mit Auto, öffentlich oder mit dem Rad zu fahren. Bei einem Arbeitsweg zwischen 5 und 10 Kilometern ist dies kein Problem; bei weiteren Distanzen sind Teilstrecken denkbar: Ein Teil öffentlich, ein Teil zu Fuß. Da ergeben sich gleich super Möglichkeiten zu variieren, auszubauen und bei Bedarf den Ball auch mal flach zu halten.
So mache ich es: Einmal in der Woche laufe ich vom Büro nach Hause. Das sind 5 Kilometer. Dafür brauche ich ein Stunde. Ich habe mir den Freitag ausgesucht. Direkt vor dem Wochenende. Die Aussicht auf freie Tage motiviert mich zusätzlich! Je weiter ich im Plan voranschreite, desto mehr werde ich diesen Weg ausdehnen, Ecken dran bauen, kleine bis größere Umwege gehen. Ich weiß auch schon wo: am Rhein entlang! Da bin ich gerne. Der Fluss, die Natur der Stadtlandschaft versöhnt mich mit den zusätzlichen Gehkilometern auf Asphalt.
5.) Zeitpuffer im Kopf: Sitzt, passt, wackelt und hat Luft. Schließlich und endlich bleibt es jedem freigestellt, wie streng er sich tatsächlich an den Trainingsplan hält.
Ich betrachte den Plan zwar als wirklich notwendig. Sehe ihn aber vor allem als Leitfaden, zur Orientierung und um Verbindlichkeit für mich herzustellen. Ein Geländer an dem ich mich festhalten kann, um auf dem Weg zu bleiben. Kurz, um dran zu bleiben.Zusätzlich Zeit schindet man heraus, wenn man seine Vorhaben – Trainieren nach Plan, Wanderdistanzen verlängern usw. — nicht mit der Kneifzange anpackt.
Die Rede ist von der gefühlten Zeit. „Ich habe keine Zeit“, sagen wir oft. Wenn wir dann genauer hinschauen oder einfach mal machen, dann stellt sich oft heraus, dass der Zeitaufwand für eine Sache in Wirklichkeit gar nicht so groß ist, wie wir dachten. Das heißt, wir neigen bei unseren Zeitvorstellungen zum Dramatisieren.
Im Umkehrschluss bedeutet dies: Indem ich mein Ziel zwar fokussiert, aber trotzdem flexibel und gelassen angehe, schaffe ich mir MENTAL Zeit. Ich habe einen Puffer im Kopf für den Fall der Fälle: Wenn es mir nicht gut geht, wenn ich länger im Büro arbeiten muss, wenn in der Familie irgendetwas Unvorhergesehenes passiert usw. Gehe ich den Trainingsplan locker an, dann kann ich einfach eine Trainingseinheit ausfallen lassen. Kein Drama! Der Druck ist raus. Puffer im Kopf bedeutet: alle GEFÜHLTE Zeit der Welt.
Jetzt werden Sie sagen: Okay, dann kann ich ja gleich das Training lassen und nur dann ein bisschen üben, wenn sich mal ein Zeitfenster auftut.Nein, ganz so einfach ist es nicht!
4 Wochen oder länger gar nicht und dafür dann geballt extrem viel zu trainieren ist vergebliche Liebesmüh. Dieses Vorgehen ist für die Katz. Jede auf diese Weise investierte Trainingsminute ist verschenkte Zeit. Das können Sie mir ruhig glauben.
Dann lieber die 45 Kilometer im Augen- zu- und-durch-Verfahren bewältigen. Geht auch. Menschen können von Natur aus 40 Kilometer am Tag gehen. Das funktioniert auch völlig ohne Training. Allerdings ohne Spaß-Garantie.
Wenn ich jedoch eine ungewohnte Distanz mit Spaß bis zum Ziel wandern will, dann ist es trainingstechnisch gesehen unerlässlich, kontinuierlich üben.
Ich brauche nicht jede Woche exakt nach Plan zu trainieren. Aber ich muss am Ball bleiben. Und wenn ich nur alle Alltagswege zu Fuß gehe.
So mache ich es: In den vergangenen vier Wochen bin ich an einem Mittwoch 15 Kilometer und an einem Samstag 10 Kilometer gewandert. Dazu bin ich drei Wochen dreimal zwischen 5 und 8 Kilometer gelaufen (Asphalt und Trail] und ich habe drei Wochen an zwei Abenden stabilisiert. 1 Woche musste ich das Training wegen Kotzerei komplett ausfallen lassen. Dieser Einbruch hat sich in den Folgewochen aufs Mittwochswandern (siehe oben) und auch auf die Freitagseinheit ausgewirkt: Ich bin erst zweimal von der Arbeit nach Hause gelaufen! An einem Freitag bin ich erst losgegangen, habe unterwegs gemerkt, dass mir noch der richtige Zug fehlt und bin kurz entschlossen in den Bus gestiegen und bequem den Rest der Strecke nach Hause gefahren.
Ich habe mir für meine gesundheitliche Regeneration Zeit gelassen. Damit habe ich den Zeitdruck im Training rausgenommen, ohne meinen Zeitplan aus dem Auge zu verlieren.
Die nächsten Schritte:
Vor mir liegen noch 10 Wochen Training plus 1 Woche Ausruhen vor dem Tag der Tage am 16. Juni. Ab nächster Woche werde ich die Wanderdistanz Woche für Woche von 15 auf 20 und schließlich maximal 25 Kilometer steigern. Den Büroweg werden ich nach dem gleichen Prinzip von 5 auf +/- 10 Kilometer ausweiten. Zusätzlich bleibe ich beim Trail Running. Die 30 bis 45 Minuten vor der Haustür kann ich gut abends dranhängen. Diese Bewegungseinheiten sowie das Stabitraining sind inzwischen Routine für mich.
Soweit zu meinem Plan im Vorfeld des Wandermarathons. Ich werde in den nächsten Wochen immer mal wieder kurz berichten, wie’s so läuft – um im Bild zu bleiben. ;-)
Im Mai werde ich mir Gedanken machen, wie ich die Rahmenbedingungen auf der Strecke so gestalte, damit ich die 45 Kilometer auf dem WesterwaldSteig mit Spaß am Ball bleibe. Stichwort: Schuhe, Strümpfe, Energiezufuhr, Flüssigkeitsversorgung, Gepäck.
Sie sehen, es ist gar nicht so schwierig, den Zeitfaktor eines Trainingsplans in den Griff zu kriegen. Es braucht etwas Fantasie, Kreativität und guten Willen.
In diesem Sinn: Machen Sie es sich passend und bleiben Sie dran!
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