Sucht man im Inter­net nach den Begrif­f­en Trep­pen“ und Berge“ kom­men Ein­träge wie: die spek­takulärsten Trep­pen, bekan­nte Trep­pen, Trep­pen in den Him­mel, Trep­pen nichts für schwache Ner­ven, Stufen zum Him­mel, die gefährlich­sten Trep­pen usw. Trep­pen als beson­der­er Nervenkitzel.

Ganz anders habe ich Trep­pen in den Bergen let­zten Som­mer auf dem Gren­zgänger-Weg im Naturschutzge­bi­et All­gäuer Hochalpen kennengelernt.

An einem son­ni­gen Tag im August hat­te ich Gele­gen­heit mit Gren­zgänger-Pro­jek­tleit­er Thi­lo Kreier Abschnitte mit Stufen auf den Etap­pen 4 und 5 unter die Füße zu nehmen: 

Von der Point-Hütte auf 1300 Metern ging es erst durch eine liebliche Wiesen­land­schaft in Rich­tung Süden über das Gries hoch auf den Gren­zgänger-Weg. Unter­halb des beein­druck­enden Fels­mas­sivs des Vorderen Wilden (2241 m) stiegen wir unter dem schrof­fen Stein des Wiede­merkopfs (2163 m) und mit Blick zum Nebel­horn (2224 m) hoch zur DAV-Hütte Prinz-Luit­pold-Haus auf 1851 Metern. Von dort wan­derten wir auf der Nor­mal­route über die Bärgün­dele-Alpe hinab zurück zum Point-Haus (8,5 km).

Ab Point-Haus geht es auf san­ftem Weg Rich­tung Gries. Im Hin­ter­grund: Vorder­er Wilder.

Neben der touris­tis­chen Erschließung der hochalpinen Gren­zre­gion zwis­chen Bay­ern und Tirol sowie der Erneuerung der Weg­weisung, liegt ein Haup­tau­gen­merk des Gren­zgänger-Pro­jek­ts auf der Wegsanierung.

Hier wie auch in anderen Alpen­re­gio­nen set­zt der Wan­der­touris­mus den Bergen zu. Stich­wort Boden­ero­sion. Regen und Schmelzwass­er ver­wan­deln Wege und Pfade regelmäßig in Rutschbah­nen. Um Halt auf dem klitschi­gen Unter­grund zu find­en, suchen Berg­wan­der­er immer wieder einen Weg neben dem eigentlichen Weg. Im Laufe der Zeit entste­ht auf diese Weise aus einem Hauptweg, viele kleine Neben­wege; die Gras­nar­ben auf den Hän­gen wer­den durch die Wan­der­er abge­tra­gen. Braune Rillen durchziehen den Berghang. Der Regen erledigt den Rest und schwemmt den wertvollen Humus ins Tal. 

Als es im Gries aufwärts­ge­ht, dauert es nicht lange bis ich die ersten gega­bel­ten, aus­geschwemmten Weg­pas­sagen ent­decke. Die Berg­wiese hat hässliche, offene Wunden.

Bodenerosion auf einer Bergwiese
Boden­ero­sion auf ein­er Bergwiese.

Im Steil­hang unter­halb von Vorderem Wil­dem und Wiede­merkopf treten die Schä­den häu­figer zu Tage. Dort sind die Hänge nach West­en aus­gerichtet und dem Wet­ter beson­ders extrem aus­ge­set­zt. Zudem set­zt das Schmelzwass­er den Böden zu. Jedes Früh­jahr strömt es rund herum von den All­gäuer Gipfeln hin­unter. Das Wass­er formt Rin­nen, die sich im Laufe der Zeit mitunter zu mannshohen Einker­bun­gen ver­tiefen. Und der Pfad geht mit­ten durch.

Vom Schnee zerstörte Wegbefestigung
Vom Schnee zer­störte Wegbefestigung.

Zum Glück sind solche Stellen seil­ver­sichert. Zudem waren hier schon die Wegemach­er des Gren­zgänger-Pro­jek­ts aktiv! Sie haben alte Befes­ti­gun­gen, die von zent­ner­schw­erem Schnee wegge­drückt wur­den erneuert und abschüs­sige, rutschige Stellen mit neuen Stufen entschärft, die mit naturbe­lasse­nen Rund­hölz­ern gesichert sind. 

Wenn die Berge lei­den, haben auch Wan­der­er nichts zu lachen. Das war mir schon bei den anderen bei­den Touren auf dem Gren­zgänger-Weg aufge­fall­en. Zum Beispiel beim Abstieg vom Schreck­see ins Ostra­ch­tal. Die Route ist zwar nur ein Notab­stieg des Gren­zgänger-Weges, aber son­st ein viel began­gener Weg. Das sieht man deut­lich. Auf dem unteren Drit­tel durchziehen dort mäan­dernde, aus­ge­wasch­ene, aus­ge­tretene, tiefe, schmale Rillen den Hang wie einen Ter­miten­hügel und machen das Gehen – beson­ders an Regen­t­a­gen – zur Tor­tur. Man weiß gar nicht, wo man hin­treten soll und läuft ständig Gefahr, umzuknick­en oder in eine der Furchen zu rutschen – auch an trock­e­nen Tagen. Wegsanierung — die Fach­leute sprechen von Inwert­set­zungdient dem Schutz der Natur und sorgt für Trittsicher­heit der Wan­der­er!

Nebenweg auf dem Grat zwischen Ponten und Bschießer
Weglabyrinth auf dem Grat zwis­chen Pon­ten und Bschießer.

Die im Rah­men der Wegsanierung befes­tigten Stufen sta­bil­isieren nicht nur den Hang und beu­gen der Boden­ero­sion vor. Die Trep­pen geben zudem den Wan­der­ern auf rutschi­gen, schrä­gen Stellen Halt und lenken sie mit diesem Ange­bot der Trittsicher­heit wieder auf den Hauptweg. Wie so ein frisch saniertes Wegstück aussieht, zeigt Thi­lo auf dem Artikel­bild oben.

So betra­chtet kann ich mich mit Trep­pen in den Bergen anfre­un­den. Denn ehrlich gesagt habe ich mich schon öfter ins­ge­heim gefragt, für was die gut sind. In der Regel sind sie nicht ger­ade nach ergonomis­chen Gesicht­spunk­ten gebaut. Son­dern so, wie es die Sit­u­a­tion vor Ort halt zulässt bzw. gebi­etet. Die Absätze zwis­chen den Stufen sind zum Beispiel manch­mal zu bre­it, um sie Schritt für Schritt abzusteigen. Dann macht es Mühe den Stufen zu fol­gen. Zugeben: In der Ver­gan­gen­heit bin ich oft zur Seite ins Gras aus­gewichen, weil das Gehen dort ein­fach­er war. Mit meinem neuen Wis­sen über den Naturschutz-Zweck von Trep­pen auf erdi­gen Unter­grün­den in den Bergen, werde ich in Zukun­ft darauf acht­en, auf den Stufen zu bleiben; auch wenn es aus Sicher­heits­grün­den grad nicht unbe­d­ingt notwendig ist.