„Busbahnhof Hindelang. Der vordere Bus fährt nach Oberjoch. Da müssen ‘s a bissl die Füß‘ in die Hand nehmen. Abfahrt in einer Minute! Der hintere Bus fährt nach Sonthofen. Den können ’s in Ruhe avisieren. Abfahrt in fünf Minuten.“ Was ein Heimfahrt-Service-Hupferl für mich!
Hinter mir liegen drei Spätsommer-Frühherbst-Tage in der Grenzregion zwischen Deutschland und Österreich. Drei Touren in den bayrischen und Tiroler Bergen. Drei intensive Erlebnisse auf einem der schönsten Höhenwege in den Allgäuer Alpen: dem neuen, sechstägigen Grenzgänger.
Wie? Sechstägige Hüttentour in drei Tagen? Wow, Heike!
Gemach, gemach! Zur Powerwalken bin ich kaum mutiert, sondern bin den hochalpinen, durchaus anspruchsvollen Grenzgänger nach Heikes Heimatwandern-Manier angegangen: mit Tagestouren, im eigenen Rhythmus und — statt mehrere Tage hintereinander auf dem Berg — täglich vom Tal aus hoch!
„Hüttentour auf hofele Art“ würden die Allgäuer sagen. Was so viel heißt, wie eine herausfordernde Sache mit Köpfchen, mit Bedacht angehen.
Eine Art des Bergwanderns, die für Bergfexe interessant ist, die erstmal ins anspruchsvollere Höhenweg-Wandern auf plus minus 2000 Metern reinschnuppern wollen, die Wert legen auf ein eigenes Bett und eine warme Dusche oder für Familien, Paare, bei denen einzelne Familienmitglieder oder die Partnerin, der Partner zwischendurch einen Tag alleine losziehen möchte, um anspruchsvollere Wanderungen zu unternehmen, die zusammen zum Beispiel aus Gründen unterschiedlicher Leistungsfähigkeit nicht möglich sind.
Was braucht’s, um eine mehrtägige Hüttentour in den Bergen moderat und erlebnisreich Schritt für Schritt zu entdecken, ohne gleich mit dem vollen Hüttentouren-Programm zu starten?
Richtig! Einen Höhenweg, der vom Terrain und landschaftlich was her macht, viele, abwechslungsreiche Aussichten und Perspektiven hat und der direkt und flexibel Zustieg bietet. Also eine Hüttentour mit gemütlichen Pensionen, Hotels oder Ferienwohnungen im Tal sowie Etappen, die zu Fuß oder per ÖPNV einfach aus allen möglichen Richtungen zu erreichen sind, so dass du ihn je nach Gusto in einzelnen Abschnitten oder Passagen gehen kannst.
Wander-Schleife in, durch und auf den Allgäuer Alpen
Die Wegmarke des Grenzgänger zeigt eine blau-graue Acht. Sie steht für die Farben der Landschaft durch die er führt und den Verlauf dieses Höhenwegs. Fast wie eine Schleife. Eine Bergwander-Schleife in, durch und auf den Allgäuer Alpen.
Diese Geographie macht die Hüttentour auch für Tagestouren interessant:
Der Grenzgänger reist oberhalb und durch Täler, unter und über der Baumgrenze, mit einigem an schroffen Felsen und Gipfeln und behält dabei an jedem Punkt das typisch saftige Grün der Allgäuer Almen, Wiesen und Wälder sowie das Blau der Bergseen und wilden Wasserfälle im Blick.
Der alpine Steig läuft von zu, statt von weg. Geht und kommt. Macht sich alleine auf, trifft sich und bleibt dabei in einem klar umrissenen Terrain.
80 Kilometer Weg auf 2000 Höhe. Drei Täler. Zwei Kreise.
Das große Rund der Acht im Norden umarmt das Hintersteiner Tal im bayrischen Allgäu und das Tannheimer Tal im Tiroler Allgäu. Das kleine Achterrund im Süden bleibt bei den Österreichern führt durch das Lechtal um den höchsten Berg der Allgäuer Alpen herum: den Hochvogel (2592 Meter). Exakt an der Stelle, an der die Runden zur Acht werden, liegt das Prinz-Luitpold-Haus; unweit der deutsch-österreichischen Grenze. Eine Relaisstation für Grenzgänger, die hier zwischen Etappen 3 und 4 übernachten und am nächsten Morgen in die jeweils andere Runde der Acht wechseln. Sowie ein äußerst beliebter Stützpunkt für alle anderen Bergfexe, die die schwungvolle Grenzgänger-Welt der eigenen Nase nach erwandern.
By the way: Im Prinz Luitpold-Haus auf 1.845 Metern [und jetzt auch bei mir zu Hause an der Wand, gleich neben dem Schreibtisch] hängt direkt wenn Du reinkommst seitlich an der Wand die topographische Wanderkarte im Maßstab 1.25000. Speziell mit dreidimensionaler Anmutung für den Grenzgänger gefertigt! Optisch und inhaltlich ein Vergnügen für alle, die Wanderkarten lieben. Für mich eine nie versiegende Quelle der Inspiration; auch zum Ausbaldowern von Tages-Touren zum und auf dem Grenzgänger. Kostenlos bei Bad Hindelang Tourismus.
Schutzhütten auf dem Berg zum Übernachten zwischen den Etappen ist selbstverständlich für eine Hüttentour. Der Grenzgänger berührt jedoch auch in den Tälern jede Menge Orte, an denen Du heimelig unter- und zusammenkommst. Adressen findest Du beim Grenzgänger.
Der Clou: Die Grenzgänger-Basislager im Hintersteiner und im Tannheimer Tal sind mit einem gemeinsamen Busnetz verbunden. Mit der Bad-Hindelang-Plus-Karte erreichst Du die verschiedenen Ausgangspunkte im Tal sowohl in Bayern als auch in Tirol von denen aus Du täglich direkt zum Grenzgänger aufsteigen kannst (Ausgenommen die Mautstraße zum Vilsalpsee, die ist ab Tannheim mit Alpenexpress oder 1 Stunde Fußmarsch zu nehmen).
Hinterstein — Basislager direkt am Grenzgänger
Der Thilo, Bloggerkollege und Chef beim Grenzgänger-Projekt, hat mich dort im geschmackvollen und gastfreundlichen Chalet „Pension Hochvogel“ in Hinterstein untergebracht. Nicht übertrieben! Ich bin pingelig bei der Art, wie ein Haus seinen Gästen begegnet und sie beherbergt.
Das abgelegene Bergdorf im Ostrach Tal ist sehr gut mit dem Öffentlichen Nahverkehr zu erreichen. Denn Hinterstein ist ein Ortsteil von Bad Hindelang. Du kommst zuverlässig den ganzen Tag hin und weg und hast die Haltestelle in dem Dörfchen in der Regel so gut wie vor der Haustür.
Das Ostrach Tal ist dem Hintersteiner Tal vorgelagert. Daher startet in Hinterstein der Bus, mit dem Du mehrmals täglich auf der Mautstraße bis fast ans Ende des 10 Kilometer langen Hintersteiner Tals gelangst. Alternativen sind Gehen oder das Fahrrad. Privatautos sind tabu.
Am Talboden hat das knuddelige Dörfchen in der Sommersaison einiges zu bieten: Füße in die eiskalte Ostrach stecken, im Naturbecken Prinze Gumpe baden, sich bissl im skurrilen Kutschenmuseum gruseln, im Tante Emma-Laden kleine Einkäufe erledigen oder einmal im Monat der Harmoniemusik Hindelang lauschen; wahre Könner ihres Faches! Selbst von der Terrasse meiner Unterkunft aus zugehört!
Hochalpin hast Du in Hinterstein alle Möglichkeiten auf den Etappen des nördlichen Bogens der Grenzgänger-Acht zu wandern.
Mit dem Blick. Nur wenige Schritte ab Hinterem Dorf sitzt Du auf einer der Ruhebänke am Rande sanfter Almwiesen und guckst Berge.
Oder mit einem Spaziergang zum Willersbach. Der entspringt rauschend, klar und kalt oben auf 1400 Metern unweit der Grenzgänger-Station Willersalpe auf den grünen Wiesen des Willersbodens.
Unweit der Stelle im Tal, wo der Willersbach in die Ostrach mündet, auf der Brücke, die über sein wildes Wasser führt, stehst Du bereits direkt unterhalb des Grenzgänger-Weges.
Das Grenzgängern kann beginnen! Komm‘ mit!
Drei Tagestouren auf dem Grenzgänger
Auf die Idee mit den Tagestouren hat mich der Ober-Grenzgänger Thilo aufmerksam gemacht. Logisch: Als Projektleiter hat er jeden Zentimeter des Weges – zum Teil schon mehrfach — unter den Füßen gehabt. An einem Stück ist er die Acht allerdings noch nicht gegangen, hat er mir ganz vertraulich verraten. Ich bin also in bester Gesellschaft!
Apropos Gesellschaft. An zwei Tourentagen hatte ich Begleitung und an einem Tag bin ich alleine gegrenzgängert. Meine zweite, alleine auf 2000 Metern-Wanderung überhaupt.
Gibt kein schlechtes Wetter … (erster Tag)
Der richtige Berg-Wetterbericht lässt keinen Raum für Spekulationen. Für den ersten Touren-Tag sind null Sonnenstunden und massig Regen vorhergesagt. Gehe ich? Gehe ich nicht? Ich entscheide am Vorabend, mich am nächsten Morgen zu entscheiden.
In der Früh zeigt der Blick aus dem Fenster mit dem schönen, warmen Sprossenrahmen aus Holz verhaltenen Niesel. Damit sollten meine Regenklamotten klarkommen, denke ich zuversichtlich. Verpasse auch dem Rucksack Regenschutz, ziehe entschlossen die Tür des heimeligen Chalets zu und stapfe zügig zum nah gelegenen Einstieg der geplanten Grenzgänger-Tagesrunde auf Etappe 1 des Grenzgängers:
Ab Hinterstein, über Willersalpe (bewirtschaftet), Ponten, Bschießer und Zipfelsalpe (bewirtschaftet) zurück nach Hinterstein (15 Kilometer, 1300 Höhenmeter direkt rauf und direkt runter, sprich ohne großes Auf und Ab zwischendurch).
Im Hochgebirge bist Du ruckzuck in den Wolken [oder auch darüber]. Von vorherein steht fest: Von der Bergwelt werde ich an diesem Tag nicht viel sehen. Aber Ponten und Bschießer geistern mir schon seit einem Jahr im Kopf herum. Jetzt endlich habe ich die Chance, die beiden persönlich kennenzulernen!
Sechs Varianten Regen hats im Allgäu, informiert mich der Thilo per Kurznachricht aus seinem trockenen Büro. Daher weiß ich, mit diesen Vieren habe ich heute das Vergnügen: Es rengelt. Es soicht. Es schitlet. Es kieblet. In dieser Reihenfolge. Ohne Unterbrechung. Jede Menge Wasser für den Zipfelsbachfall in Hinterstein. An dem über mehrere Fallstufen stürzenden Wasser steigst Du unweigerlich vorbei, wenn Du ab Prinze Gumpe rauf willst zur Zipfelsalpe. Ich nähere mich ihr von oben.
Bilder sagen mehr als tausend Worte:
Nur noch, bzw. immerhin sind meine Füße in den neuen Goretex-Wanderschuhen trocken. Der Grat zwischen Ponten und Bschießer ist bezwungen und die heiße Dusche in der Pension voll verdient!
Fazit: Da muss ich nochmal hoch. Bei klarer Sicht. Fotos vom mit Latschenkiefern bewachsenen Kamm zwischen den Gipfelkreuzen schießen. Aussicht ins Tannheimer Tal erhaschen.
Eigentlich weiß ich es, habe ja genug Erfahrung: Höhenmeter in den Alpen sind einfach anders als Höhenmeter im Mittelgebirge. Neben Kondition braucht es Trittsicherheit und Schwindelfreiheit für dieses Terrain.
Wichtig: Der Abstecher zum felsige Ponten-Gipfel wird bei Nässe zur gefährlichen Rutschpartie. Bei feuchter Witterung unbedingt meiden!!!
Grenzgänger-Tagestour-Variationen auf den Grenzgänger-Etappe 6 und 1: Hinterstein, Zipfelalpe, Iseler Gipfel, Iseler-Bergbahnstation, Kühgundkopf, Kühgundrücken, Wiedhag, Wannenkopf-Bergbahnstation und weiter über Untere Stuiben Alpe und Zipfelsalpe zurück nach Hinterstein. Die gesamte Runde dürfte ungefähr 17 Kilometer betragen; mit den zwei Bergstationen bieten sich attraktive Abkürzungsmöglichkeiten an: Absteigen oder mit der Gondel runter ins Tannheimer Tal [teilweise gilt Plus-Karte] und mit dem Plus-Karte-Bus zurück nach Bad Hindelang.
Abends schickt mir mein Bloggerkollege Björn diese Nachricht:
„Ich hoffe, Du hast den “WasserTag” heute gut überstanden. Ich darf Dich morgen begleiten. Es geht in Richtung Vilsalpsee und dort entscheiden wir, ob wir Etappe 2 in Angriff nehmen, oder Teile von 3 und 4 machen. Beides führt zum Schrecksee. Da es ein langer Tag wird, schlage ich einen frühen Start vor. Fahren noch mit dem Auto in Richtung Tannheimer Tal (ca. 30 Minuten). Kannst Du um 7 Uhr schon startklar sein? Dann hole ich Dich ab.“
Grenzenlos wandern: Drei-Seen-Tour von Austria nach Bavaria (zweiter Tag)
In der Nacht soll der Regen aufgehört haben. Ich schiebe die rotweiß-karierten Vorhänge zur Seite: Stimmt! Der Regen hat sich in Nebel aufgelöst, der hängt jetzt um sechs in der Früh noch tief im Tal.
Das Dorfvieh macht sich unverdrossen auf den Weg zur Weide. Wasser ist heute nur in Form von Bergseen zu erwarten. Björns gelber Bus steht zur vereinbarten Zeit vor meiner Tür in Hinterstein. Also los!
Die zweite Grenzgänger-Tagtour führt auf Teilen der Etappe 3 von Austria nach Bavaria. Zum See der Allgäuer Seen. Dem Schrecksee:
Vilsalpsee (ab Hinterstein über Bad Hindelang mit Bus nach Tannheim, von dort mit Alpenexpress oder zu Fuß), Landsberger Hütte, Kastenkopf, Kirchendachsattel, Schrecksee über Notabstieg des Grenzgänger runter zur Busstation „Auele“ über die Mautstraße zurück nach Hinterstein (ca. 17 Kilometer, 1143 Höhenmeter rauf und 923 Höhenmeter runter)
Unklar bleibt allerdings, ob sich mein ersehntes Fotomotiv zeigen wird. Denn wir wandern, steigen und klettern in den Wolken. Ich folge stoisch dem orangen Rucksack, der mir auf Björns Rücken voraus sicher den Weg zeigt. Wird schon!
Meine Zuversicht macht einen deutlichen Sprung nach oben!
Manchmal kommt es, wie es kommen soll. An diesem Tag ist „manchmal“. Das Glücksgefühl geht mir durch Mark und Beine. Der letzte Anstieg hoch zum Kirchendachsattel liegt unter mir. Ich passiere auf 1.924 Metern Höhe die deutsch-österreichische Grenze und setze meinen Fuß auf den Sattelrücken. Bühne frei! Der Nebelvorhang hat sich rechtzeitig für uns gehoben. Weit genug für dieses klare Bild zu meinen Füßen: der Schrecksee in all‘ seiner Pracht und Aura. Blau und Grün schillert er. Die Wasseroberfläche ein perlmuttener Spiegel.
Jetzt verstehe ich seine Anziehungskraft. Seinen Zauber. Aber ich kann jetzt auch sehr gut nachvollziehen, dass er ganz besonderem Naturschutz unterliegt, den es strickt zu achten gilt!
Fazit: Ein echter Grenzgänger mit Grenzübergang. Eine anspruchsvolle Drei-Seen-Tour mit leichten Kletterpassagen, die jedoch absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordern.
Unten auf der Mautstraße angekommen liegen noch gute drei Kilometer Asphalt vor mir. Kaum zu glauben: Und im Jägerhaus auf halber Strecke gibt es keine Schnitzel. Wäh!
Trostpflaster: Unterwegs winkt mir Peter aufmunternd zu. Der freundliche Fahrer des Giebelhaus-Busses. Leider falsche Richtung. Wie ich ihn aus dieser netten Geste und unserem kurzen Blickkontakt heraus einschätze: Gestrandete in Richtung raus aus dem Tal lässt er hundertprozentig auch auf der Strecke einsteigen. Mit der Hindelang-Plus-Karte fährst Du sogar kostenlos mit ihm nach Hause!
Wie auch immer: Die Mühe lohnt sich. Auf dieser Route soll man tolle Sichten auf die Grenzgänger-Berge haben, vor allem auch auf den König der Allgäuer Alpen, den 2592 Meter hohen Hochvogel.
Mit eigenen Augen durfte ich dieses Mal winzige, aber vielversprechende Ausschnitte davon sehen. Die allein haben mein Bergwanderinnen-Herz höher schlagen lassen. Und erst der Blick aus der Toilette der Landsberger Hütte! Best Örtchen-Blick ever!
Hütten-Tour zum Reinschnuppern: Ich empfehle, diese Runde tatsächlich am Vilsalpsee zu starten. So lässt sich das Ziel entspannt angehen, ohne Druck abends zu einer bestimmten Abfahrtszeit des Busses vor Ort sein zu müssen. Ein Blick auf dem Fahrplan zeigt: Die Busfahrt von Hinterstein an den Vilsalpsee kann längere Wartezeiten unterwegs beinhalten [Alpenexpress]. Um im Tannheimer Tal morgens ganz früh starten zu können, wäre tatsächlich der Aufstieg am Vorabend zur sehr freundlichen Landsberger Hütte (DAV) und eine Übernachtung [Mehrbettzimmer oder Matratzenlager] dort eine überlegenswerte Idee.
Am dritten Tag meiner Grenzgänger-Expedition – ein Tag mit Kaiserwetter (!) — schließen sich die Kreise zur besagten Acht. Ich bin ich mit dem Chef des Projekts persönlich auf einem Teil der Etappe 4 unterwegs. Über einen wenig begangenen Zustieg geht es rauf zur besagten „Relaisstation“ Prinz-Luitpold-Haus (PLH). Die Route und einige spannende Hintergründe zum Grenzgänger verrate ich Dir in einer eigenen Story. Demnächst hier im Blog!
Gesamtfazit: “Heike, bist du die sanftere Tour gegangen?”, fragt mich eine Bloggerkollegin auf Facebook. Könnte man so sagen. Einerseits. Ich bin drei Tagestouren gegangen. Sprich: Matratzenlagen und drei weitere Etappentage habe ich nicht gemacht. Andererseits. Der Grenzgänger bleibt eine anspruchsvolle, alpine Etappen-Wanderung in den Allgäuer Hochalpen. Mit Tagestouren lassen sich die Anforderung dem eigenen Können etwas anpassen. Tagestour heißt aber auch: Jeden Tag rund 1000 Höhenmeter rauf (direkt) und rund ebensoviel runter (direkt) steigen. Für den Grenzgänger braucht es für alle Routen und Etappen: Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und eine gewisse Kondition. Es handelt sich durchgehend um Hochgebirgs-Wanderwege bzw. ‑Wandersteige im roten Schwierigkeitsgrad (Details beim DAV; nicht mit Mittelgebirge zu vergleichen). Der Abstecher zum Hochvogel gehört nicht zum Grenzgänger und ist “schwarz” markiert. Zwischendrin gibt es immer wieder Passagen, die entspannter sind. Klar. Zum Schrecksee (Tagestour ab Hinterstein) z.B. ist es relativ einfach hoch zu kommen, aber runter — vor allem für Ungeübte — für die Gelenke und Oberschenkelmuskulatur schon fordernd wegen Steilheit, Wegbeschaffenheit und Distanz, vor allem bei Nässe.
Katzensprung ins Hochalpine
Das Ende einer Acht ist gleichzeitig ihr Anfang.
Die Fahrt zum Grenzgänger beginnt, wie sie endet.
Ein kurzer Flashback am Schluss. Echt bemerkenswert. Deshalb.
Drei Tage vor der Kaiserwetter-Tour am Busbahnhof Hindelang:
„Wo geht’s denn hin? Nach Hinterstein! Da nehmen ‘s den Bus dort drüben am Wartehäuschen, der kommt in wenigen Minuten!“
„Sind die so oder müssen die so sein?“, schießt mir durch den Kopf.
Freundliche, mitdenkende Busfahrer? Hallo! Wo gibt es denn so was? Wie bei der Heimfahrt später überraschen mich die Allgäuer Busfahrer mit ihrer auffallend zuvorkommenden Art schon auf der Anreise. Obwohl Bayern Regio von Ulm verspätet in Sonthofen ankommt, erreiche ich wegen dieser kleinen mündlichen Orientierungshilfe reibungslos den Anschlussbus nach Hinterstein im Ostrach Tal.
Zugegeben, die Reise mit der Deutschen Bahn kann eine Grenz-Erfahrung sein, was Zuverlässigkeit und Service anbelangt. Erstaunlicherweise verlief die Bahnreise abgesehen von normalen Unwägbarkeiten dieses Mal erstaunlich einfach. Verglichen mit der Stauorgie auf der Autobahn bei der Fahrt ins Allgäu letztes Jahr: ein Träumchen!
Spätestens ab Sonthofen ist dieser Spuk sowieso vorbei. Weil der ÖPNV Richtung Bad Hindelang und weiter in die Täler richtig gut funktioniert. Statt Grenz-Erfahrung erwartet Dich grenzenloses Grenzgänger-Vergnügen.
[Da siehst Du mal, wie ein smarter Markenname für einen Höhenweg, die Hirnzellen einer Wander-Bloggerin zum Vibrieren bringt. 😊]
Auch zeitlich vergibst Du Dir nichts: Die Reise mit Bahn und Bus von Mainz aus auf die Terrasse vor meinem Zimmer in Hinterstein mit Latte Macchiato, selbstgebackenem Kirschkuchen der Wirtsleute und Kuhglocken-Sound ist ein Katzensprung.
In fünf Stunden vom Rhein an die alpine Ostrach. Die Gehzeit einer eher kurzen Grenzgänger-Tagestour. So what!
Frühzeitig, mit bissl Geduld und Entdeckergeist auf der Website der Bahn gestartet, bist Du schon mit 25 bis 35 Euro einfache Strecke auf direktem Weg in die Grenzgänger-Welt. Nicht schlecht Herr Specht!
Die Geschichte von der grenzüberschreitenden Hüttentour auf 2000 Metern Höhe, die Dir auch für Tagestouren aus dem Tal heraus unendliche Möglichkeiten bietet, das Herz der Allgäuer Hochalpen zu Fuß zu entdecken, geht weiter.
Gleich zwei meiner Bloggerkollegen waren im August auf dem Grenzgänger unterwegs. Hier liest Du ihre Erlebnisse:
Über Grenzen – auf dem hochalpinen Grenzgänger Wandersteig (Outdoorsüchtig)
Mein Scheitern auf dem Grenzgänger – Entspannt geht anders
(Der Entspannende)
Zu dieser Recherchereise hat mich das Grenzgänger Projekt der Bad Hindelang Tourismus eingeladen. Dafür bedanke ich mich recht herzlich beim Chef persönlich! Thilo, das hast Du perfekt für mich organisiert! :-) Ein großes Dankeschön auch an Björn für die Geduld, das Vorweggehen und die schöne Tour am zweiten Tag! :-) Danke Euch auch für die Fotos von mir!!! Artikelfoto: Björn Ahrndt.
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