Wenn es darum geht sich oder eine Sit­u­a­tion zu verän­dern, ist der Tipp die Kom­fort­zone zu ver­lassen“ ein landläu­figer Ratschlag. Gemeint ist eigentlich, lieb gewonnene Kuschel­räume und Bequem­lichkeit­en aufzugeben. Aber wer ver­lässt schon gerne die warme Stube“ der Gewohn­heit­en, um ins kalte Wass­er“ zu sprin­gen? Da legt sich der eine oder andere Schweine­hund schon mal bre­it und quer in den Weg. Wie lässt er sich dazu bewe­gen, den Weg zu räu­men? Eine Möglichkeit ist, es sich emo­tion­al leichter zu machen. Zum Beispiel indem man die innere Hürde mit einem sprach­lichen Kniff ein­fach tiefer legt. Also statt neg­a­tiv vom Kom­fort­zone ver­lassen“ bess­er pos­i­tiv vom Kom­fort­zone ausweit­en“ spricht. Das klingt nach sprach­lich­er Spitzfind­igkeit. Ist es aber nicht. Ich erlebe das Tren­nen von Bequem­lichkeit­en und Gewohn­heit­en tat­säch­lich als etwas Positives.

Let­ztes Jahr habe ich damit begonnen auch im Win­ter Rad zu fahren und zu wan­dern. Ich bin vier Tage die Woche Büroar­bei­t­erin und habe auch zu Hause oft am PC zu tun; da ist mir die Decke allmäh­lich auf den Kopf gefall­en. Das Ziel war deshalb: weniger sitzen, mehr aus eigen­er Kraft bewegen.
Klar, am Anfang bin ich schon hin und wieder über meinen Schweine­hund gestolpert. Es hat schon Tage gegeben, wo mir durch den Kopf geschossen ist: Och, bei dem Regen wäre es doch viel beque­mer mit dem Auto zu fahren. Oder: Bei dem Nebel kannst Du eh nicht fotografieren beim Wan­dern, ist doch viel gemütlich­er am Schreibtisch. In den ersten Wochen hat mich die Frage nach dem Wet­ter am näch­sten Tag wirk­lich sehr beschäftigt. Aber ich bin drange­blieben. Die Verän­derung kam zunächst unbe­merkt. Irgend­wann habe ich erstaunt fest­gestellt, dass es mich über­haupt nicht mehr juckt, ob es schneit, reg­net oder eben nicht.

Der Win­ter hat seinen Schreck­en ver­loren. Seit­dem ich so zu sagen das Jahr mit Out­doorak­tiv­itäten durch­mache“, empfinde ich die kalte, dun­kle Jahreszeit deut­lich anders. Angenehmer. Er ist keine Aus­nahme­si­t­u­a­tion mehr. Er ist kürz­er, heller, weniger ein­schränk­end. Der Wech­sel der Jahreszeit­en ist fließen­der, nor­maler, erträglich­er gewor­den. Ein Kreis­lauf. Die zeitlichen Spiel­räume, um draußen aktiv zu sein, sind größer gewor­den. Das gilt übri­gens für das ganze Jahr. Denn auch Regen­t­age im Som­mer sind keine Bar­riere mehr, das Rad im Keller oder die Wan­der­schuhe ungeschnürt zu lassen.

Bequeme Ver­hal­tensweisen aufzugegeben empfinde ich in diesem Fall nicht als Ver­lassen“, son­dern eher als Ausweit­en“ mein­er Wohlfüh­lzone. Ich habe nichts zurück­ge­lassen, son­dern hinzuge­won­nen. Und zwar die Frei­heit draußen unter­wegs zu sein, wann immer es mir danach ist. Die Unab­hängigkeit von äußeren Umstän­den — in diesem Fall von Wet­ter und Tem­per­atur —  hat mich zufrieden­er gemacht.

Die eige­nen Gren­zen ausweit­en, darum ging es auch in dem Inter­view mit der Glo­be­trot­terin Con­ni Biesal­s­ki, das ich hier im Blog vor ein paar Tagen angeteasert und ver­linkt habe. Ich fand es deshalb so span­nend, weil sie ganz selb­stver­ständlich von Kom­fort­zone ausweit­en“ spricht; also en pas­sant den inneren Schweine­hund aus­trickst. Lange Rede kurz­er Sinn, mit diesem Beitrag schicke ich dem Link­tipp einige Gedanken hin­ter­her, damit meine Inten­tion, die damit ver­bun­den war, ver­ständlich­er und klar­er wird. ;-)