Der Urschner Höhenweg zählt zu den schönsten leichten Höhenwegen in der Schweiz. Er bietet grandiose Ausblicke, gut begehbare Wege und ist ein idealer Einstieg für alle, die sicher und entspannt die Welt der Höhenwege erleben möchten. Ich bin den Weg im Juli 2024 mit meiner Tochter gegangen und habe dabei mit meiner Trainerbrille diesen Weg auch hinsichtlich Machbarkeit für Wanderanfänger, Höhenängstler und Trittunsichere unter die Lupe genommen.
Leichtigkeit von Anfang an: Wenn ein „Kärtli“ für den ersten Höhenflug sorgt
Hospental. Bushaltestelle am Ortseingang. Ich höre den Dreiklang des Horns der Schweizer Postautos. Der gelbe Bus biegt um die Ecke. Fährt vor. Zischen. Die Türen öffnen sich. Wir steigen vorne beim Fahrer ein.
Ich halte ihm meine Kreditkarte unter die Nase. “Kann ich die Tickets mit Kreditkarte bezahlen?” Er so im Schweizer Singsang: “Was ist das?! So ein schönes Kärtli!” Ein älterer Herr. So um die 60. Hemd, Pullunder, Stoffhose. In einem breiten, bequemen Fahrersitz. Die Hände gelassen am Lenkrad. Ein alter Hase.
Und ich denke: “Was will er?” In aller Seelenruhe betrachtet er die Karte. Es ist eine schwarze mit einem silbernen Mercedes-Stern drauf. “So ein Kärtli hatte ich auch einmal.“ Und er greift sich an den Hals und zieht eine Kette mit dem Mercedes-Stern als Anhänger heraus. Aha! Hier ist Mercedes-Leidenschaft am Werk! Seine Bank habe die Zusammenarbeit beendet. Er zuckt mit den Achseln. Ob er meine bekommen könnte, fragt er verschmitzt.
Kleiner Scherz. Ich grinse und will nun doch wissen: “Kann ich damit bezahlen?” “Nein! Leider nicht.“, sagt er mit Bedauern in der Stimme. Atmet aus. „Nur bar.”
Dass es im Bus keine Kreditkartenzahlung gibt? Nebensache. Das kleine Abenteuer mit dem „Kärtli“ hat uns gleich zum Einstieg Leichtigkeit ins Wanderherz gezaubert. Zischen. Türen schließen. Los geht’s!
Warum der Urschner Höhenweg?
Ursprünglich war eine Etappe des 4‑Quellen-Wegs geplant. Wegen Schneelage und Distanz habe ich umgeplant – und den Urschner Höhenweg entdeckt und mich ungesehen verliebt.
Drei Gründe für diesen leichten Höhenweg:
- Direkter Start ab Unterkunft: Der Weg verbindet Orte ohne Auto.
- Angenehme Route: Überschaubare Distanz und Höhenmeter.
- Panoramablicke: Immer um 2000 Meter Seehöhe mit fantastischer Aussicht.
Der Urschner Höhenweg im Detail
Der Weg liegt im Urserntal (1500 m ü. M.), eingebettet in die beeindruckende Bergwelt der Schweizer Alpen. Der Einstieg befindet sich auf 2100 m ü. NN.. beim Hotel Tiefenbach an der Furka-Passstrasse. Das Postauto hat uns mühelos da hoch kutschiert und hält direkt gegenüber. Zischen. Türen öffnen sich. Wir steigen aus. Zischen. Türen zu. Wir sind da.
Eine Wanderführerin sammelt gerade ihre Schäfchen ein und schaut uns fragend an. Wir schütteln den Kopf. Kurzer Blick auf die Karte. Hinter dem Hotel geht es los. Über Wiesen steigen wir hinauf zur Tätschstraße auf rund 2300 Metern.
Nach 2 Kilometern auf der breiten Fahrstraße erreichen wir den Abzweig zur Albert-Heim-Hütte. Nach einem weiteren Kartencheck haben wir einen Plan. Meine Tochter macht einen Sprint über die Hütte: 250 Höhenmeter hinauf zur Hütte und von dort in einem Bogen über das Quellgebiet des Lochbergbaches wieder 300 Höhenmeter hinunter. Wir werden uns wieder unterhalb des Lochberges treffen. Dort, wo der Abstecher-Pfad wieder auf den Höhenweg trifft.
Sie verschwindet in den Wolken und ich nehme für die nächsten 4 Kilometer das Tempo raus. Schließlich will ich nicht ewig am Treffpunkt warten. Anderthalb Stunden später sind wir wieder zu zweit. Wir steigen zum Lochbergbach ab, um ein Seitental zu überqueren. Dann geht es ein kurzes Stück den Hang des Lochbergs hinauf.
Am Lochbergegg beginnt die Genusspassage des Urschener Höhenwegs. Sechs Kilometer mehr oder weniger immer auf der 2000er Höhenlinie. Nach einer Vesperpause auf einem einladenden Felswürfel mit Blick ins Tal und einem Badestopp im Blauseeli (Artikelfoto) unter dem imposanten Gipfel des Rinbortsbergs (2757 m) erreichen wir bei Rosmettlen die Abzweigung hinunter nach Hospental.
Auf einem Serpentinenweg geht es 500 Höhenmeter abwärts, mit Blick auf den markanten Herrenturm am Ortsrand von Hospental (13. Jh.), die bekannten Kehren der Passstrasse zum Gotthardpass und den Gamsboden. Das schöne, naturbelassene Tal, durch das wir am Vortag vom Gotthardpass (Ziel der 2. Etappe des 4‑Quellen-Weges) hinunter nach Hospental gewandert sind. Unten angekommen, freuen sich unsere Knie über die kurze Rast auf einer Liegebank (bissl versteckt in einer Nische am rechten Wegrand).
Der Urschener Höhenweg auf einem Blick:
- Länge und Dauer: Der Höhenweg erstreckt sich über 16,5 km bis Andermatt, ca. 12 km bis Hospental, die in ca. 4,5 bis 5,5 Stunden gut zu bewältigen sind.
- Schwierigkeit: Der Weg ist leicht bis mittelschwer und für Wanderer mit normaler Kondition gut machbar, 560 m Aufstieg, 1220 m Abstieg.
- Markierung: Der Höhenweg ist gut markiert und daher auch für Orientierungsanfänger geeignet.
- Für sportlich Ambitionierte: Ein Abstecher zur Albert-Heim-Hütte (+/- 1,5 Std.) macht die Tour anspruchsvoller und abwechslungsreicher (250 m Aufstieg, 300 m Abstieg).
Leichter Höhenweg in der Schweiz aus der Höhenangst-Perspektive
Der Schweizer Alpen-Club bewertet den Urschener Höhenweg mit dem Schwierigkeitsgrad T2 seiner Wanderskala. Das ist die zweite von sechs Stufen. Anforderung: elementare Trittsicherheit (Anfänger) und elementare Orientierung (Anfänger). Absturzgefahr nicht ausgeschlossen; bei normalem Verhalten aber minimal, meiner Einschätzung nach. Außerdem durchgehende Wegführung, sprich: kein wegloses Gelände.
Meine Einschätzung
Das Höhenangstpotential — also das Risiko, dass Höhenängstliche mit Höhenangst konfrontiert werden — schätze ich aufgrund meiner 10-jährigen Erfahrung als Höhenangsttrainer so ein: Für Menschen, die einen/meinen Kurs besucht haben und über grundlegende Techniken und Strategien im Umgang mit Höhenangst, Höhenschwindel und Trittsicherheit verfügen, ist der Urschener Höhenweg ohne Probleme machbar. Ich kenne aber die ganze Bandbreite der Ausprägungen von Höhenangst und Höhenschwindel sehr gut: Deshalb gehe ich hier etwas ins Detail, damit Du eine genauere Vorstellung davon bekommst, was Dich erwartet.
Fast die Hälfte der Strecke (von Lochbergegg bis Rossmettlen) verläuft auf ebenem Gelände (Wiesen, Matten). Für Höhenängstler (ohne Kurserfahrung) gibt es vier Passagen, die mehr oder weniger Herzklopfen verursachen könnten:
- Die Fahrt mit dem Bus über die Furkapass-Strasse hinauf zum Hotel Tiefenbach. Ab Realp steigt die Straße in weiten Kehren mäßig 500 Höhenmeter an. Spektakulär, aber für manche eine Herausforderung. Lass Dir gesagt sein: Die Schweizer Busfahrerinnen und Busfahrer sind absolut zuverlässig. Sie haben viel Erfahrung mit solchen Passstraßen, beherrschen ihre Fahrzeuge und wissen, was sie tun, wenn sie — gefühlt — am Abgrund mit Schwung in die Kurve gehen oder Radfahrer überholen.
- Es gibt ein ganz kurzes (ca. 15 m) steiles und unwegsames Stück unterhalb einer Hütte, wo man von der Tätschstraße über einen Seitenarm des Lochbergbaches auf den Wanderweg absteigt. Zur Not kannst Du hier auch auf dem Hintern hinunterrutschen (wenn es nicht anders geht).
- Der Abschnitt von der Weggabelung (Weg von der Albert-Heim-Hütte trifft auf den Höhenweg) hinunter zur Staumauer des Lochbergbaches (1 km) bis hinauf zum Lochbergegg (400 m, Höhenangst) könnte für den einen oder die andere hinsichtlich Trittsicherheit eine Herausforderung sein und …
- der Abstieg von Rossmettlen über den Serpentinenweg hinunter nach Hospental; hier bietet sich als Alternative die mäßig ansteigende Fahrstraße Richtung Andermatt an.
Grundsätzlich bewegst Du Dich immer auf +/- 2000 Meter Höhe. Auf dem Urschener Höhenweg gibt es keine ausgesetzten Felspassagen mit steilen Abstürzen direkt seitlich oder beidseitig.
Fazit Für Höhenängstler und Trittunsichere mit Grundkenntnissen im Umgang mit Höhenangst (z.B. nach einem Kurs) ist der Weg problemlos machbar.
Persönliche Highlights
Höhenweg, Panoramaweg — das klingt nach entspanntem Obensein. Doch oft wird so eine entspannte Tour auf der Horizontalen von Seitentälern unterbrochen, die durchquert oder umgangen werden müssen. So auch einmal auf dem Urschener Höhenweg. Dann aber punktet er mit einer 6 Kilometer langen Panoramapassage mehr oder weniger durchgehend auf der 2000er Höhenlinie. Damit hat er mein Höhenweg-Herz erobert.
Die einzigartigen landschaftlichen Höhepunkte:
- Atemberaubende Panoramablicke Richtung Furkapass, Richtung Gotthardpass und Richtung Oberalppass. Immer — wie eine Postkarte in 3D — vis á vis die Gipfel des Gotthardmassivs.
- Drei Bergseen laden an warmen Sommertagen zum Baden ein: Blauseeli, Trübsee und Lutersee.
- Abwechslungsreiches Gelände: Wiesen, Matten, alpine Flora und Fauna, steinige Böden, vorbei an Felsmonolithen, imposanten Gipfeln und Felsformationen (2700 bis 3000 m) und vielen schönen Aussichtspunkten mit Blick über das Urserental von Realp bis Andermatt.
Fazit: Leichter Höhenweg in der Schweiz mit traumhaften Panoramablicken und optionalem sportlichen Extra
Der Urschner Höhenweg im Schweizer Kanton Uri bietet einen perfekten Mix aus leichter Zugänglichkeit, traumhaften Panoramablicken und kleinen Herausforderungen. Ob Anfänger, Genusswanderer oder Höhenängstliche, auf dieser leichten Höhenwanderung kommt jeder auf seine Kosten. Wer möchte, kann mit einem Abstecher zur Albert-Heim-Hütte noch ein sportliches Extra einbauen.
Eisbaden-Freunden empfehle ich, Badesachen bzw. ein Handtuch einzupacken!
Neugierig geworden? Trau dich und erlebe den Urschner Höhenweg selbst! Wenn Du unsicher bist, wie Du starten sollst, oder Unterstützung suchst, um Deine Höhenangst oder Trittunsicherheiten zu überwinden, bin ich gerne für Dich da!
Ich biete individuell abgestimmte Trainings und 1:1 Coachings für sicheres Wandern an. Wir arbeiten gezielt an Deinen Ängsten, und ich zeige Dir Techniken, damit Du Dich sicher und entspannt auf leichten Höhenwegen bewegen kannst und Dich dann Schritt für Schritt auch auf anspruchsvolleren Wegen im Gebirge wohlfühlst.
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