Hast Du schon mal beobachtet, was Du machst, wenn Du staunst? Wenn ich staune, bleibe ich ste­hen, hole tief Luft, mache aus­ladende Bewe­gun­gen mit meinen Armen oder schüt­tel ungläu­bige den Kopf. Manch­mal klappt mir die Kinnlade runter oder ich grinse still in mich hinein.

In den Bergen komme ich oft aus dem Stauen nicht her­aus. Ich stauen über die Unver­rück­barkeit und Leichtigkeit alpin­er Bergkämme. Über eine Hochebene, die wie eine Schale geformt ist. Über einen zufäl­lig ent­deck­ten Fels­balkon ober­halb eines Tals aus dessen Tiefe das Rauschen des Wild­bachs an mein Ohr dringt. Oder über eine Berg­steiger-Sch­necke, die ihr Haus über den Sand­stein ein­er Trock­en­mauer diret­tis­si­mo nach oben trägt. Auch die Ein­fach­heit und gle­ichzeit­ige Effek­tiv­ität eines Kom­pass­es bringt mich aus dem Häuschen.

Gestern staunte ich wieder mal nicht schlecht.

Mit zwei mein­er Enkeltöchter war ich draußen. Die bei­den sind 4 ½ und 2 ¼ Jahre alt. Ich wün­sche mir, dass sie irgend­wann mit mir in die Berge gehen: also sollte ich allmäh­lich begin­nen, mit ihnen in die Berge zu gehen. Gesagt, getan. 

Ein paar Tage zuvor hat­te ich am Wis­perblick im Hochtaunus einen Wan­der­weg­weis­er mit ein­er 1‑, 2- und 4‑K­ilo­me­ter-Runde ent­deckt. Das brachte mich auf die Idee für einen alters­gerecht­en Ein­stieg ins Berg­wan­dern. Kurze Beine, kurze Strecke!

Fürs Erste reicht ein Kilo­me­ter. Wir fol­gten der Weg­marke Rot­er Vogel“. Das klappte pri­ma. So motiviert, set­zte ich spon­tan eine kurze Querung durch ein wildes Wald­stück dran.

Vorher drück­te ich bei­den einen Kom­pass in die Hand. Die Ältere wusste schon was drüber: Damit kann man her­aus­find­en wo Nord- und Süd­pol liegen. Ich zeigte ihr, wie das funk­tion­iert. Drehte sie etwas. Jet­zt schaust Du Rich­tung Nord­pol!“ Drehte sie weit­er um die eigene Achse: Jet­zt schaust Du Rich­tung Süd­pol!“ Erstauntes Strahlen in ihrem Gesicht. 

Die Jün­gere freute sich über ihr Spiegel­bild im Spiegelkom­pass. Der Älteren gab ich eine kleine Auf­gabe. Ich nordete ihren Kom­pass — an mein­er inneren Karte aus­gerichtet — auf den Aus­sicht­punkt am anderen Ende des wilden Waldes ein, wo wir auf der Son­nen­bank ein Pick­nick planten. Ihr Job war es, die Kom­pass­nadel ein­genordet zu hal­ten und uns drei so durch das weglose Ter­rain zum Ziel zu führen.

Der Kom­pass zeigt den Weg!“
Der Kom­pass zeigt den Weg!“
Der Kom­pass zeigt den Weg!“

Die Wild­nis war über­schaubar. Der Wal­drand schim­merte durch. Ich ging mit der Jün­geren an der Hand vorne weg und grin­ste mir einen.