Auf alten Fotos stehen meine Großeltern an einem mit einfachem Holzgeländer gesicherten Ausguck. Der eine Arm meines Opas Albert liegt um die Schultern meiner Oma Elisabeth. Sein anderer Arm lenkt den Blick der Oma und des Betrachters weit nach draußen über das Naheland. Ein Onkel erzählte mir mal, dass man damals an klaren Tagen mit Fernsicht von diesem Standpunkt aus bis zum Binger Wald schauen und gar das Niederwalddenkmal am Rhein sehen konnte. Über 50 Jahre ist das her.
Dieser Aussichtspunkt an der Lemberghütte existiert immer noch. Die Sichtachse bis zum Rhein ist längst zugewachsen. Aber der Ausguck ist immer noch DAS Highlight des über 400 Meter hohen Lembergs. Inzwischen trägt er offiziell und völlig zurecht den Namen „Schönster Naheblick“. Was ich bis dato nicht wusste: Er hat einige Höhenmeter unterhalb gelegen ein spannendes Pendant. Spannend, weil nur über einen ausgesetzten, schmalen Pfad erreichbar.
Dieser alpine Reiz zusammen mit zahlreichen weiteren Bergerlebnissen macht die Vitaltour „Geheimnisvoller Lemberg“ interessant als Trainingstour für frischgebackene Schwindelfreie, Trittsicherheitsaspiranten und passionierte Mittelgebirgswanderer.
Geh’ den Geheimissen auf den Grund!
Einsteigen kannst Du in die Vitaltour an mehreren Punkten. Es gibt drei große Wanderparkplätze. Ich empfehle den Start am Wanderparkplatz Silbersee oberhalb des Dörfchens Feilbingert. Von dort nicht durch das Holztor auf die Vitalrunde gehen, sondern nach Süden raus. So beginnt das Abenteuer am Lemberg nach einem kurzen Abstieg durch den Wald gleich mit einem schönen Weitblick zur Burgruine Montfort, über das Nordpfälzer Bergland und rüber zum Donnersberg. In einem großen Bogen läufst Du um die Südwest-Flanke des Lembergs herum und bist von jetzt auf gleich im alten Steinbruch.
Als ganz kleines Kind habe ich die letzten Jahre des Bergbaus am Lemberg noch mitgekriegt. Mehrmals am Tag kündigte die Sirene Sprengungen an, gefolgt vom dumpfen Ton der Explosion. Aber dann war es schnell vorbei damit. Die Bauten und Anlagen blieben und wurden dem Zerfall überlassen. Das alte Stromverteiler-Häuschen, die alten Bunker und Unterstände, die die Bergleute bei Sprengungen geschützt haben. Als Kind hatte ich einen Heidenrespekt beim Passieren der Ruinen. Noch heute machen die Bergbaurelikte die Szene im Steinbruch ein bisschen spooky und geheimnisvoll.
Diese Route gingen wir mit der Familie und mit Freunden traditionell am 1. Maifeiertag. Denn hier ist es am allerschönsten, wenn am Fuß der schroffen Felswände Diptam und Ginster blühen.
Spannende Nord-West-Passage
Auf der zur Nahe und dem Naheland zugewandten Bergseite erlebst Du den alten Vulkan am intensivsten.
Immer wieder tun sich an der Kante der steil abfallenden Abraumhalden atemberaubende Ausblicke über das Naheland auf. Waghalsige Kletterer haben Steinmännchen aus dem magmatischen Gestein Porphyrit in die gerölligen Hänge gebaut. Sogar ein Gipfelkreuz aus Holz wurde an einer exponierten Stelle weithin sichtbar aufgestellt.
Tief unten schlängelt sich ein schmales Landsträßchen durchs enge Hagenbachtal um den Lemberg herum runter nach Oberhausen an der Nahe. An einem sonnigen Tag ist es warm und ruhig hier. Neu sind die vielen Bänke zum Verweilen.
Persönlich finde ich diesen Wegabschnitt am allerschönsten. Kein Wunder. Ich liebe Weitblicke. Stundenlang könnte ich hier sitzen. Auf die Hochebene zum malerischen Örtchen Duchroth runtergucken. Am Horizont steht der Heimbergturm, wo ich immer wieder Kurse und Coachings zum Überwinden der Höhenangst gebe. Und gerne erinnere ich an die Drei-Etappen-Wanderung von Bingen an die Nahe vor einigen Jahren; meine erste Streckentour mit Karte und Kompass durch den Soonwald.
Zickzack-Weg und Alternative fürs Alpine
Nach dem Steinbruch geht es in den Wald und Du stehst bald am Abzweig des Zickzack-Weges, der vom Fuß des Berges in Oberhausen bis hoch zur Lemberghütte führt. Den in Gänze einmal von unten bis ganz rauf: Da hast Du Dir ein Kaltgetränke verdient. Sinalco?! Die gibt es sogar wieder. Die Zick und Zacks kürzten wir als Kinder ab, quer durch den steilen Hang. Puh, diese Zeiten sind vorbei.
Zum Glück geht es für Dich heute als Wanderer der Vitaltour an dieser Stelle erstmal noch ein Stück den Berg runter. Es sei denn, Du entscheidest Dich für eine Alternativroute, die ich weniger Trittsicheren und Höhenängstlern empfehle. Doch dazu gleich mehr.
Noch ein kurzes Stück durch den Wald und es wird richtig alpin. Der Pfad wird schmäler und ausgesetzter und ein Felsvorsprung kommt in Sicht: der tiefergelegene, zweite „Schönste Naheblick“ ist erreicht. Hier kommen kaum zwei Wandersleute aneinander vorbei. Auch dahinter geht es erstmal auf schmalem Pfad am Berg entlang bevor der Weg wieder breiter wird.
Wenn Du Dir diese Passage nicht zutraust, dann empfehle ich Dir am Zickzack-Weg den ausgeschilderten Direktweg hoch zur Lemberghütte [die ganze Woche bewirtet, außer am Ruhetag]. Dort bekommst Du auch einen „schönsten Naheblick“ [wo meine Großeltern standen] und umgehst die ausgesetzte Variante eine Etage tiefer. Der Zickzack-Weg ist ungefähr 80 bis 90 Zentimeter breit. Also gut begehbar. Seine Flanke zum Abhang ist immer mit Bewuchs versehen. Ab Lemberghütte folgst Du der Wegmarke der Vitaltour ausschließlich auf breiten Waldwegen in Richtung Bergwerk „Schmittenstollen“. Hier wartet am Wochenende und an Feiertagen ein Biergarten auf Dich! Dann führt Dich ein breiter Weg bergab bist Du wieder oberhalb der Nahe wanderst mit einem tollen Blick auf den Stausee.
Besonders gefallen hat mir hier der Weg durch ein Kiefernwäldchen. Durch Sonne und Wärme duftet es dort angenehm harzig. Ab und zu zeigt sich der rosafarbene Quarzporphyr am Wegrand. Und für Entdeckergeister gibt es in Baumrinden geschnitzte Lemberg-Geister zu erkunden.
Langer Hatscher hoch zum Ziel
Der tiefste Punkt der Runde ist nun bald erreicht. Du querst den Trombach. Die Wanderung verläuft weiter auf breiten Wegen an plätscherndem Wasser entlang und steigt dann durch die Trombachklamm [auf breitem Weg] wieder nach oben. Der Aufstieg beginnt! Gute fünf Kilometer und rund 250 Höhenmeter sind zu steigen bis Du wieder oben am Parkplatz Silbersee stehst. Ein langer Hatscher. So nennen die Bayern einen fordernden Fußmarsch. Aber die liebliche Landschaft rund um Feilbingert versöhnt Dich mit den Anstrengungen und auch mit den wenig fußfreundlichen Schottermetern auf der Werner-Ingebrand-Allee [einziger, klitzekleiner Wertmutstropfen]. Zwischendurch kannst Du Dich am Wochenende und an Feiertagen übrigens in der Gaststätte Lembergblick am Ortsrand von Feilbingert stärken und laben!
Nun wünsche ich Dir ein wunderschönes Bergwandererlebnis rund um meinen Lemberg! Wenn Du noch Fragen zum Terrain oder zur Webbeschaffenheit hast, schreib‘ mir eine E‑Mail oder einfach hier einen Kommentar. Ich antworte gerne
Karte und
Wegbeschreibung der
Vitaltour “Geheimnisvoller Lemberg“
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