Erlebnisbericht über eine zweitägigen Trekkingtour durch das Pfälzer Bergland, mit einer Nacht im Zelt und 23 Kilometer auf dem Buckel einer wild entschlossenen [aber im Trekking ungeübten] Wanderin.
Als Heike mich neben den Schrank stellte [statt mich reinzustopfen] konnte ich mein Glück kaum fassen: Aufbruch. Nach nur zwei Wochen Pause! Yeah!
Das Deckelfach weit aufgesperrt, stellte ich meine Antennen auf Empfang. Schnell war klar, was Sache ist und wo die Reise hingeht:
Heike war EINGELADEN!
Zu einer Wanderung mit Gepäcktransfer? Neeiheein.
Zum TREKKING PFÄLZER ART!!!
Im Klartext: Kollege Tagesrucksack musste zu Hause bleiben! ICH als Trekkings-Rucksack durfte mit. Auf der Gästeliste standen die Namen von 19 weiteren Bloggerwanderern. Hieß für mich: Freude auf 19 andere Trekking-Rucksack-Kollegen. Hurra.
Als der Experte von uns beiden in Sachen Trekking, darf ich über diese Tour bloggen [Ok, beim Tippen hat mir Heike unter die Trageriemen gegriffen. Wir sind ein Team.] Ich erzähle Euch, wie es wirklich war, unser Trekking im Pfälzer Bergland.
Einer trägt die Verantwortung.
Als Rucksack auf einer Trekkingtour hast Du eine tragende Rolle.
Du wirst zwar von Deinem Menschen geschleppt.
Aber in Wirklichkeit trägst Du die ganze Verantwortung.
Du bist quasi Mädchen für alles und Eierlegendewollmichsau in persona.
Einerseits sollst Du Platz bieten für Mögliches und Unmögliches was Frau so braucht für draußen. Andererseits sollst Du Dich so leicht wie möglich machen und natürlich so bequem wie nur geht. Klar!
Mit meinen 38 Litern Fassungsvermögen war ich für diese zwei Tage gut gerüstet.
Bei Kleidung, Waschzeugs und Kleinkram beschränkte sich Heike wider Erwarten tatsächlich auf das Wesentliche.
In meinem Hauptfach war danach jedenfalls noch jede Menge Luft nach oben. Insgeheim atmete ich schon auf.
Aber dann kam’s Dicke.
Statt eines modernen Outdoor-Schlafsacks mit kompaktem Packmaß, der bei mir locker in das dafür vorgesehene Fach gepasst hätte, musste der alte Schlafsack aus ihrer Jugendzeit mit.
Das Monstrum in Größe eines kleinen Bierfasses nahm die gesamte Hälfte meines Hauptfaches ein. Beim Zuschnüren ziepte es ganz schön. Menno.
So war ich vom Boden- über das Haupt- bis zum Deckelfach prall gefüllt, wie eine echte Pfälzer Leberwurst [um es salopp auszudrücken].
Aber ein guter Trekkingrucksack steckt so einiges weg und mit einem Gewicht von 10 Kilogramm war ich trotz opulenter Figur durchaus erträglich.
Erst als Heike mir die Isomatte an der einen Seite und später das Ausleihzelt an der anderen Seite festzurrte, musste ich ganz kurz nach Luft schnappen, damit die Verschlüsse meiner Gurte sicher einrasten konnten.
Was war ich erleichtert als ich hörte, wie Heike zu Hause erzählte, dass sich Karin von Gastlandschaften Rheinland-Pfalz und Tobi vom Pfalz Tourismus e.V. ums Futter kümmern würden.
Im Nachhinein betrachtet war meine Erleichterung durchaus berechtigt.
Schon im Vorfeld konnte ich mir kaum vorstellen, wo Heike noch Proviant, Geschirr und Gaskocher hätte in mir unterbringen wollen.
Wenn ich jedoch im Rückblick die Versorgungslage Revue passieren lasse, muss ich neidlos zugeben: Was da auf „den Tisch“ kam, hätte eindeutig meine Kapazitäten als Trekking-Rucksack gesprengt.
Das war kein Proviant. Das war ein ganzes „Wandermenü Pfalz“.
Am ersten Abend an der Hütte, am zweiten im Hotel, ja selbst morgens auf dem Trekkingplatz am Lagerfeuer, wurden die Trekking-Rucksack-Trägerinnen- und ‑Träger nach Strich und Faden verwöhnt.
Damit ihr erkennt, dass ich nicht übertreibe und mich nur geschickt um die Verantwortung für die Verpflegung gedrückt habe, hier einige O‑Töne von Heike, die ich während der beiden Tage aufschnappte:
„Leckeres Märzenbier, das Schnorres, obwohl ich eigentlich eher Weintrinkerin bin.“ „Der Förster Dieter Gass ist ein Vollblutpfälzer. Kocht für 25 Leute [Gäste und Gastgeber] auf offenem Feuer und hat nach Stunden mit vollem Einsatz immer noch einen lockeren Spruch auf den Lippen.“ „Das Wildschweingulasch im Duch Oven war der Hammer. War doch Wildschwein, oder?“ „Was ein Blick! Was ein Sonnenuntergang! Was ein Essen! Ein Sundowner im wahrsten Sinn des Wortes.“ „Mhmmm, Marmeladenbrot und fast heißer Kaffee, was willste mehr morgens im Wald.“ „Volles Programm hier in Eulebis: Kartoffelsuppe, Saumagen, Rosinenschnecken wie früher und dann noch Beerewein.“, „dieser Riesling schmeckt nach mehr“, „Italienisches Buffet auf Pfälzer Art“, „Oh wie aufmerksam, die Rühreier-Fraktion kriegt auf dem Tellerrand einen lieben Extragruß vom Otterberger Hof serviert.“
Noch Fragen?
Zu zweit im Ein-Personen-Zelt
„Das kann ja heiter werden.“, dachte ich bei mir, als Heike ihren Kollegen im Büro erzählte, sie würde zelten. Im EIN-Personen-Zelt. “Wir sind doch zu zweit?!”, dachte ich verwundert. Doch eins nach dem anderen.
Das Gewicht des Zelts war gar kein Problem. Diese modernen Dinger wiegen ja kaum was. Die knapp 1,8 Kilogramm Ballast habe ich locker weggesteckt.
Wenn dagegen ein Greenhorn anfängt, so ein High-Tech-Teil aufzubauen, solltest Du Dich als Rucksack besser in Deckung bringen.
Vor allem, wenn die Aufbauerin null Ahnung hat, wo an dem Ding hinten und vorne ist und damit rumhantiert wie mit einer Richtfunkantenne.
Wie Nadeln piksten mir die Enden des aufgespannten doppelbettbreiten, sperrigen Gestänges in meine Rucksackhaut.
Glücklicherweise gab es ein paar erfahrene Camper in der Trekkinggruppe, die meiner Heike beim weiteren Aufbau unter die Arme griffen.
Als das Zelt stand, zeigte sich mir die Misere allerdings in voller Gänze:
Ein ausgewachsener Mensch und ein randvoller Trekking-Rucksack in diesem schmalen Schlauch? Eine ganze Nacht lang? Wie hatte sie sich das eigentlich vorgestellt als sie diese mobile Schlafzelle beim Verleih buchte? Aber mich fragt ja keiner!
Isomatte und Schlafsack passten gut rein. Dann wurde es schon eng. Ich musste mich echt schlank machen. Auf die Seite legen und zwischen Zelteingang und Schlafplatz quetschen. Irgendwie ging‘s.
Was blieb mir auch anderes übrig. Die Alternative wäre gewesen unter freiem Himmel an einem Baum gelehnt bis zum Morgengrauen auszuharren. Oder auszuwandern ins größere Nachbarzelt. Soll auch vorgekommen sein, wie mir Rucksack-Kollegen am nächsten Morgen während des Taxitransfers im Kofferraum brüh warm berichteten.
Angesichts dieser Platzverhältnisse gestaltete sich die Nacht natürlich unruhig. Bei jedem Rumdrehen bekam ich Heikes Füße in Höhe Bodenfach zu spüren. Dazu war die Dame gefühlt permanent auf Achse. Stirnlampe an, Reißverschluss des Zelts auf, ein Lebendgewicht einmal komplett über mich drüber, Schuhe raus und alles wieder retour.
Fragt mich nicht, was sie mitten in der Nacht im stockdunklen Wald wollte. Keine Ahnung. Ich jedenfalls habe mein Bestes gegeben. Kein eines Mal laut rumgemeckert, nur so für mich gedacht: Unter einem Zwei-Personen-Zelt mach’ ich’s nicht mehr.
Und dann war da noch die Sache mit dem Schlafsack.
Ich war von Anfang an der Meinung, der trägt bloß dick auf.
Erst mein Hauptfach zur Hälfte in Beschlag nehmen, und sich dann dünn machen, wenn es darauf ankommt.
Morgens am Lagerfeuer konnte ich mir Heikes Gejammer anhören: Nach unten zur [neuen!] Isomatte schön warm, der Rest recht frisch.
Hätte ich ihr gleich sagen können: Das alte Teil taugt höchstens noch für laue Sommernächte. Statt mich, hat Heike einen unserer Wanderführer gefragt.
Der bestätigte meine Einschätzung: Mitte September, wenn es nachts schon mal Richtung null Grad gehen kann, sollte ein Schlafsack für minus 15 Grad gewappnet sein. Gerade Frauen frösteln ja leicht.
Aber wie gesagt: Einen Trekking-Rucksack fragt ja keiner. Seufz.
Auf dem Buckel durch die Pfälzer Berge gondeln
Der große Vorteil für einen Rucksack beim Trekking ist: Du hast einen persönlichen Träger. Brauchst das ganze Gelump nicht selbst tragen.
Mit meinen ergonomisch platzierten Hüftflossen, die Tragriemen locker um ihre Schultern gelegt, saß ich mit meinem ausgeklügelten Tragesystem schön sicher und bequem auf Heikes Rücken.
Dass ich bis Oberkante gepackt war, stellte sich recht bald als weiterer Pluspunkt heraus; jedenfalls aus meiner Perspektive als Rucksack.
Auf diese Weise schaute ich über Heikes Kopf drüber. Mit bestem Blick zu allen Seiten ließ ich mich entspannt durch die schöne Pfälzer Berglandschaft gondeln.
Mal ehrlich: Das ist doch die Pol-Position für einen Trekking-Rucksack.
Am ersten Tag wanderten wir 7 Kilometer gemächlich rauf und runter. Auf der 1. Etappe des Pfälzer Höhenwegs. Von Winnweiler zur aussichtsreich gelegenen Kuperberghütte des Pfälzer Waldvereins. Diese Seite des Donnersbergs kannte Heike noch nicht. Deshalb war sie hin und weg, was kaum zu überhören war: „ Och, ist das schön hier! Wie in den richtigen Bergen! Also hier muss ich ja noch mal her kommen!“ So ging‘s in einer Tour. Wenn sie ins Schwärmen kommt, ist sie kaum zu stoppen.
Währenddessen schaukelte ich gemütlich nach rechts und links, atmete tief köstliche Waldluft und genoss Ausblicke und Aussichten. Die Sonne blitze imagefilmreif durch die Blätter und schien mir warm auf die Haut. Meine Regenhülle war ja im Bodenfach griffbereit verstaut; für alle Fälle, die zum Glück nicht eintraten.
Heike band sich ihre diversen Jacken und Fleece-Shirts um, statt sie in mich reinzustopfen. Was willst Du als Trekking-Rucksack mehr, frage ich Dich!!!
Am zweiten Tag stand eine richtige Teufelstour auf dem Programm. 15 Kilometer. Und ich durfte wieder mit! Ach, das Leben kann sooo schön sein!
Kleiner Abzug in der B‑Note: Ich hing auf gut Pälzisch: „ääbsch un schepp“. Der Grund: Heike hatte das Ausleihzelt voreilig wieder abgegeben. Der Isomatte fehlte sozusagen das Gegengewicht und zog zur einen Seite. Kann man so machen, muss man aber nicht.
Als Profi meisterte ich aber auch diese Schieflage mit Bravour.
Dafür führte uns ein richtiger Bergsteiger. Mario Marx. Der war schon ganz oft am Mount Everest. Zu Hause zeigt er Gästen die Pfälzer Berge. Er kennt jede Menge Tricks, wie Du in der Wildnis überlebst [von seinen Söhnen, die sich angeblich draußen im Wald unauffindbar verstecken können], weiß, wie Lavagestein im Mittelgebirge aussieht, wo Du es findest und anfassen kannst. Außerdem zeigte er uns den Steinbruch, in dem der Sandstein für den Mainzer Dom [und für den Berliner Reichstag] abgebaut wurde. Da war Heike natürlich gleich wieder von den Socken. Hat mich mit einem Schwung von den Schultern gerissen und auf den Boden geworfen. Nur um die Hände zum Fotografieren freizuhaben.
Nur gut, dass ich so robust bin und Schmutz und Nässe gut abkann.
Später ist es ihr dann wohl doch zu viel geworden, mich bei jedem Bild runter und rauf zu hieven. Bei den massenhaft vielen Fotos, die sie gemacht hat.
Oben auf der Höhe des Eulenbiser Bergs. Blick bis zu den Gipfeln des Pfälzer Waldes. Sagenhaftes Panorama.
Das konnte ich dann endlich auch mal in Ruhe genießen und mir den Wind genüsslich um die Seitentaschen pfeifen lassen.
Klar, später hat Heike mir dann doch noch zusätzlich Zeugs unters Deckelfach gequetscht. Zum Ende hin war ich schon bissl angespannt und echt froh, als sich abends im Hotelzimmer meine Gurte lockerten und ich meinen Inhalt [vor allem diesen aufgeblähten Schlafsack-Heini] für eine Nacht loswurde.
Von Heikes Anfängerfehlern abgesehen, die ich großzügig ihren noch dürftigen Erfahrung zuschreibe, war diese Trekking Pfälzer Art ein voller Erfolg.
Ich bin schon ganz schön stolz auf meine Heike. Wie sie das so durchgezogen hat mit mir. Natürlich habe ich sie nach Kräften unterstützt, wo ich nur konnte.
Bei den steilen Anstiegen der Teufelstour habe ich mich so leicht wie möglich gemacht [auch wenn ich für Außenstehende ultraschwer aussah; und Heike bei dem ein oder anderen ordentlich Eindruck schindete].
Im Pfälzer Bergland waren wir voll in unserem Element. Dehääm sozusagen.
Die tolle Landschaft tat das Ihrige, um uns die Berge rauf zu motivieren. Wir wähnten uns beide fast wie im Allgäu beim Anblick der saftig grünen Wiesen und der sanften Glubschaugen der Kühe. Wie auf der Alm kam’s uns stellenweise vor.
Jedenfalls als ich sonntags wieder im Kofferraum von Heikes Auto lag, kam schon Wehmut bei mir auf. Die lustigen Tage mit den anderen Trekking-Rucksäcken waren definitiv vorbei [Wann trifft man sich schon mal so geballt auf einem Fleck. Seufz.]. Richtung Heimat heißt für einen Rucksack nun mal: der Schrank naht.
Aber ich bin zuversichtlich. Heike hat das Trekking so gut gefallen. Ob sie einen der 7 Trekking-Plätze in der Pfalz ansteuert, oder doch lieber ein festes Dach über dem Kopf vorzieht, wird sich rausstellen. Mir kann es egal sein. So lange für mich genug Platz ist.
Für nächstes Jahr plant sie jedenfalls eine viertägige Mehrtages-Wanderung. Das bedeutet: Mein nächster Einsatz ist gesichert!
Insofern hat sich das Trekking Pfälzer Art voll und ganz gelohnt. Für Heike und für MICH!
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