Schon seit Januar stand der höchste Punkt des Donnersbergs ganz weit oben auf meiner Wanderwunschliste. Während wir von Dannenfels auf dem Pfälzer Höhenweg hoch zum Königsstuhl stiegen, sah ich das Foto von mir auf dem Gipfel schon vor meinem geistigen Auge: blauer Himmel über mir, die Hügel der Nordpfalz unter mir, die Arme in Siegerpose nach oben gestreckt – ganz nach dem Motto: Yeah, geschafft! So hatte ich es mir schon auf jeder der fünf Etappen meiner Winterwanderung in die Pfalz ausgemalt. Am Ende? Kam natürlich alles anders als erwartet.
Finale, oho!
Von Mainz nach Kirchheim-Bolanden bin ich alleine gegangen. Von Januar bis Anfang März. Immer mittwochs. Nur mit dem Finale wollte es dann einfach nichts werden. Schließlich bot sich am Karfreitag endlich eine Möglichkeit dieses Tourenprojekt abzuschließen; mit einer Wanderung zu zweit.
Felsen
Die Route hatte ich zu Hause auf der Karte gefixt. Ehepaartauglich ohne Extravaganzen ausgeguckt: Ab Dannenfels der blau-weißen Wolke des Pfälzer Höhenwegs nach und über den gelben Punkt auf weißem Grund wieder zurück. Mehr das Ziel im Kopf — den Kaiserstuhl — als das, was rechts und links des Weges Interessantes sein könnte. Das kam dann quasi wie von selbst ins Spiel.
Den Adlerbogen am Moltkefelsen kennen wir von früheren Wanderungen auf den Donnersberg. Trotzdem immer wieder ein Erlebnis mit vielen Ohs und Ahs: Du steigst einen schmalen Pfad hoch. Und im nächsten Augenblick spannt er sich in den Ausblick übers Land. Rechts und links verankert auf gewaltigen Felsen aus Vulkangestein. Wie ein riesiges Fenster mit Blick in die Pfalz.
Auch Weite und Tiefe an diesem Aussichtspunkt hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Der Fels neben dem Bogen fällt 100 Meter abrupt ab. Grob geschätzt. Bis an die Kante habe ich mich gewagt. Mit Festhalten.
Ein Turm
Unvorbereitet loszuziehen hat den großen Vorteil des Überraschungsmoments. Wenn Du Dir vorher keinen Kopf machst, was Dich erwartet, dann ist so eine Wanderung vor der Haustür wie eine Wundertüte.
Weil sich der Donnersberg über mehrere Gipfel zieht und der Weg nach oben weitgehend im Wald verläuft, tauchte der Ludwigsturm trotz seiner 27 Meter ebenfalls wie aus dem Nichts auf. Noch mehr Ohs und Ahs. „Gehen‘ wir hoch? Jo!“ Tickets gelöst und über die knallrote, schmale Wendeltreppe noch oben gestiegen. Leider passte das Wetter so gar nicht. Die Aussicht auf der Plattform blieb hinter ihren Möglichkeiten. Außer Windräder am Horizont kaum was zu erkennen. Zu diesig. Merke: Wetterlage vorher checken, wenn Du Weitsicht willst.
Noch mehr Felsen
Gestartet waren wir wegen des Gipfelfotos auf dem Königsstuhl. Dorthin bugsierte uns zuverlässig die Wegmarke des Höhenwegs. So weit so gut.
Der Königsstuhl ist ein ausgedehntes Felskonglomerat auf 686 Meter ü. NN., das sich mit leichter Kletterei erklimmen lässt. Entweder über einen kleinen schmalen Pfad von der einen Seite oder über eine Felsflanke, die die Hände erfordert, von der anderen.
Das Plateau ist eine zackige Fläche von rund 5 Quadratmetern [?].
Zunächst war es ganz schön; die potentielle Aussicht ließ sich erahnen (Wie gesagt: Wetter-Check]. Noch waren wir zu zweit oben, aber wohl eine Tick zu lange mit Gucken beschäftigt. Plötzlich standen von einem Moment auf den anderen mindestens 10 weitere Gipfelstürmer um mich herum. Mit „In-Ruhe-ein-Foto-machen“ war es damit vorbei.
Außerdem hatte sich inzwischen ein ganz anderes Ziel als das Geplante in unseren Hirnen breit gemacht. Dazu gleich mehr.
Wir sind also über die Flanke hoch und über den Pfad runter. Dadurch kamen wir auf eine falsche Fährte.
Statt auf direktem Weg zurück, liefen wir im Kreis. Über alte keltische Wallanlagen wieder zum Königsstuhl! Immerhin. Dank meines Orientierungssinn landeten wir da und nicht jwd.
Zufall oder Wink des Schicksals?
Inzwischen war mir nämlich heiß eingefallen, dass wir noch gar kein Gipfelfoto gemacht hatten. Das eigentliche Anliegen der ganzen Aktion. Hüstel.
„Komm‘ wenn wir schon wieder da sind, dann machen wir das Foto noch schnell.“ Das ist die Geschichte des Gipfelfotos, das Du oben siehst.
Gipfel vor und nach dem Gipfel
Mit uns und den Hütten im Pfälzer Wald ist es so: Grundsätzlich wissen wir, dass die Bewirtschaftung dort 1A ist. Trotzdem freuen wir uns jedes Mal aufs Neue, wenn wir diese besondere Art der Gastfreundschaft mit Wanderern entdecken.
So staunten wir auch an diesem Feiertag nicht schlecht. Auf dem Weg zum Königsstuhl: Gleich zwei am hellichten frühen Nachmittag geöffnete, außen wie innen gepflegte Hütten in unmittelbarer Nachbarschaft: die Keltenhütte des Pfälzer Waldvereins und die private Donnersberger Waldhütte.
Der Einkehr-Gipfel so zu sagen. Ab diesem Zeitpunkt hatte diese Tour ein neues Ziel. “Aber erst zum Königsstuhl!”
Nach Königsstuhl und oben geschilderten Ehrenrunde sind wir dann bei der Keltenhütte des Pfälzer Waldvereins rein. Einfach, gemütlich, sauber. Worschtebrot, Apfelschorle und freundliche Bedienung. Gerade noch rechtzeitig vor dem Ansturm einer vielköpfigen Truppe [Das waren bestimmt die, die den Kaiserstuhl in Beschlag nahmen und mein geplantes Gipfel-Posing verhinderten]. Aber dieses Mal waren wir auf Zack und versorgt bevor die Meute einfiel und das Objekt der Begierde in Beschlag nahm. Den Tresen inklusive Aufmerksamkeit der Hüttenwirte.
Direttissima im Mittelgebirge
Wie oben erwähnt haben wir runter nach Dannenfels den gelben Punkt auf weißem Grund genommen. Diese direkte Route verläuft über sanfte Kurven und weichem Untergrund abwärts. Statt Aussicht und sprödem Fels Buchenhallen in hellgrünes Licht getaucht.
Hier wieder angenehm unter uns. Die meisten Besucher erobern den Donnersberg motorisiert. Besagte Wandergruppe noch in der Hütte. Mit dem Vorsprung, den wir in der Keltenhütte herausgearbeitet hatten, war uns ein ungestörte Abstieg sicher.
Zusammen zufrieden
Fazit: Das Gipfelfoto im Kasten. Anders als gedacht. Aber immerhin.
Ersten kommt es anders, zweitens als man denkt.
Das macht Wandern aus.
Erkunden. Entdecken und Überraschungen erleben.
Stellst Du es richtig an, wird eine Wanderung vor der Haustür zum kleinen Abenteuer.
Das Finale meiner Winterwanderung entlang der Transrheinhessischen Eisenbahn darf ich damit als geglückt abhaken.
Ich wäre nicht ich, wenn da nicht schon Ideen für neue Touren im Kopf spuken würden. Ich bin gespannt, wo ich diesen Sommer unterwegs sein werde und was mich erwartet.
Jedenfalls stelle ich fest, dass das Alleine-Wandern dazu führt, dass ich auch zunehmend das gemeinsam Draußen sein brauche.
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