Nehmen wir mal an, Du bist gerade dabei etwas beim Wandern zu verändern. Du nimmst endlich Deine Höhenangst in Angriff und übst Verhaltensweisen, die Dich dabei unterstützen mit Höhen und Tiefen stressfrei umzugehen. Oder Du hast Dir vorgenommen, beim Wandern neue Wege zu gehen. Selbstbestimmter unterwegs zu sein. Oder vielleicht trainierst Du für eine sportliche Herausforderung, wie ich gerade für den Pfalz Fun Trail im September.
Immer dann, wenn Du konsequent auf eine Sache hinarbeitest – tust und machst, übst, trainierst – kommt früher oder später der Punkt, wo sich erste Erfolge einstellen. Du wirst besser in dieser Sache: unbekannte Wege in den Bergen gehst Du zuversichtlicher an, Du traust Dich regelmäßig abseits markierter Routen zu wandern oder Du schaffst den langen Anstieg, den Du bisher nur hoch gehen konntest, mit einem Mal im Laufen.
Solche positiven Erfahrungen versetzen Dich in einen Flow.
Das kenne ich aus eigener Erfahrung.
Es ist ein tolles Gefühl. Es trägt Dich. Es motiviert Dich.
Endlich tut sich was, verändert sich was in die gewünschte Richtung.
Boah! Yeah! Wow!
Exakt an diesem Punkt gilt besondere Aufmerksamkeit für Dich.
Der Moment, in dem Du merkst, dass Deine Arbeit Früchte trägt, versetzt Dich in einen dermaßen beflügelnden Zustand, dass Vorsicht geboten ist.
Drei Gründen, warum Du besser etwas Gas rausnimmst, wenn sich beim Üben erste Erfolge einstellen.
Du trittst ganz schnell über
Du bist auf Deinem Veränderungsweg über eine längere Zeit gegangen. Es gab Höhen aber auch immer wieder Tiefen – Zeiten, in denen es nicht so gut gelaufen ist, Du vielleicht Rückschläge einstecken musstest; Gesundheit, Beruf, Familie – irgendwas ist immer. Wenn sich nach einer solchen Langstrecke – real oder im übertragenen Sinne – dann erste Erfolge einstellen, weil Du drangeblieben bist und kontinuierlich Deine Sache vorangebracht hast, dann flippt das Gehirn regelrecht aus! Du fühlst Dich gut und bist total motiviert. Diese Energie führt leicht dazu, dass Du überziehst – also unbemerkt die Grenze Deines Könnens oder Deiner Kraft in einem unguten Maß übergehst. Wie ein Weitspringer, der mit vollem, unkontrollierten Schwung anläuft, beim Absprung übertritt und sich damit disqualifiziert.
Du läufst Gefahr, Dich zu überfordern
Nun sind wir beim Bergwandern, selbstbestimmten Wandern oder beim Trail Running im Freizeitbereich nicht im Wettkampf. Trotzdem läufst Du Gefahr mit Über-Motivation Dich selbst zu disqualifizieren, Dir selbst ein Bein zu stellen. Denn die Energie und die Power, die Du bei ersten Erfolgen spürst, hat wenig mit Deinem tatsächlichen Können oder Deinen tatsächlichen Kräften zu tun. Können und Kraft sind für die momentane Anforderung ausreichend. Mehr nicht. Schaltest Du jetzt den Kopf aus und gibst Dich dem Überschwang der Gefühlen hin, kann das dazu führen, dass Du Dich ungewollt und unbewusst überforderst.
Die Motivation kann ruck zuck ins Gegenteil kippen
Erinnerst Du Dich noch, als Du angefangen hast mit Deinem Projekt? Als Du engagiert und voller Tatendrang Dein Vorhaben angegangen bist? Weil Du neugierig warst, ob das, was Du in einem Buch gelesen oder in einem Kurs gelernt hattest, ob das auch im echten Leben, in einer echten Angst- und Stresssituation funktioniert. Du branntest darauf endlich loszulegen. Und dann kam es aber schon auch vor, dass es nicht so klappte, wie Du Dir das vorgestellt hast. Die Berge waren immer noch zu hoch, die Wege zu ungewisse oder die Anstiege zu steil. Kennst Du den Spruch „die Augen waren größer als der Mund“? Richtig: Der Wunsch etwas zu können war am Anfang größer als die tatsächlichen mentalen oder physiologischen Fähigkeiten. Du hast Dich überfordert. Warst traurig, enttäuscht oder entmutigt. Aber Du wusstest: Können und Kraft kommen mit dem Üben über einen längeren Zeitraum. Deshalb bist Du drangeblieben.
Konsequenterweise haben sich nach und nach die ersten Erfolge eingestellt. Du beginnst aus Deinem Üben und Tun tatsächlich Nutzen zu ziehen. Juchhu! Der Motivations-Motor läuft auf Hochtouren. Wenn Du nun überziehst, dann machst Du mit der damit einhergehenden Überforderung die ganze schöne Power ruck zuck platt. Das wäre doch echt schade.
Nutze Motivationsschübe. Wäre ja echt blöde, neue Power, die man sich hart erarbeitet hat, verstreichen zulassen.
Klar darfst Du auf der unerwarteten Welle reiten.
Aber haushalte klug mit Deinen mentalen und physiologischen Kräften.
Beim Umgang mit ersten Erfolgen ist mein Standpunkt folgender:
Es ist klasse, es ist wunderbar, es ist super, wenn Du bis zu dem Punkt gegangen bist, an dem sich erste Erfolge auf einem Veränderungsweg einstellen. Die hast Du Dir echt verdient. Genieße das gute Gefühl, das damit verbunden ist. Schrei: „Hurra!“ Gönne Dir eine Belohnung.
Teile Deine gute Erfahrung mit der ganzen Welt!!!
Aber: Spiele diese Motivationskarte bei Deinem weiteren Vorgehen nur zu 70 bis 80 Prozent aus.
Denn nur, wenn Du beim Üben weiter kühlen Kopf bewahrst, die Anforderungen immer nur gemäß Deines momentanen Könnens und Deiner aktuellen Kraft wählst, wirst Du das Ziel Deines Veränderungsweges wirklich erreichen.
Egal, ob Du schwindelfrei werden möchtest, weil Du wieder mit Deinen Freunden unbeschwert in den Bergen wandern willst. Oder ob Du in Zukunft mehr die Natur für Dich haben willst und deshalb jetzt öfter abseits hochfrequentierter Hauptwanderwege gehst. Oder weil Du Dich an das Laufen im Mittelgebirge rantasten möchtest, weil’s einfach total Spaß macht, im eigenen Rhythmus über die Felder zu rennen:
Nimm‘ aus Deinen Unternehmungen Freude, Spaß und Gelingen mit statt Frust und ungute Gefühle.
Nur daraus wächst mit der Zeit der belastbare Grundstock für das Weiterkommen in Deiner Sache.
Du würgst Deinen Motivations-Motor nicht überengagiert ab, sondern hältst ihn stabil am Laufen.
Ich wünsche dir mit Deinen ersten Erfolgen viel Freude!!!
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