Bei neuen Unternehmungen ist es ganz nor­mal, dass man sich vorher Gedanken macht. Das ist auch sehr sin­nvoll. Wer springt schon gerne frei­willig ins kalte Wass­er. Manch­mal hält einen das Gedanken-machen jedoch davon ab, ins Tun zu kom­men. Die Gründe sind vielfältig. Ein­er ist die Befürch­tung, der neuen Sache nicht oder nicht aus­re­ichend gewach­sen zu sein.

Ein biss­chen ging es mir so mit meinem Plan für die erste 2‑tägigen Solo-Tour meines Lebens. Ich habe schon vorher mehrtägige Wan­derun­gen mit Über­nach­tung unter­nom­men. Aber noch nie allein.

Ich wollte weit­er die Gren­zre­gion zwis­chen Nordp­falz und Nahe­land erkun­den. Die Ecke Kirn­er Land bis Bad Sobern­heim und ab dort die Höhen links der Nahe bis Norheim kan­nte ich noch nicht. Eine kleine Expe­di­tion durchs Mit­tel­ge­birge vor der Haustür, wie ich sie in den let­zten Jahren schon sehr oft als Tageswan­derung unter­nom­men habe.

Nun also 2 Tage hin­tere­inan­der alleine.

Das Vorhaben trug ich schon seit Anfang dieses Jahres mit mir herum. Mit einem Jet­zt-aber-los, ging ich die Sache recht kurzfristig Anfang Juli an. Nicht mit einem Ich-mach-das-jet­zt-mal, son­dern mit einem kleinen inneren Stupser!

Dabei schien alles im Lot: Ich wollte in ein­er Land­schaft wan­dern, die ich im Großen und Ganzen kan­nte. Nur die Route war neu. Ich bin es gewohnt alleine zu wan­dern. Ich verbinde damit kein­er­lei ungute Gedanken oder Äng­ste. 20 bis 25 Kilo­me­ter pro Tag gehen sind nach meinem Wan­der­marathon im Juni auch kein Ding mehr. Für die Nacht hat­te ich mir unge­fähr in der Mitte der Gesamt­dis­tanz ein bequemes Hotel [Es sich bequem machen, dazu schreibe ich dem­nächst auch mal meine Erfahrung.] gebucht.

Als ich dann im Zug zum Aus­gangspunkt saß, stellte ich über­rascht ein leicht­es Grum­meln im Bauch fest.

Aufgeregt war ich also trotz aller Erfahrung schon. Da waren noch offene Fra­gen. Vor allem machte mir der Ruck­sack gedanklich zu schaf­fen. Der war min­destens dop­pelt so schw­er wie son­st. Damit habe ich ja schon so meine Erfahrung gemacht in der Ver­gan­gen­heit. Wer­den die in der Karte eingeze­ich­neten Pfade, auf die ich bei der Fes­tle­gung mein­er Route geset­zt hat­te, in Wirk­lichkeit auch vorhan­den sein? Werde ich mich tat­säch­lich wieder ganz hoch auf den Heim­bergturm wagen? Die let­zte Turmbestei­gung liegt schon Monate zurück.

Um es kurz zu machen:

Obwohl nicht alles wie am Schnürchen lief: Ich habe meinen Plan von A bis Z in die Tat umge­set­zt. Ich bin am geplanten Ziel angekom­men. Ich war mächtig stolz und zufrieden.

Einige der Prob­leme, die ich vorherge­se­hen hat­te, sind tat­säch­lich aufge­treten, andere gar  nicht. Wieder Andere tat­en sich auf, an die ich über­haupt nicht gedacht habe. Mit allen Schwierigkeit­en bin ich lock­er fer­tig geworden.

Ich habe fest­gestellt, dass die Real­ität in Wirk­lichkeit weit weniger undurch­sichtig, prob­lema­tisch und schwierig ist, als ich im Vorhinein dachte. Es war sog­ar recht ein­fach, vor Ort mit konkreten Schwierigkeit­en und Prob­le­men umzuge­hen. Ein­fach­er jeden­falls als ich es mir vorgestellt habe.

Ich habe über­legt, woran das liegt und bin zu dem Schluss gekommen:
Tun ist deshalb ein­fach­er, weil die Real­ität ehrlich­er, zuver­läs­siger und greif­bar­er ist als irgendwelche Gedankenkon­struk­tio­nen es jemals sein können.

Drei men­tale Vorteile, wenn Du auf dem Boden der Tat­sachen stehst

Men­schen sind exzel­lente Denker. Wir sind in der Lage uns eine Sit­u­a­tion, einen Ort im Kopf vorzustellen, ohne das wir tat­säch­lich dort sind. Diese Fähigkeit uns ein inneres Bild machen zu kön­nen,  zeich­net uns als Men­schen aus.

Deshalb kön­nen wir eine Wan­derung zu Hause pla­nen: Büch­er lesen, Karten studieren, im Web sur­fen. Wir kön­nen uns so men­tal in eine unbekan­nte Zukun­ft beamen.

Aber: kein Wan­der­führer, keine Wan­derkarte, kein Bild der Welt kann die Wirk­lichkeit in allen Facetten wiedergeben kann. Es han­delt sich immer nur um Auss­chnitte, Vere­in­fachun­gen, Zusam­men­fas­sun­gen, Per­spek­tiv­en. Zudem: Erfahrun­gen ander­er Menschen.

Mit den eige­nen Augen, Ohren und Tas­tor­ga­nen begreifen wir unsere Umwelt viel detail­liert­er, umfänglicher…realistischer. Unser Gehirn erhält sehr viel mehr oder sagen wir tre­f­fend­ere Infor­ma­tio­nen über die Umwelt und damit eine bessere Grund­lage, um zu entschei­den, was ger­ade im konkreten Moment zu tun ist.

Diese real­is­tis­chen Inputs liefern wirk­lich brauch­bare und deshalb wertvolle Infor­ma­tio­nen, die uns dabei unter­stützen Sit­u­a­tio­nen adäquat einzuschätzen und auf die Lösun­gen zu kom­men, die uns wirk­lich weiterbringt.

Tun ist leichter als gedacht!

Die Real­ität bietet drei entschei­dende Vorteile, die ich mit konkreten Erleb­nisse bei mein­er 2‑tägigen Solo-Tour anschaulich machen werde:

Entschei­dun­gen fall­en leichter

Wenn es darum geht, zu entschei­den, was zu tun ist und wie wir mit ein­er schwieri­gen Sache umge­hen sollen, ist oft das Prob­lem, dass nicht zu wenige, son­dern zu viele Möglichkeit­en beste­hen. Ger­ade wenn wir uns zukün­ftige Vorhaben aus­malen, ist unsere Fan­tasie grenzenlos.

Der Vorteil der Real­ität ist, dass sie die Hand­lung­sop­tio­nen auf das Mach­bare eindampft.

Beispiel 1: Bei Streck­en­wan­derun­gen fahre ich grund­sät­zlich mit dem Zug. Für die Anfahrt zum Aus­gangspunkt hat­te ich mir eine Verbindung mit einem Regio­ex­press raus­ge­sucht, weil schneller. Entwed­er ich habe das Kleinge­druck­te nicht gele­sen oder es gab einen Fehler im Sys­tem: Jeden­falls es stellt sich unter­wegs her­aus: Dieser Zug hält über­haupt nicht an meinem geplanten Aus­gangspunkt in Kirn­sulzbach, son­der erst zig Kilo­me­ter weit­er in Idar-Oberstein.

Was tun? Nach Kirn­sulzbach zurück­ge­hen wäre eine zusät­zliche Tageswan­derung gewe­sen. Auf die Region­al­bahn zurück warten hätte mich 1 Stunde und dann ver­mut­lich Ewigkeit­en an Fahrtzeit [Hal­ten an jed­er Pop­pel­sta­tion] zusät­zlich gekostet. Ich war eh schon später als geplant dran. Busverbindun­gen raus­suchen war mir zu kom­pliziert. Idar-Ober­stein ist zwar am Ende der Welt, hat aber gewisse Verbindun­gen zu ihr und ergo standen tat­säch­lich Taxis auf dem Bahn­hofsvor­platz. Fest­preis ver­han­delt und 20 Minuten später stand ich in Kirnsulzbach.

Meine Prämisse stand fest: So schnell wie möglich zum Wan­der­start­punkt kom­men. Vor Ort eröffneten sich dann eine über­schaubare Anzahl an real­is­tis­chen Möglichkeit­en: Bahn, Bus oder Taxi. Der Bargeldbe­stand in der Geld­börse erlaubte den genan­nte Preis fürs Taxi. Mein Prob­lem war ruck zuck gelöst.

Beispiel 2: Als ich am Nach­mit­tag des ersten Tages in meinem Hotel ankam, stellte ich fest, dass es ab vom Schuss ent­ge­genge­set­zt mein­er eigentlichen Wan­der­rich­tung lag. Von dort waren es noch 4 Kilo­me­ter zurück bis zum Aus­gangspunkt der 2. Etap­pen am näch­sten Tag. Müde und kaputt wie ich war, habe ich gle­ich den Fahrplan an der Bushal­testelle vor dem Hotel gecheckt. Es gab genau eine Verbindung am näch­sten Mor­gen, die in Frage kam: 8.45 Uhr. Im Hotelz­im­mer angekom­men las ich: Früh­stück erst ab 8 Uhr. Mmmm…Frühstücken im Eil­ver­fahren wollte ich eigentlich nicht. Mal abwarten, Rankom­men lassen. Am näch­sten Mor­gen sah die Welt schon anders aus: Ich war aus­geruht und wieder bei Kräften, früh­stück­te in Ruhe, ver­schwen­dete keinen Gedanken mehr an den Bus und machte mich gelassen und fro­hge­mut zu Fuß auf den Weg. Zusät­zliche Moti­va­tion: Ich ent­deck­te genau gegenüber des Hotels einen kleinen Weg über die Felder und musste nicht an der Straße ent­lang gehen, was mich ehrlich gesagt gen­ervt hätte.

Bei­de Beispiele zeigen: Vor Ort und in der Sit­u­a­tion wird eigentlich schnell klar, was geht, was in Frage kommt und wie man sich entschei­den soll.

Selb­stein­schätzung wird realistischer

Wenn man sich eine Sit­u­a­tion im Kopf aus­malt, bezieht man alle möglichen und unmöglichen Vorstel­lun­gen in seine Über­legun­gen mit ein: unter anderem mogeln sich auch alte Erfahrun­gen mit rein, weniger schöne vielle­icht und natür­lich auch Äng­ste. Diese Ver­wässern unsere Hand­lung­sop­tio­nen, lock­en das Gehirn auf falsche Fährten und kon­terkari­eren unsere Absicht­en. Wir machen uns ein falsches Bild und schätzen unsere Fähigkeit­en und Kräfte auf der Basis ver­al­teter Infor­ma­tio­nen ein. Das Vorhaben scheint schwieriger als es dann in Wirk­lichkeit ist.

Wenn wir den Tat­sachen ins Auge sehen, erken­nen, was wirk­lich geht, kön­nen wir unsere Fähigkeit­en und Kräfte viel bess­er ein­schätzen. Weil wir unsere per­sön­lichen Gegeben­heit­en und die Anforderun­gen vor Ort direkt abgle­ichen können.

Beispiel 1: Eine Frage, die mich vor dieser Wan­derung umtrieb war: Würde ich die Dis­tanz schaf­fen? Wür­den die Kräfte reichen, bei zwei län­geren Tageswan­derun­gen direkt hin­tere­inan­der, mit einem unge­wohnt schw­eren Ruck­sack auf den Schul­tern? Zumal defin­i­tiv fest­stand, dass der 2. Tag die anstren­gen­dere Route wer­den würde: län­gere Dis­tanz und viel Auf und Ab wegen der Querung zweier Täler.

Die Erfahrung des ersten Tages zeigte mir dann: Der Ruck­sack drück­te zwar am Ende des Wan­dertages schon auf die Schul­tern. Ich war froh in abends loszuw­er­den. Aber er war nicht zu schw­er für mich und die gewählte Etap­pendis­tanz. Ich hat­te das Gewicht ger­ade so dosiert, dass die Regen­er­a­tionszeit ein­er Nacht aus­re­ichte, um am näch­sten Mor­gen den Ruck­sack wieder opti­mistisch zu schul­tern. Schon nach dem ersten Drit­tel der 2. Etappe spürte ich in meinen Knochen und Muskeln, dass der Ruck­sack nicht der Grund wer­den würde, die Tour frühzeit­ig abzubrechen [wie es mir vor Urzeit­en in Schwe­den passiert ist]. Deshalb ließ ich irgend­wann die Möglichkeit­en abzubrechen[Verkehrsanbindung] links liegen und fasste mein geplantes Ziel entschlossen ins Auge.

Beispiel 2: Auf der 2. Etap­pen mein­er 2‑Tageswanderung lag der rund 30 Meter hohe Heim­bergturm. Den kenne ich bere­its. Da war ich schon oben. Hier habe ich meine Höhenangst auf Tür­men vor über zwei Jahren in den Griff bekom­men. Als ich diese Tour plante stand fest: Da will ich jet­zt im Som­mer wieder rauf. Im Hin­terkopf spuk­te aber schon der Gedanken: Mal sehen, wie es Dir dabei ergeht.

Als ich dann mit­tags tat­säch­lich vor dem Turm stand, war der doch höher als ich ihn in Erin­nerung hat­te. Aber: Atem und Herz­schlag waren ruhig, Beine fest und kräftig. Ich stellte den Ruck­sack entsch­ieden unten an der Treppe ab und machte mich auf den Weg nach oben. Etage für Etage. Der Kopf dachte zwar bei jedem Absatz: Oh, es geht ja noch weit­er hoch. Aber mein Kör­p­er blieb ruhig und sta­bil. Und dann stand ich tat­säch­lich wieder ganz oben und wurde mit ein­er grandiosen Aus­sicht belohnt.

Die Frageze­ichen bezüglich Dis­tanz und Turm lösten sich vor Ort und in der Sit­u­a­tion in Luft auf. Mein Kör­p­er sig­nal­isierte mir direkt und zuver­läs­sig, dass alles in Ord­nung ist und dass ich weit­er­ma­chen kon­nte mit meinem Vorhaben.

Vor Ort ergeben sich ungeah­nte Möglichkeiten

Wie schon ein­gangs gesagt: Beschrei­bun­gen, Wan­derkarten, Erzäh­lun­gen und Fotos liefern immer nur eine reduzierten Blick auf die tat­säch­lichen Ver­hält­nisse vor Ort.

Wenn Du Dich in die Real­ität beg­ib­st, wer­den oft Möglichkeit­en sicht­bar, die Du zu Hause im stillen Käm­mer­lein gar nicht auf dem Schirm hattest.

Beispiel 1: Den Aus­gang­sort der Wan­derung hat­te ich auch deshalb auf Kirn­sulzbach gelegt, weil dort auf der Wan­derkarte ein Zuweg auf meine Route eingeze­ich­net war. Exakt gegenüber der einzi­gen Straßen­brücke, die über die Nahe führt. Also kaum zu verfehlen.

Tja, da stand ich dann. Aber auf der anderen Seite der Bun­desstraße, dort wo der Weg laut Karte sein sollte, war beim besten Willen kein­er auszu­machen. Es hätte mir schon zu denken geben sollen, dass man als Wan­der­er ein­fach so eine bre­ite und viel befahrene Bun­desstraße über­queren soll, um zum Ein­stieg zu kom­men. Ich lief hin und her. Doch da war nur dicht bewach­sene Böschung. Kein Weg weit und breit.

Wenn ich meine Tour wie geplant gehen wollte, blieb nur eine Möglichkeit: auf dem Fahrrad­weg zum näch­sten Ort gehen. Laut Karte startete dort ein Pre­mi­umweg mit Anschluss an meine Route. Pre­mi­umweg ist eine zuver­läs­sige Infor­ma­tion. Dieser Weg würde zu 99 Prozent tat­säch­lich vorhan­den sein. Der Ort war nur 2 km ent­fer­nt. Also los. Auf hal­ben Weg ent­decke ich dann aber im Augen­winkel eine Unter­führung unter der Bun­desstraße durch. Auf der anderen Seite sind keine Felder, son­dern nur Wald, der steil nach oben geht. Hmm, die Unter­führung kann ja dann eigentlich nur für Fußgänger inter­es­sant sein. Ich biege zur Unter­führung ein und unter­quere die Bun­desstraße. Tat­säch­lich: nach weni­gen Schrit­ten ent­decke ich die Markierung des Pre­mi­umweges! Holldriho!

Beispiel 2: Am zweit­en Tag ging ich durch Gebi­ete, die ich schon recht gut erforscht habe. Aber da gab es noch weiße Fleck­en auf mein­er inneren Land­karte, die ich mit Leben füllen wollte. Statt ab Heim­bergturm die aus­sicht­sre­iche, gut erschlossene Strecke ober­halb der Nahe zu gehen [die ich schon in und auswendig kenne] entschloss ich mich auf der der Nahe abge­wandten Seite des Felsen­bergs Rich­tung Norheim zu gehen.

Allerd­ings hat­te ich meine Wan­derkarte ver­loren. Bei einem Regen­guss hat­te ich sie ein­fach vorne in die Jacke gesteckt, wo sie vom Gurt des Ruck­sacks gehal­ten wurde. Als ich ihn löste, muss sie von mir unbe­merkt run­terge­fall­en sein. Ich habe sie nicht mehr gefun­den. Kein großes Prob­lem. Ich kon­nte gut auf Sicht gehen: die Nahe und die Höhen wiesen mir die grobe Rich­tung. Im Detail wurde es dann aber doch knif­flig. Schlechte bis über­haupt keine Auss­childerung. Ich lief immer wieder in Sack­gassen. An einem Getrei­de­feld wurde es mir dann zu bunt: Offen­sichtlich gab es einen Weg in meine Rich­tung, aber dazwis­chen lag eine wilde Wiese mit hüftho­hem Gras. Egal: der Hoch­stand auf der anderen Seite war ein sicheres Zeichen für einen gespurten Weg. Entsch­ieden schlug ich mich quer­feldein durch die Gräs­er. Und wie ver­mutet, stand ich schon nach weni­gen Minuten auf einem Pfad, der mich wieder auf einen richti­gen Wan­der­weg brachte.

Mit ein­er Wan­derkarte hätte ich die Sack­gassen sich­er ver­mei­den kön­nen. Aber dieses Beispiel zeigt schönb, dass sich vor Ort ungeah­nte Möglichkeit­en auf­tun kön­nen, die einen weit­er­brin­gen. Das gilt natür­lich vor allem in unseren Bre­it­en, wo die Gebi­ete durch Land- und Forstwirtschaft gut erschlossen sind.

We’ll cross that bridge when we get there.”

Irgend­wo habe ich diesen klu­gen Spruch gele­sen: We’ll cross that bridge when we get there.“ Die Quelle habe ich lei­der nicht gefun­den. Er meint so in etwa: Wir lösen das Prob­lem, wenn es sich stellt. Weil: Sich Gedanken über Schwierigkeit­en und Prob­leme zu machen, bevor sie über­haupt auftreten ist sich Gedanken über ungelegte Eier machen. Möglicher­weise verge­bliche Liebesmüh, weil es ja in Wirk­lichkeit ganz anders kom­men kann oder zumin­d­est niemals genau so, wie man es sich im Voraus ausmalt.

Durch die neu­ro­bi­ol­o­gis­che Brille betra­chtet, inter­pretiere ich diesen Spruch so: Auch als pla­nen­der, vorauss­chauend denk­ender Men­sch bist Du erst vor Ort über­haupt in der Lage die richtige, für den Moment passende Lösung für Schwierigkeit­en und Prob­leme zu finden.

Erstens schränkt die Real­ität Deine Hand­lung­sop­tio­nen auf ein über­schaubares Maß ein: Du kannst Dich leichter entscheiden.

Zweit­ens: Erst der Abgle­ich der tat­säch­lichen Gegeben­heit­en in der Sit­u­a­tion – die Anforderun­gen der Umwelt und Deine men­tal­en und physis­chen Möglichkeit­en – erlauben Dir ver­lässlich einzuschätzen, was für Dich per­sön­lich de fac­to mach­bar ist.

Drit­tens: Die Möglichkeit­en, die sich vor Ort tat­säch­lich bieten, erkennst Du oft erst, wenn Du ihnen in echt und haut­nah gegenüber stehst. Da tun sich Wege auf, an die Du gar nicht gedacht hast, weil Du davon gar nichts wis­sen kon­ntest [standen nicht im Wan­der­führer, waren auf der Karte nicht eingeze­ich­net] oder die Du schlicht bei der Pla­nung überse­hen hast.

Ergo: Die Wirk­lichkeit ist weit weniger kom­pliziert als unsere Gedankenwelt.

Im Gegen­teil: Tun und sich den Gegeben­heit­en stellen, liefert Dir genau die Infor­ma­tio­nen, die Du brauchst, um die Schwierigkeit­en und Prob­leme zu lösen, mit denen Du es ger­ade zu tun hast. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Die Angst neuen Sit­u­a­tio­nen nicht gewach­sen zu sein, im entschei­den­den Moment keine Lösung zu find­en, ist unbegründet.
Denn Tun ist viel ein­fach­er als gedacht.

Ich finde, das ist eine Per­spek­tive, die Mut macht, Neues und Ungewiss­es gelassen­er und zuver­sichtlich­er anzuge­hen, beim Wan­dern weit­erzukom­men und sich was zuzutrauen!