Alles Humbug! Seit zwei Wochen faste ich den Trampelpfad beim Schlafengehen. Statt von der Couch auf direktem Weg ins Bett zu wandern, mache ich einen Umweg auf die Matte und meditiere. Besser gesagt, ich übe zu meditieren.
Schon in dieser kurzen Zeit, ist mir zu dieser Technik ein Licht aufgegangen bzw. drei Lichter, die mein Bild vom Meditieren komplett auf den Kopf gestellt und meine Einstellung dazu zum Positiven geändert haben.
3 Mythen des Meditierens und was tatsächlich dahinter steckt:
Mythos Nr. 1: Meditieren ist eine Entspannungstechnik
„Ach, ich müsste ja auch mal was machen, um zu entspannen!“ – kriege ich oft zu hören, wenn ich von meiner aktuellen Fastenaktion erzähle. Was viele nicht wissen: Meditation ist gar keine Entspannungstechnik. Das Wort Meditation bedeutet im Lateinischen nachdenken, nachsinnen und überlegen. Dabei geht darum, die von Natur aus wild im Kopf herumspringende Gedanken zu bändigen. Die Buddhisten nennen es den Monkey-Mind – Affengeist – zähmen. Meditieren ist tatsächlich eine Konzentrationsübung. Ich trainiere mit den meditativen Techniken und Übungen meine Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten. Die herum hupsenden Gedanken immer wieder auf dieses Eine [Was das „Eine“ ist bzw. sein kann dazu bei Mythos Nr. 2 mehr] zurückzulenken. Das ist im Grund nichts anderes wie Kniebeugen oder irgendetwas anderes Neues lernen. Durch die dauernde Wiederholung bilden sich neue neuronale Verschaltungen.
Durch Meditieren verändert sich die Gehirnaktivität. Entspannung ist deshalb vielmehr ein Nebenprodukt dieser Übung, die sich mit der Zeit nebenbei einstellt. Was im Gehirn beim Meditieren neurobiologisch abgeht, darüber werde ich in einem der nächsten Zwischenberichte schreiben.
Mythos Nr. 2: Meditieren ist eine Atemübung
Meditation wird oft mit Atmen in Verbindung gebracht – sozusagen oft in einem Atemzug genannt. Dabei geht es beim Meditieren gar nicht um das Atmen. Vielmehr ist der Atem so eine Art Wegweiser für die Aufmerksamkeit. Oben habe ich erklärt, dass Meditieren bedeutet, seine Aufmerksamkeit auf eine Sache zu konzentrieren. Der Atem oder besser die Auswirkungen des Atems in Deinem Körper sind zum Beispiel so eine Sache auf die Du die Aufmerksamkeit richten kannst: Wo im Körper macht sich Dein Atem bemerkbar? Bauchdecke, Brust, Schultern heben und senken sich. Beim Ein- und Ausatmen streicht Luft an den Schleimhäuten in der Nase vorbei. Man sucht sich eine Sache heraus und richtet seine Aufmerksamkeit auf diese eine Sache und übt dabei zu bleiben. Dieser Orientierungspunkt können aber auch andere Dinge sein: Geräusche, Muskelspannung usw. Dieser Punkt kommt noch in meinem Trainigsplan, deshalb kann ich jetzt noch nicht so viel dazu sagen. Also auch hier: Meditation ist keine Atem- sondern eine Aufmerksamkeitsübung. Der Atem kann eine – von einigen anderen möglichen — Wegmarke sein, an der ich mich beim Meditieren halte.
Mythos Nr. 3: Meditieren ist stundenlanges Stillsitzen
Klar wusste ich, worauf ich mich einlasse! Im vergangenen Sommer habe ich zweimal spontan bei einer Aufmerksamkeits- oder wie es heißt Achtsamkeitsmeditation mit Fortgeschrittenen teilgenommen. 45 Minuten mit Ansage. Beim ersten Mal hielt ich ohne Schwierigkeiten durch. Beim zweiten Mal hatte ich aber ganz schön mit dem Sitzen zu kämpfen. Uff. Beim Meditieren lernen gilt, was bei jeder anderen Sache, die ich neu lerne, auch zu beachten ist: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Was zählt ist die Regelmäßigkeit und die dichte Taktung des Übens. Wie lange die Übungseinheit dauert, spielt eigentlich keine Rolle. Also besser jeden Tag 5 Minuten als einmal in der Woche 45 Minuten. Auch während einer Übungseinheit muss ich nicht voll durchhalten. Im Gegenteil. In meinem Trainingsplan [Crashkurs Mediation von Maren Schneider] ermuntert die Übungsleiterin immer wieder dazu, sich zwischendurch zu rekeln und strecken. Schon nach den zwei Wochen merke ich, wie ich geübter darin werde, meine Aufmerksamkeit auf eine Sache zu halten. Manchmal schaffe ich es schon 1 Minute am Stück still zu sitzen – nicht, weil ich still sitzen will, sondern weil mein Fokus gebunden ist und ich gar nicht das Bedürfnis habe mich zu bewegen. Für 1 Minute habe ich meinen Affengeist im Griff; kein Gedanke grätscht dazwischen und macht sich breit. Also Meditation heißt nicht still sitzen, schon gar nicht stundenlang. Meditieren heißt die Aufmerksamkeit binden, einer einzigen Sache Priorität einräumen, so dass alles andere zurücktritt. Ich glaube, das ist gemeint, wenn es in den einschlägigen Ratgebern heißt „im Hier und Jetzt sein“.
Stand der Dinge
Wie ist es mir seit Aschermittwoch ergangen? Der Plan war: jeden Abend vor dem Schlafen gehen Meditieren üben. Bis auf einen Abend habe ich mich bisher daran gehalten. An diesem Abend bin ich spät nach Hause gekommen und war so müde, dass meine komplette Willenskraft außer Gefecht gesetzt war. Erstaunlicherweise ist es in der Regel so, dass ich mich jeden Abend auf diese 5 bis 10 Minuten Übungszeit freue. Überredungskünste musste ich noch keine anwenden. Jeden Abend setze ich mich gerne auf die Matte und bin neugierig, ob es mir schon besser gelingt, meine Aufmerksamkeit zu halten. Wie beim Liegestützen üben [mache ich seit einem halben Jahr] beobachte ich mich selbst und freue mich, wenn‘s voran geht. Vom Muskeltraining weiß ich, dass sich Erfolge unerwartet von einem zum anderen Tag einstellen können. Eine Woche passiert null und dann kommt es vor, dass auf einmal ein Meilenstein erreicht ist.
Das eigentliche Ziel der ganzen Aktion ist ja, meine Einschlafprobleme in den Griff zu bekommen. Es ist auf keinen Fall schon so, dass ich mich ins Bett lege und auf der Stelle weg bin. Ich habe aber den Eindruck, dass ich schneller einschlafe. Jedenfalls habe ich morgens keine Uhrzeit nach Mitternacht im Kopf, wie es früher der Fall gewesen ist. Da wusste ich immer ganz genau, dass ich um 2 Uhr noch wach gewesen bin. Völlig unerwartet hat sich zu anderen Tageszeiten etwas verändert. Morgens komme ich leichter aus dem Bett. Warum weiß ich auch nicht, ist aber so. Tagsüber habe ich den Eindruck, dass ich mich besser konzentrieren kann, meine Arbeit strukturierter angehe, deshalb richtig was geschafft bekomme und deshalb zufriedener bin. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Abwarten. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Schon alleine, weil ich wissen will, ob und was passiert, übe ich auf jeden Fall weiter und bleibe beim Trampelpfad-Fasten dran! Mein Fazit werde ich am 23. März hier im Blog und bei Petra ziehen.
Zum Bild: die Zeichnung ist Teil eines Bildes, das im Rahmen einer Fortbildung zum Thema “Gehirnforschung und Mediation” entstanden ist. Wie Sie unschwer erkennen, bin ich keine geübte Zeichnerin. Aber die Aussage kommt rüber, finde ich. ;-)
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