Die Alpen bewe­gen sich. Nach oben und nach unten. Die west­lichen Gebirge wach­sen jährlich um rund 1,6 Mil­lime­ter. Die östlichen schrumpfen jedes Jahr 0,3 Mil­lime­ter. Unglaublich. Selb­st die Wis­senschaftler sind sich über die Kon­ti­nu­ität dieses Prozess­es nicht sich­er.  Nehmen wir mal an, es stimmt, wo für es Hin­weise gibt, wir kön­nen es nicht sehen. Es ist ein Wahrnehmung­sprob­lem. Die Beträge sind viel zu ger­ing und die Verän­derung geht viel zu langsam von stat­ten als dass wir sie mit bloßem Auge erken­nen können.

Über dieses men­schliche Wahrnehmung­sprob­lem schreibt auch der schwedis­che Autor Hen­ning Mankell in seinem let­zten Buch Treib­sand”, das kurz vor seinem Tod im Sep­tem­ber 2015 erschienen ist. Um unbe­greif­bare Zeit­di­men­sio­nen begreif­bar zu machen, bedi­ent er sich der Geschichte vom Glas mit ein­er Luft­blase. Ein Mythos besagt, dass eine in der durch­sichti­gen Wand des Glases eingeschlossene Luft­blase sich bewegt. Die Bewe­gung ist so langsam, dass man sie mit bloßem Auge nicht erken­nen kann. Nicht ein­mal während eines lan­gen Lebens bewegt sich die Blase sicht­bar in die eine oder andere Rich­tung. Es dauert mehr als eine Mil­lion Jahren, bis sie wieder an ihrem Aus­gangspunkt angekom­men ist.”

Keine Bewe­gung, keine Verän­derung bedeutet nicht unbe­d­ingt, dass sich nichts bewegt oder verän­dert. Es kön­nte in diesem Moment ein­fach sein, dass wir Men­schen die Verän­derung nicht, noch nicht oder nur mit Hil­f­s­mit­teln wahrnehmen kön­nen, weil unsere Sinne begren­zt sind. Und ich glaube daran, dass die Blase sich bewegt. Doch ich sehe es nicht.”, schließt Mankell. Intu­itiv kam mir beim Lesen der Gedanke an Hoffnung.

Wenn sich, obwohl wir uns anstren­gen wie ver­rückt, eine ungute Sit­u­a­tion partout nicht zum Guten wen­det, ein Prob­lem hart­näck­ig beste­hen bleibt oder ein geset­ztes Ziel nicht näher kom­men will, dann beste­ht kein Grund die Flinte ins Korn zu wer­fen. Möglicher­weise geht die Verän­derung so langsam von stat­ten, dass es eine Weile braucht, bis sie sich bemerk­bar macht oder vielle­icht müssen wir die Per­spek­tive ändern, um sie wahrzunehmen.

Die Gren­zen men­schlich­er Wahrnehmung räu­men eine Möglichkeit ein. Das stimmt  mich hoff­nungsvoll und zuver­sichtlich. Die Alpen sollen mich in Zukun­ft daran erin­nern, wenn ich es ein­mal vergessen sollte.