Die Losung für mein Vorhaben erhalte ich gle­ich um die Ecke: Ich glaub. Da geht was!” ste­ht auf den Fah­nen des Katholis­chen Jugendw­erks, das in meinem Wohn­vier­tel behei­matet ist. Nehme die Worte gerne an! Denn ich habe etwas vor mir: eine 40 Kilo­me­ter Wan­derung. Sagt eine, die noch nie mehr als die Hälfte dieser Dis­tanz gegan­gen ist!

Muss das denn sein?

Die läng­ste Strecke, die ich bish­er gewan­dert bin war rund 22 Kilo­me­ter lang. Danach war ich ziem­lich erledigt. Und nun das Dop­pelte. Muss das denn sein? Warum machst Du das?”, fragt mich mein Mann. Weil ich es mir vorgenom­men habe.” Warum hast Du Dir das vorgenom­men?” Weil ich wis­sen will, ob ich so weit gehen kann.” Eine 40-Kilo­me­ter-Chal­lenge also. Ange­fixt hat mich das Blog­ger­wan­dern im Mai, das mit ein­er 24-Stun­den-Wan­derung über 80 Kilo­me­ter ver­bun­den war. Ich habe damals aus ver­schiede­nen Grün­den nicht teilgenom­men. Die Her­aus­forderung schwirrt mir seit­dem im Kopf. 80 Kilo­me­ter ist utopisch. Aber die Hälfte erscheint mir real­is­tisch. Unter bes­timmten Voraussetzungen.

Ich glaub, da geht was!

Ich gehen gerne auf Num­mer sich­er. Springe nicht gerne ins kalte Wass­er. Wenn ich mich auf unbekan­nte Her­aus­forderun­gen ein­lassen, dann so, dass eine real­is­tis­che Chance beste­ht, dass ich mein Ziel erre­iche. Deshalb habe ich den Plan gut durch­dacht. Fast jeden­falls. Doch später mehr. ;-)

Der Zeit­punkt sollte so gewählt sein, dass ich aus­geruht und kon­di­tionell in Top-Form bin und dass ich danach aus­re­ichend Zeit für Regen­er­a­tion haben würde. Die Strecke sollte von der Topogra­phie keine über­mäßi­gen Schwierigkeit­en (z.B. Stei­gun­gen) aufweisen und der Ver­lauf sollte so gewählt sein, dass ich jed­erzeit die Möglichkeit hätte abzubrechen und entwed­er per Bus oder Bahn zurück­z­u­fahren oder mich abholen zu lassen. So kön­nte es funktionieren!

Den Ter­min habe ich schon vor Wochen fest­gelegt und meinem Mann angekündigt: der Dien­stag der 3. Woche meines Som­merurlaubs (Erhol­ung, Regen­er­a­tion). Nach einem zwei­wöchi­gen Wan­derurlaub in den All­gäuer Alpen (Kon­di­tion). Auch die Strecke mit den entsprechen­den Bedin­gun­gen war schnell gefun­den: Von Mainz-Harten­berg über Finthen, Wack­ern­heim, Ingel­heim, Hei­den­fahrt, Buden­heim, Mom­bach zurück nach Mainz-Harten­berg. Von Haustür zu Haustür. Plus minus 40 Kilo­me­ter. Die Dat­en ste­hen unten in der Karte. Weit­er­er Vorteil: heimat­nah und bekan­nt. Kein Zeitver­lust durch An- und Abfahrt. Keine zusät­zliche Aufmerk­samkeit für Ori­en­tierung nötig. Volle Konzen­tra­tion auf die Chal­lenge möglich.

Der Wet­ter­bericht am Vor­abend kündigte einen heißen Tag an. Durch den Wan­derurlaub im aktuellen Hitze­som­mer bin ich ans Wan­dern bei Tem­per­a­turen um die 35 Grad gewohnt. Ich entschließe mich, mein Vorhaben zu wagen.

Im Ruck­sack: 2 Liter Wass­er. Unter­wegs gibt es genug Läden und Biergärten wo ich meinen Trinkvor­rat auf­füllen kann. Stöcke, falls ich Unter­stützung brauche. Wan­der­schirm als Son­nen­schutz. Essen. Erste-Hil­fe-Täschchen. Geld. Handy. Nach­ladegerät fürs Handy. Kam­era mit leichtem 50er Objek­tiv. Eine Karte im Maßstab 1:50.000 zur Sicher­heit. Ich werde sie ver­mut­lich nicht brauchen, weil ich die Route von früheren Fahrrad­touren gut kenne.

YEAH!!! Geschafft!!! 

Wie die Karte doku­men­tiert: Ich habe es geschafft! Yeah!!! Ok, let­ztlich fehlen noch 900 Meter bis zu den 40 Kilo­me­ter. Nach dieser Her­aus­forderung bin ich mir so was von sich­er, dass ich die auch noch gegan­gen wäre. Das GPS zeigte 42 Kilo­me­ter an. Ich dachte, mit Abwe­ichung müsste es hinkom­men; son­st wäre ich noch mal um den Block gegan­gen. ;-) Aber ehrlich? Ich war ziem­lich am Ende. Saß erst­mal 15 Minuten im Flur auf der Bank und war nur am Schnaufen und Trinken. Mit Mühe bekam ich Schuhe und Strümpfe von den Füßen. ;-)

Die größte Her­aus­forderung: die Hitze. Ich habe jeden Mil­lime­ter Schat­ten genossen. Mor­gens bin ich noch flott über die Höhe gewan­dert. Da ging ein Lüftchen. Die Sonne im Rück­en. Den Rück­weg nach­mit­tags am Rhein ent­lang hat­te ich mir schat­tiger und auch durch die Nähe zum Wass­er erfrischen­der vorgestellt. Tat­säch­lich brezelte die Sonne über weite Streck­en volle Kanne auf den Weg. Vom Fluss kam so gut wie keine Abküh­lung. Im Gegen­teil. Das Wass­er scheint so warm zu sein, dass die Algen in den Seit­e­n­ar­men sprießen was das Zeug hält. Gut, dass ich meinen Schirm dabei hat­te! Später kam dann doch eine Brise auf. Rück­en­wind. Wie ein Ven­ti­la­tor. Lei­der gegen die Laufrich­tung. In den Genuss kam ich nur, wenn ich ste­hen­blieb und mich rumdrehte.

Füße und Bein­musku­latur haben durchge­hal­ten. Unter­wegs hat ab und zu die Hüfte gezwickt und am Ende hat sich die hin­tere Ober­schenkel­musku­latur bemerk­bar gemacht. Ganz sich­er war ich nicht mehr auf den Beinen. Auf den let­zten Kilo­me­tern ging Gehen nur noch ger­adeaus und im fes­ten Rhyth­mus. Eine kleine Blase am Zeh, die ich erst beim Duschen ent­deckt habe. Eine Stunde nach Ankun­ft ging Gehen schon wieder ganz gut. Abends Nasen­bluten. Von Muskelkater am näch­sten Tag kaum eine Spur. Die Nach­wirkun­gen hal­ten sich in Gren­zen. Ich habe mit deut­lich stärk­eren Nach­we­hen gerechnet.

Irgen­det­was ist immer

Mein Plan war niet- und nagelfest. Dachte ich. Aber irgen­det­was ist ja immer. Dieses Mal habe ich mich unge­fähr nach der Hälfte der Wan­derung auf meinem Handy aus­ges­per­rt. PIN wed­er im Kopf noch auf einem Zettel dabei. Zum Glück gibt es am Ingel­heimer Hafen ein Tele­fon­häuschen mit einem intak­ten Tele­fon. Von dort aus habe ich die Heimat informiert, dass ab sofort keine Zwis­chen­stände mehr kom­men. Im Not­fall hätte ich echt bei Leuten ein Tele­fonat schnor­ren müssen. Denn öffentliche Tele­fon­ap­pa­rate sind Man­gel­ware. Auf der gesamten Wan­derung bin ich nur noch ein­mal an einem Tele­fon­häuschen vor­beigekom­men. Darin war das Tele­fon abmon­tiert. :-( Glück­licher­weise blieb mir Schnor­ren erspart.

Gewach­sen

40 Kilo­me­ter durch die Hitze laufen. Keine Muße zum Fotografieren. Im Kopf nur: Da geht was! Das näch­ste Zwis­chen­ziel. Pause machen. Trinken. Gehen. Bek­loppt. Ein­er­seits. Ander­er­seits: spur­los ist die Sache nicht an mir vorüberge­gan­gen. Es hat sich etwas verän­dert. Gren­zen habe sich verschoben.

Gewach­sen ist mein Selb­stver­trauen und mein Wan­der­ra­dius. Bish­er lag meine Wohlf­fühld­is­tanz bei rund 15 Kilo­me­ter. Das schränkt die Reich­weite ein­er Kreuz- und Quer­wan­derin schon recht deut­lich ein. Finde mal eine passende Strecke von Bahn­sta­tion zu Bahn­sta­tion, die diese Bedin­gun­gen erfüllt. Durch die 40-Kilo­me­ter-Chal­lenge haben sich meine Optio­nen deut­lich ver­mehrt. Routen plus/minus 20–25 Kilo­me­ter haben ihren Schreck­en verloren!

Faz­it: Ich kann 40 Kilo­me­ter wan­dern! Aber ich muss nicht. ;-)

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