Wo meine Oberschenkelmuskulatur sein sollte, war ein Loch. Natürlich nicht wirklich. Gefühlt. Nichts. Wir rausoperiert. In beiden Beinen. Nach einem über 2stündigen Abstieg über 100er von Metern hatte die Muskulatur, die man benötigt, um einen Berg hinunterzugehen oder um sich zu setzen, den Dienst quittiert.
Abstieg im Vorwärtsgang war nicht möglich. Selbst gewöhnliches Setzen — Knie anwinkeln, Körper mit den Oberschenkeln halten, Po auf die Sitzfläche ablegen — war ein Unding. Sitzen ging nur noch mit aus dem Stand auf die Bank plumpsen lassen.
Das war vor rund 6 Jahren beim Bergwandern im Montafon. Eine Zeit, in der ich noch nicht regelmäßig jede Woche auf und ab in den Mittelgebirgen meiner Heimat unterwegs war. Ich erinnere mich außerdem an einen Abstieg im gleichen Urlaub, bei dem ich zusätzlich zum Muskelkater von der ersten Aktion mit höllischen Knieschmerzen humpelnd im Tal ankam.
Keine Freundin vom Runtergehen. Abstiege im Hochgebirge ‑also: mehrstündig, auf rutschigem, unebenen, wurzeligen, aber auch asphaltiertem Untergrund, mit einem Steigungswinkel Richtung Treppenniveau — entwickelten sich zu etwas, das ich nach Möglichkeit mied. Denn auch in den Folgejahren machte ich ähnliche Erfahrungen. Ok, so krass, wie im Montafon, war es nie wieder. Aber lange Zeit hieß Bergwandern für mich: Lieber 1000 Meter hochkraxeln als nur einen nach unten.
Dass ich in meinem Leben jemals eine Vorliebe fürs Hochgehen entwickeln würde, hätte ich als 10jährige nicht für möglich gehalten! ;-) Früher war Rauf doof. Den Zick-Zack-Weg auf dem Lemberg habe ich als Kind gehasst. ;-)
Seit diesem Sommer ist alles anders. Wegen der Hitze sind wir im Wanderurlaub in den Alpen öfter mit der Gondel auf den Gipfel gefahren und runter gelaufen als andersherum. Da sind in den zwei Wochen mehrere 1000 Meter Abstieg zusammengekommen. Schon am 2. Tag spürte ich, das etwas anders ist als sonst. Ich kam unten im Tal an: ohne Schmerzen. Weder in den Oberschenkeln noch in den Knien. Außerdem war ich jedes Mal noch so fit, dass ich ohne Weiteres den ein oder anderen Kilometer bis zum Parkplatz oder zur Bushaltestelle laufen konnte.
Gibt’s das? Ich bin nicht nur schmerzfrei, sondern Bergab-Gehen macht mir auf einmal richtig Spaß! Ich bin verblüfft. Das hätte ich nicht erwartet. Ehrlich!
Meine Erklärung: sechs Jahre Training (im Mittelgebirge seit vier Jahren fast wöchentlich und im Hochgebirge ein bis zwei Mal im Jahr) und Übungen zur Stärkung der Kniemuskulatur (unregelmäßig) scheinen doch nicht ohne Wirkung geblieben zu sein. Kraft und Ausdauer meiner Beinmuskulatur haben ÜBER DIE ZEIT offenbar zugenommen; obwohl ich nicht extra geübt habe. Neu seit diesem Jahr: Gehtechnik und Gehtaktik für mehr Trittsicherheit und Körpergleichgewicht! Die mutmaßlichen Erfolgsfaktoren: Tun, Dranbleiben, richtige Technik und richtige Taktik.
Eins steht jedenfalls fest: Probleme mit Muskulatur und Knie beim Bergab-Gehen in den Bergen sind offenbar kein gottgegebenes Schicksal!
Ein Thema mit dem ich mich in nächster Zeit intensiver beschäftigen werde! Das interessiert mich jetzt echt.
PS: Einen Einfluss könnten auch meine neuen Wanderschuhe haben. Ich habe von Wanderschuhen mit dicker Sohle auf so genannte Barfussschuhe gewechselt. Ich bin keine Orthopädin oder Physiotherapeutin. Fachlich kann ich nicht beurteilen, ob die Dicke der Schuhsohle bzw. das Abrollen der Füße beim Runterlaufen sich auf Gelenke und Muskulatur auswirken. Dass die neuen Schuhe (Sohle erlaubt natürliches Abrollen des Fußes) einen positiven Effekt beim Runtergehen haben, ist ein persönlicher Eindruck von mir, oder sagen wir besser: Vermutung. Auch dieser Frage werde ich auf den Grund gehen.
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