Der alpine Steig ist mit roter Schwierigkeitsstufe ausgewiesen. Von 860 Meter über Normalnull geht es auf 1400 Meter ü. NN. auf einer Strecke von 2 Kilometern. Zum Vergleich: rund 6‑mal hoch auf den Ostturm des Mainzer Doms. Der Pfad ist uneben. Weicher Waldboden wechselt zu ausgesetzten, steinigen Stellen. Zum Teil mit Seilen gesichert. Wurzeln dienen immer wieder als Treppe.
Den Wasserfall höre ich hin und wieder. Aber die Stellen, an denen er über eine fast senkrechte Felswand in Kaskaden 10 bis 20 Meter in natürliche Wasserbecken stürzt, habe ich unter mir gelassen.
Ich atme tief. Auf dem Zick Zack-Weg schaffe ich immer einmal hin und einmal zurück. Dann mache ich Pause im Schatten der Bäume. Immerhin bin ich relativ bald auf 1000 Meter über Normalnull. Pro 1000 Meter nimmt die Leistungsfähigkeit um 10 Prozent ab, lese ich später nach. Dazu noch 30 Grad Lufttemperatur. 2. Urlaubstag. Meine Kondition ist im Mittelgebirge zufriedenstellend. Im Hochgebirge wären ein paar Mukis mehr von Vorteil. Ruck Zuck bin ich bei diesen Bedingungen im anaeroben Bereich und schnappe nach Luft. Eine Weil komme ich mit meiner Taktik gut voran. Nach 1,5 Stunden Aufstieg bin ich dann an einem Punkt, wo ich mich am liebsten hinsetzen, ausruhen und umkehren würde. Der ideale Moment, die Techniken und Methoden der Stressregulation, die ich in der Ausbildung zur Sport-Mentalcoach lerne, an mir selbst zu testen!
Auf diese Weise schaffe ich es, meine Taktik beizubehalten: Steigen, Pause machen bis der Puls wieder normal schlägt, Steigen usw. Dann habe ich es geschafft. Der Weg geht fast in die Horizontale. Das letzte Stück bis zur Alpe über eine offene Wiese in Knallsonne schenke ich mir.
Auf dem Rückweg – immerhin direkt über 500 Meter ü. NN. nach unten — probiere ich verschiedene Gehtechniken aus. Ich will es nicht beschreien, aber auch am 2. Tag des Mehrere-100-Meter-steil-bergab-Gehens komme ich ohne Knieschmerzen unten an. Oder liegt es an meinen neuen Wanderschuhen? Ich habe von dicker, fester Sohle gewechselt zu so genannten Barfußschuhen. Ich werde das weiter beobachten. Das wäre ja ein Ding, wenn ich diese Schwachstelle in den Griff bekommen hätte.
Unten gönne ich mir ein Fuß- und Beinbad in einem der natürlichen Becken des Wasserfalls. Wassertemperatur ungefähr 18 Grad. Am liebsten wäre ich ja komplett reingesprungen. Zu viele Zuschauer. ;-)
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