Die Kletterfelsen im Morgenbachtal spukten mir schon länger im Kopf herum. Nach zwei Tagen Regen verspricht der Wetterbericht für diesen Mittwoch Sonne. Ideale Bedingungen also für eine kleine Erkundungstour, um diesen “Traum” endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Ausgerüstet mit dünner Regenjacke (man weiß ja nie) und superweichem Gelpolster unter der wehen Ferse fahre ich mit dem Auto zum Ausgangspunkt der heutigen Wanderung im Binger Wald.
Dieses Mal starte ich von einer bisher unbekannten Stelle aus in den Binger Wald. Der Plan ist, den Kletterfelsen so nah wie möglich zu kommen. Außerdem suche ich nach einem idealen Standpunkt für eine Bildidee am Bach. Deshalb habe ich auf der Karte einen Wanderweg zusammengestellt, mit dem ich diese Ideen umsetzen und gleichzeitig ein neues Terrain entdecken kann: Die Rundtour führt von Trechtingshausen über Hagelkreuz, Kletterfelsen und Gerhardshof durch das untere Morgenbachtal zurück zum Ausgangspunkt.
Durch das alte Stadttor verlasse ich Trechtingshausen in westlicher Richtung auf dem Rheinburgenweg. Die ersten Meter kommt mir der Trechtingshauser Bach entgegen. Der leichte Anstieg zweigt am Wegweiser „Hagelkreuz“ nach Süden ab und mündet in den „Alten Kuhweg“ Richtung Gerhardshof.
Von jetzt auf gleich bin ich im Urwald. Knorrige Bäume. Lianen spannen Leinen vom grüne Blätterdach bis zum Boden. Mit Moos bewachsenes Holz liegt kreuz und quer auf der feuchten Erde. Der schmale Pfad ist größtenteils mit großen Blocksteinen belegt. Gehen geht auf einer schmalen Spur am Rand. Die Sonne blitzt durch das natürliche Seilgeflecht.
Am Hagelkreuz staune ich über einen neuen Blick auf das Mittelrheintal. Aus den Wäldern des steilen Teufelskadrich auf der anderen Flussseite steigen Nebel auf. Hier her muss ich unbedingt noch mal im Herbst. Zum Fotografieren. Das steht fest.
Die Kletterfelsen sind alle drei für’s Klettern gesperrt. Die Sektion Mainz des Deutschen Alpenvereins informiert ihre Mitglieder per Aushang. Wegen Naturschutz bzw. Felssturzgefahr. Aber ich will ja nicht klettern, sondern nur gucken. Auf einem Pfad geht es den Hang runter zur Kletterbasis. Quer über eine steil abfallende Blocksteinhalde. Ich muss mich auf einen Felsen setzen. Der Ausblick nimmt mir den Atem.
Unten tauchen die ersten Felsen auf. Über eine Holztreppe kommt man ganz dicht ran. Ich entdecke Kletterhaken im Stein. Am Ende der Treppe ist für mich Schluss. Ich gehe auf Nummer Sicher. Bis hier hin habe ich die Sache gut im Griff. Aus festem Stand fotografiere ich die Felsformationen. Nach einer halben Stunde kehre ich um. Hoch geht es auf dem rutschigen Pfad entschieden leichter als runter. Ruck zuck stehen ich wieder auf befestigtem Weg.
Am Gerhardshof öffnet sich der Wald. Streuobstwiesen. Pferdekoppeln. Schon auf anderen Wanderungen bin ich hier vorbei gekommen und habe ich mich in diese grüne, luftige Hochebene verliebt. Die alte Scheune auf dem Hof ist ein Motiv. Einfache Strukturen und Helldunkel-Kontraste ergeben mit dem Grün der Wiese ein geerdetes Bild.
Der Morgenbach kommt in Hörweite. Von hier oben rauscht er gleichmäßig und stark wie ein kräftiger Sommerregen. Unten am Ufer findet sich dann tatsächlich eine passende Stelle für meine Bildidee. In den nächsten Wochen werde ich mit Stativ und großer Kamera an diese Stelle zurückkommen!
Der gelbe Hubschrauber auf der Wiese am Rheinufer ist ein echter Eyecatcher. Zuerst denke ich, dass die Piloten dort eine Pause machen. Ich will schon das Smartphone für ein Foto zücken, da entdecke ich beim Näherkommen den Notarztwagen und die Trage daneben. Ein geschienter Gipsarm ragt in die Höhe. Mehr ist vom Patienten nicht zu erkennen. Ein ganzer Pulk von Helfern hievt die eingepackte Gestalt vom Wagen in den Flieger. Wie ein rohes Ei. Ich bin froh, dass die Kamera noch in der Hosentasche steckt. Und ich bin dankbar. Wie gut man sich hierzulande um uns kümmert, wenn wir es nötig haben!!! Ganz eng wird mir im Hals, später am Schreibtisch während ich diesen Bericht schreibe.
+ + Binger Wald — Mittwoch, 27.8 – Trechtingshausen — Hagelkreuz — Kletterfelsen — Gerhardshof — Morgenbachtal — Trechtingshausen – 7 km, 375 hm Aufstieg, 375 hm Abstieg ++
Karte: Naturpark Soonwald-Nahe – Blatt 3. Binger Wald/Stromberg/Rheinböllen – Topographische Karte 1:25.000 – ISBN 978–3‑89637–374‑8++
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