Ein Buch über Karten! Das kon­nte ich nicht in der Buch­hand­lung liegen lassen. Ich liebe Karten! Komme ich an einen unbekan­nten Ort, will ich neues Wan­dert­er­rain erschließen: zuerst muss eine gescheite Karte her. Karten sind für mich Antrieb, Ori­en­tierung­shil­fe und Inspi­ra­tion. Neben meinem Schreibtisch hängt seit Jahren eine wand­ho­he Karte von Schwe­den. Sehn­sucht­sort in jün­geren Jahren. Heute ein Stück Erinnerung.

Also, zurück zum Buch! Karten!“ ist ein klein­er Wälz­er mit 520 Seit­en. Sein Autor ist der britis­che Jour­nal­ist Simon Garfield. Die Wis­senschaft­sjour­nal­istin Dava Sobel schreibt in ihrem Vor­wort: Ich liebe es, im visuellen Luxus von Karten zu schwel­gen. Der soge­nan­nte Vier-Far­ben-Satz, der besagt, dass vier Far­ben aus­re­ichen, um eine Weltkarte zu erstellen, set­zt der kün­st­lerischen Frei­heit kein­er­lei Grenzen.“Genau! Noch ein Grund, warum mich Karten faszinieren. Karten sind Kunst­werke. Je mehr man sich mit ihnen beschäftigt, desto mehr Details ent­deckt man in ihnen. Karten sind gefun­denes Fressen für Neugierige, wie mich. ;-)

Bevor ich völ­lig abschweife: Warum empfehle ich dieses Buch? Da wären 3 Gründe:

  1. Sie ler­nen die Geschichte der Karte ken­nen. Von den alten Griechen bis Google Maps (ein eigen­ständi­ges Unternehmen übri­gens!). Von Mil­lio­nen werte Fak­sim­i­le mit­te­lal­ter­lich­er Karten über die ersten Reise­führer bis hin zum mod­er­nen GPS. Simon Garfield ver­ste­ht es, die Rela­tio­nen zu verdeut­lichen. Wenn man sich aus­malt, was es bedeuten würde, eine Karte von einem Raum zu zeich­nen, den man vor langer Zeit und nur kurz gese­hen hat, zu zeich­nen, dann hat man eine unge­fähre Vorstel­lung, in welch­er Sit­u­a­tion sich die ersten Her­steller von Welt“-Karten der Antike befan­den. Karten ent­standen oft nur dem Hören und Sagen nach. Die Welt war noch nicht ent­deckt. Geschweige denn, man wusste, wie sie aussieht: Scheibe oder rund? Dage­gen entste­hen Karten heute via Inter­net wie von selbst.
    Unab­hängig davon, dass wir in unseren Erken­nt­nis­sen heute etwas weit­er gekom­men sind.: Damals wie heute gilt: Karten sind ein Abbild. Nicht die Wirk­lichkeit. Und damit komme ich auch schon zu Empfehlungs­grund Nr.2:
  2. Sie erfahren etwas über Fan­tasie und Kreativ­ität von Kar­tografen. Über einen bekan­nten Küsten­strich, der Jahrhun­derte lang als Insel verkauft“ wurde. Oder einen ganzen Gebirgszug, den sich ein Karten­ze­ich­n­er irgend­wann mal aus­gedacht hat und dann von anderen ein­fach unhin­ter­fragt über­nom­men wurde. Bis sich ein­er auf­machte, um nach zu schauen, ob es die Berge wirk­lich gibt. Oder wie man die Stellen der Erde in Karten gestal­tete, die noch nicht ent­deckt und erforscht waren – die so genan­nten weißen Fleck­en“. Beim The­ma Ein­fall­sre­ich­tum” sind wir auch schwupp die wupp bei Empfehlungs­grund Nr. 3:
  3. Sie erhal­ten zusät­zlich jede Menge Wis­sen um Karten drum herum. Vor allem ler­nen Sie die Men­schen und ihre Beweg­gründe ken­nen, die hin­ter ein­er jeden Karte steck­en. Über kluge Köpfe der Antike, deren Inter­essen oder Anliegen, den Grafik­er, der berühmtesten Karte der Welt, die Frau, die ange­blich 23.000 Lon­don­er Straßen zu Fuß ablief“, über Kar­tendiebe, Karten­händler und Karten­lieb­haber. Gle­ich vorge­blät­tert habe ich zum Kapi­tel „ Frauen kön­nen keine Karten lesen. Ach, wirk­lich?“ ;-) Ein Leseze­ichen rein­gelegt habe ich auch auf Seite 210. Dort erzählt Garfield über den 200 Jahre alten Ord­nance Sur­vey, das britis­che Lan­desver­mes­sungsamt. Dort glaubt man hart­näck­ig daran, dass wir eines Tages wieder zum guten alten Falt­plan zurück­kehren. Mit­ten im Zeital­ter von GPS und Smart­phone bietet man in Lon­don Karten­le­sekurse an und unter­richtet Ori­en­tierung mit dem Kom­pass. Sehr sym­pa­thisch, finde ich! ;-) Auf Seite 211 im 3. Absatz find­en Sie auch eine plau­si­ble Begrün­dung für diese Annahme.

Nicht zulet­zt spricht für das Buch seine Qual­ität: inhaltlich fundiert, sprach­lich klar, ver­ständlich und humor­voll, illus­tri­ert mit Grafiken, Zeich­nun­gen, Fotos und … (Land)Karten!

Sie sind Karten­lieb­haberin, Ori­en­tierungswan­der­er, oder ein­fach bloß neugierig? Dann trage ich mit diesem lei­den­schaftlichen Buchtipp ver­mut­lich Eulen nach Athen. Vielle­icht suchen Sie aber auch nur nach einem passenden Geschenk für eine Wan­derin oder einen Wan­der­s­mann, Men­schen mit Aben­teuer­lust, Reise­freudi­ge – mit diesem Buch liegen Sie in diesen Fällen garantiert nicht falsch. Wie auch immer — ich wün­sche Ihnen viel Spaß!

Garfield, Simon: Karten! Ein Buch über Ent­deck­er, geniale Kar­tografen und Berge, die es nie gab. Kon­rad The­is Ver­lag, Deutsche Aus­gabe 2014, 29,95 Euro

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