“Wenn Sie da vorne an der Brücke auf die andere Seite wechseln, habe Sie vielleicht Glück und sehen Biber. In einem kleinen Seitenarm. Wenn die was zu Futtern wittern, dann zeigen die sich gerne!”, gibt mir der ältere Herr ganz in Dunkelblau und eleganten Slippers gekleidet, der mit seinen beiden Shih Tzus Gassi geht, einen Tipp. An der astlosen Weide auf deren Stamm hoch oben eine Gans thront kommen wir ins Gespräch. Und tatsächlich: ganz ohne Lockmittel kommt der Biber rangepaddelt als er mich am Ufer entdeckt.
Ich bin an der Nidda unterwegs. Sie mündet bei Frankfurt-Höchst in den Main. Über das Flüsschen habe ich schon einiges gelesen. Ich bin neugierig auf die Frankfurter Flusslandschaft und will diesen Sommer in mehreren Etappen ein Stück flussaufwärts wandern. Heute bin ich von Höchst nach Rödelheim gelaufen (ca. 6 Kilometer). Beides S‑Bahn-Stationen und gut von Mainz aus zu erreichen. Ich fahre mit der Rheingaulinie, die die Provinz mit der Bankenmetropole Frankfurt am Main verbindet. Obwohl mit Rucksack und Wanderschuhen völlig underdressed falle ich gar nicht auf. Die meisten Köpfe stecken in Büchern, starren auf Displays von Mobiltelefonen, setzen konzentriert die erste E‑Mail des Tages auf dem Laptop ab oder lehnen mit geschlossenen Augen irgendwo an. Normaler Mittwochmorgen kurz vor 9 Uhr.
Mit Frankfurt Höchst verbinde ich Industrie. Der Name Höchst wurde durch die Hoechst AG (1863–1999) weltweit bekannt. Das ehemalige Stammwerk des Chemie- und Pharmakonzerns ist heute als Industriepark Höchst einer der größten Industriestandorte Deutschlands. Um so überraschter bin ich als ich auf meinem Weg zum Main unvermittelt in einem idyllischen Fachwerkdörfchen stehe. Kopfsteinpflaster führt mich weiter zu einem schmucken Turm. Der gehört zum Residenzschloss der Mainzer Erzbischöfe, lese ich! Ich bin baff.
Erst über einen schmalen Wiesenpfad, dann auf asphaltiertem Radweg laufe ich die Nidda rauf. Immer wieder queren Brücken den Fluss, so dass man immer mal wieder das Ufer wechseln kann. Ich bin im Zentrum von Rhein-Main. Vogelgezwitscher, Gänseschnattern, Rauschen und Plätschern an den Stellen, wo sich dem fließenden Wasser Pfeiler und größere Steine in den Weg stellen, werden begleitet von S‑Bahn und Autobahn. Nidda-Sound.
Der Nidda-Sound:
Die nächste Nidda-Etappe geht von Rödelheim nach Eschersheim (7 km). Demnächst also mehr über diesen Schatz vor der Haustür.
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