Ruhig war’s heut. Still? Nein, nur ruhig. In dieser Ruhe einzelne Töne; akustis­che Skulp­turen für Städterohren: Dort das Häm­mern des Spechts. Ruhe. Dann das Zwitsch­ern eines Vogels. Ruhe. Unten der Diesel des Über­land­busses, der das sich durchs Tal schlän­gel­nde Sträßchen voll in Beschlag nimmt. Ruhe. Vom Hof drüben das Bellen eines Hun­des. Dazwis­chen: Ruhe.

Dort, wo die Rhein­hes­sis­che Schweiz noch echt­es Hin­ter­land ist, der Bus zweimal am Tag hält, jedoch nur wenige Kilo­me­ter vor der Stadt. Dort habe ich heute ein kleines Paradies der Ruhe ent­deckt. Die Tiefen­thaler Höhe (260 Meter). Das Dach der Welt vor mein­er Haustür!

Auf dieser Hiwwel­tour (13 Kilo­me­ter)  schaut man immer runter und immer weit. Man läuft immer an der Kante. Wie am Rand eines Tabletts, das auf ein­er Hand kopfüber allem Geschehen bal­anciert wird. Im 360 Grad-Panora­ma zeigen sich der Don­ners­berg (an dieser Stelle schon sehr nah) im Süden, die Höhen des Nord-Pfälz­er Berg­lands, Soon­wald und Hun­srück  im West­en,  der Eichel­berg (wo ich vor zwei Wochen war) und der Taunus bis zum Nieder­wald bei Rüdesheim im Nor­den und die rhein­hes­sis­chen Hügel im Osten.

Gewun­dert hätte es mich nicht, wenn sich im hellen Dun­st des Hor­i­zonts plöt­zlich Gebirge aufgetürmt hätte. Wie im Alpen­vor­land kam ich mir ober­halb von Daim­bacher­hof und Mörs­feld vor. Runde kleine Berge, Wiesen, Wei­den so weit das Auge sieht. Die Illu­sion ent­larvt das Win­drad; und die vie­len anderen. Mich stören sie eigentlich nicht.

Weiße Kühe habe ich hier ent­deckt. Später lese ich, dass es Charo­laise sind. Eine franzö­sis­che Rinder­rasse. Die Käl­bchen wer­den mit einem rot­braunen Haarkleid geboren.

Wer echt­es Landleben sehen und spüren will, der ist hier auf der Tiefen­thaler Höhe richtig. Der Weg ist ein­fach. Wenig Stei­gung. Die Markierung lück­en­los geset­zt. Man kann sich voll und ganz dem Einat­men, Aufnehmen, Wahrnehmen der Land­schaft wid­men. Dieser Pre­mi­umweg ver­di­ent diese Ausze­ich­nung. Wer hätte gedacht, dass das Wein­land Rhein­hessen solche Wan­der­schätze zu bieten hat!