Diese freie Hochfläche unter weitem Himmel habe ich schon einen Weile im Auge. Sie fällt in sanften Hügeln nach Süd-Westen ab. An den Weiden, Wiesen und Äckern bin ich bereits öfter mit dem Auto vorbeigefahren. Auf dem Weg von Stephanshausen nach Presberg auf die Rheingaualpe. Nach meiner letzten Fototour dort oben, habe ich beschlossen, die lockende Landschaft zu Fuß zu erkunden. Der Weg ging deshalb heute von Presberg über besagtes Flurstück bei Stephanshausen runter nach Johannisberg. (11,6 Kilometer)
Auf der Karte habe ich mir vorab eine mögliche Route ausgesucht, das Auto in Johannisberg abgestellt und bin dann mit dem Bus hoch nach Presberg gefahren. Um kurz nach 9 Uhr in der Früh waren eine ältere Dame und ich die einzigen Fahrgäste rauf auf die Alpe.
Unterhalb von Presberg treffe ich noch Wanderer. Dann bin ich auf offenbar wenig gegangenen Wegen unterwegs. Ich finde gut durch den unbekannten Wald. Die zahlreichen Bäche hier im abschüssigen Wald, machen es leicht sich zu orientieren. Am Bordekreuz (Kreuz an der Grenze) finde ich eine Informationstafel. Ich bin hier wieder in der Region des Rheingauer Gebücks (natürliche Grenzbefestigung). Alte Wege treffen an dieser Stelle aufeinander: der Rennweg und die mittelalterliche “Binger Straße”. Das Bordekreuz war eine wichtige Kreuzung für Reisende und Händler, lese ich.
Dann trete ich aus dem Wald und stehe oberhalb der Gemarkung “Opferdell”. So heißt das Flurstück, dessen Anblick mich veranlasst hat, hier her zu kommen. Leider spielt das Wetter nicht mit. Der Ausblick ist von Nebel und Wolken begrenzt. Aber ich staune nicht schlecht, als ich das Schild “Rheinhessenblick” auf einer Ruhebank entdecke. Da bin ich ja als Rheinhessin intuitiv am richtigen Ort gelandet. Ich komme bei Fernsicht wieder. Das ist ausgemachte Sache. Das muss ich mir live und in Farbe anschauen! ;-)
Weiter geht es über den “Himmelssteig”. Wie sollte der lichte Wiesenweg unter dem weit gespannten Himmeldach auch sonst heißen! Ich passiere eine Weide mit Urviechern. Die zottigen Agnusrinder schauen gelangweilt zu mir herüber, wollen sich jedoch nicht in fotogene Nähe begeben. Rechter Hand plätschert der Grundscheidbach durch ein liebliches Auental. Ja, auch im Winter hat das Land hier etwas Sanftes, Anheimelndes. Gräser, Büsche, Gras und die rundherum ansteigenden Hügel machen dieses Fleckchen Erde irgendwie gemütlich. Ich laufe gerne durch solche — das ganze Jahr über — grüne Mulden. Sogar die Haselnuss blüht schon. Der Baum ist zwar ein Frühblüher. Januar ist allerdings extrem früh.
Unterhalb von Stephanshausen biegen ich mit dem Grundscheidbach nach Süd-Osten ins idyllische Viertental ab. Wassermusik und hier da Vogelstimmen; der Specht klopft. Hier werden die Wege unübersichtlich; ich lande in Sackgassen — kleine Stichwege zum Hochstand des Försters oder einem Wasserwerk. Querfeldein die Böschung runter gelange ich wieder auf weiterführenden Weg. An dieser Stelle zücke ich dann doch mal das GPS um zu schauen, was Sache ist; ob ich richtig bin. Bin ich.
Im Zwirnwald schlage ich einen schmalen Pfad ein, der mich zum Rheinhöhenweg bringen soll. Den sichte ich dann allerdings rund 100 Meter unter mir; ich beschließe den direkten Abstieg durch den Wald. Obwohl ich seitwärts absteige, einen Fuß nach dem anderen setze, haut es mich einmal hin. Auf dem Boden liegt feuchtes, rutschiges Laub. Darunter verbergen sich Äste und Wurzeln. Versteckte Stolperfallen. Deshalb ist Langsammachen angesagt. Denn im steilen Hang kann sich so ein harmloser Stolperer zu einem unangenehmen Purzelbaum entwickeln. Ich habe Glück und lande nur auf dem Po. Unten angekommen reicht der Matsch zwar bis zu den Oberschenkeln, aber ich bin wieder auf geordneter Route!
Am Kloster Marienthal streife ich den Rheinsteig und laufe dann durch den Abtswald auf breitem Weg rüber nach Johannisberg.
Diesen Weg werde ich sicher noch einmal im Frühling gehen. Bei Sonnenschein. Wenn die ersten grünen Blättchen sprießen und die Vögel ein Gratiskonzert geben. Darauf freue ich mich schon jetzt sehr! :-)
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