Mit Sabine Paul bin ich im Frühling auf dem rheinhessischen Jakobsberg gewandert. Während unserer Tour tauschten wir uns darüber aus, warum wir so gerne draußen unterwegs sind. Dabei entdeckten wir manche Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel, das wir raus gehen, egal beim welchem Wetter. Dass uns das richtig gut tut zum Beispiel auch im Winter zu wandern und mit dem Rad zu fahren. Wir sind weniger krank, erleben die kalte Jahreszeit als gar nicht so düster und abweisend und sind zufriedener.
Sabine ist Evolutionsbiologin. Sie sagt, das hängt damit zusammen, dass moderne Menschen im Grunde immer noch Steinzeitmenschen sind. Jedenfalls was unsere grundlegenden Bedürfnisse betrifft. Menschen haben eingebaute Erfolgsprogramme, die sie lebendig und gesund halten. Diese Abläufe gelten heute noch. Damit diese natürlichen Mechanismen funktionieren, brauchen sie bestimmte Bedingungen: z.B. Hitze, Kälte, Bewegung aus eigener Kraft usw. Entziehen wir uns diesen Umständen, dann ist es genauso, als ob wir die Waschmaschine aus dem Strom ziehen: wir bleiben stecken. Oder anders ausgedrückt: wir werden krank und zwar von Kopf bis Fuß. Zivilisationskrankheiten, wie Übergewicht, Diabetes, Allergien, Unverträglichkeiten, Aufmerksamkeitsdefiziten und Burnout rühren von einem Ungleichgewicht zwischen genetischem Erbe und Umwelt, so die These von Sabine Paul.
In ihrem Buch führt sie diese Zusammenhänge plausibel, anschaulich und verständlich vor Augen. Auf 281 Seiten erklärt die Autorin warum der Körper Kälte braucht, um uns gesund zu halten, wie wir mit Süßstoff unsere Gewichtsregulatoren irritieren und wie uns unser eigener Energiesparmodus auf den Leim führt. Sabine Paul zeigt: „…wie wir unseren natürlichen Bedürfnissen wieder auf die Spur kommen und mehr als zwei Millionen Jahre alten Erfolgsprogrammen Geltung verschaffen.“
Wenn wir wissen, wie die Interaktion zwischen Genen und Umwelt funktioniert, können wir lernen, die Signale unseres Körpers richtig zu deuten und einzuordnen und angemessen darauf zu reagieren. Zugegeben an manchen Stellen ganz schön tricky, wie der menschliche Körper wirkt. Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, ist dieses im Verlag C.H. Beck erschienene wissenschaftlich fundierte Taschenbuch für Laien genau der richtige Einstieg.
Um Missverständnisse vorzubeugen: Sabine Paul will nicht zurück in die Steinzeit. Abschließend resümiert sie: „Wir halten heute zwei Schätze in der Hand: die Errungenschaften der Zivilisation und das paläolithische Erbe. Beide haben ihre glänzenden und ihre Schattenseiten. Den Gewinn an technischen, medialen und medizinischen Optionen innerhalb der modernen Welt möchte kaum jemand missen; mit ihnen ist jedoch oft ein gesundheitlicher und emotionaler Preis in Form von Zivilisationskrankheiten verbunden, der gerne verdrängt wird.“ Die Autorin plädiert für ein Leben, das „im Einklang mit dem genetischen Erfolgsprogramm in der heutigen Umwelt“ steht, „das nicht gegen, sondern mit der eigenen Natur geführt wird…“ – auch wenn es erst einmal aufwändiger und weniger bequem ist.
Ich empfehle das Buch, weil es überzeugende Argumente liefert und motiviert, die Komfortzone zu verlassen und sich auf Wind, Wetter und Landschaft einzulassen. Eine Lebensweise, die ich als wohltuend erfahre und bei meinen Wanderungen praktiziere. Das Buch geht natürlich noch viel weiter. Es behandelt zum Beispiel ausführlich, wie wir uns artgerecht ernähren können. Kapitel und Inhalt sind an den oben genannten Zivilisationskrankheiten orientiert und erklären, wie wir sie mit unserem inneren Kompass umschiffen können. Sich bewegen und mit der natürlichen Umwelt auseinandersetzen, waren jedoch für mich als Wanderin die Anknüpfungspunkte, die mich bewogen haben, mich mit dem Thema „Paläo-Power“ näher zu beschäftigen.
Paul, Sabine: Paläopower – Das Wissen der Evolution nutzen für Ernährung, Gesundheit und Genuss, Verlag C.H.Beck, 2. Auflage, 2013, 12,95 Euro
Das Buch erhalten Sie im Buchhandel vor Ort oder online auf der Website des Verlags.
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