Die Blog­gerin­nen Petra Schu­seil und Bet­ti­na Schöb­itz haben eine Blog­pa­rade im Duett zum The­ma Weniger ist mehr” angestoßen. Es geht um unser Bewusst­sein, dass uns unsere Leben­sres­sourcen nicht unendlich zur Ver­fü­gung ste­hen. Aber auch, dass unsere Bor­d­mit­tel  — Leben­szeit und Kraft zum Beispiel — begren­zt sind.
Wie gehen wir mit dieser Erken­nt­nis um? Wie schaf­fen wir es, ein­er­seits unsere Umwelt und uns selb­st zu beacht­en und zu pfle­gen und ander­er­seits unseren Lebens­stan­dard aufrechtzuer­hal­ten, unseren Wün­schen und Bedürfnis­sen gerecht zu wer­den? Viele Blog­ger und Blog­gerin­nen haben ihre Gedanken und Ideen dazu schon aufgeschrieben. Eine Liste find­en Sie über den Link zur Blog­pa­rade oben. Ich schließe mich mit meinem Beitrag Weniger ist mehr beim Wan­dern” an.

Was heißt eigentlich Weniger ist mehr” beim Wan­dern? Ver­schiedene Sachen sind mir dazu einge­fall­en: Bal­last, Wan­dertem­po etc. Einen Punkt greife ich heute her­aus. Den Wan­derort. Ist es wirk­lich notwendig ewig weit zu fahren und zu reisen, viel Zeit, Ner­ven, Sprit und Geld zu investieren, um schöne Wan­derun­gen zu erleben, oder gibt es Alter­na­tiv­en? Dazu habe ich mir Gedanken gemacht.

Trends — wenn mehr, weniger ist
Neulich las ich in einem Artikel über den Wan­der­weg des Jahres“. Die Route ist der­maßen beliebt, dass das Dorf, in dem die Strecke startet, am Woch­enende völ­lig über­ran­nt und zugeparkt wird von anreisenden Wan­der­ern. Da musste ich doch schluck­en. Ein hoher Preis, den die Gemeinde für diese Aufmerk­samkeit zahlt, dachte ich. Aber mit­nicht­en! Die Dör­fler sind glück­lich über die Besuch­er, haben einen Ack­er zum Park­platz umfunk­tion­iert und sog­ar mobile Toi­let­ten aufgestellt. Na ja. Trotz­dem, Verkehrschaos und Massen­touris­mus ist nicht ger­ade das, was ich mit Wan­dern verbinde. Da bin ich eher skep­tisch gegenüber eingestellt. Aber dies scheint der Trend zu sein. In Blogs bericht­en Wan­der­er immer wieder, dass sie mehrere 100 Kilo­me­ter an einem Tag fahren, um einen beson­ders emp­fohle­nen Wan­der­weg zu laufen. Nicht mein Ding.

Welt ent­deck­en vor der Haustür — ist das nicht lang­weilig auf die Dauer?
Ich bin nicht grund­sät­zlich gegen Anreise zum Wan­dern. Mache ich ja auch. Als Städ­terin ohne­hin. Ein- bis zweimal im Jahr in den Wan­derurlaub in die Alpen, ein­mal im Jahr mehr als eine Stunde Fahrt zu einem schö­nen Steig im Hun­srück oder in der Pfalz, ger­ade denken wir über eine Flu­greise im übernäch­sten Jahr nach, um ein fernes Land wan­dernd zu ent­deck­en. Aber das sind ganz beson­dere Ereignisse. Und das sollen sie auch bleiben: etwas Besonderes.

In der Regel bin ich vor der Haustür unter­wegs. Der Grund für dieses Weniger“ ist zugegeben pro­fan: Ich has­se lange Aut­o­fahrten. Sie ner­ven und machen mich ko schon bevor ich einen Meter gelaufen bin. Mit der Bahn fahren ist eine Option. Aber es darf nicht zu kom­pliziert wer­den mit der Umsteigerei. Außer­dem will ich keine wertvolle Freizeit mit unnötiger Anfahrt ver­plem­pern. Mit dieser Art von Weniger gewinne ich ein Mehr an Ruhe und Zeit für Lieblings­beschäf­ti­gun­gen: zum Beispiel Wan­dern und Fotografieren.

Aber ist das auf die Dauer nicht furcht­bar lang­weilig, immer nur in bekan­nten Land­schaften zu rumzuwan­dern? Nein, abso­lut nicht! Im Gegen­teil. Neugierde, der Wille sich Wege selb­st zu suchen und Lust am zu Fuß unter­wegs sein voraus­ge­set­zt, tun sich span­nende und her­aus­fordernde Möglichkeit­en auch in unseren Bre­it­en auf. Wie das genau funk­tion­iert, erzäh­le ich Ihnen gerne.

Der Nase nach – meine Inspiration
Wie find­est Du Deine Wege so?“, werde ich oft von Teil­nehmern gefragt. Am Anfang waren es oft Beschrei­bun­gen, Erzäh­lun­gen, Berichte, Worte, die mich Bergfrau gereizt haben eine Tour genauer anzuse­hen. Immer dann, wenn von schmalen Pfaden und Steigen, alpinem Charak­ter, almähn­lichen Hochwiesen, unmarkierten Pas­sagen, Bach­läufen, Wass­er, Berge über­haupt, und Weit­blick die Rede ist, werde ich hell­hörig. Seit­dem ich regelmäßig im Gelände gehe packt mich zunehmend die Neugierde direkt unter­wegs beim Schlafittchen. Der Blick auf ein inter­es­santes Gebäude oder eine Senke, die geheimnisvoll am Hor­i­zont aus­läuft. Dann gehe ich heim, erkunde die fragliche Land­schaft auf der Karte und entwerfe eine Route, die mich zu diesen en pas­sant aus­gemacht­en Sehn­sucht­sorten bringt. Sehn­sucht­sorte sind es auch zu denen es mich einem Mag­neten gle­ich zieht: Seit eini­gen Monat­en folge ich den geo­graphis­chen Spuren mein­er Kindheit.

Übers Land und über die Dörfer
Diese Fährte hat mich auf eine ganz neue Art des Wan­derns in der Heimat gebracht. Inspiri­ert von unseren Streifzü­gen als Kinder, habe ich begonnen, die Region um Mainz quer­beet auf eige­nen Wegen zu erobern. Dabei bin ich im West­en auf unent­deck­tes“ Land in Reich­weite gestoßen, das ich im näch­sten Jahr erkun­den will: das Nord-Pfälz­er Berg­land. Zunächst werde ich dort alleine Erkun­dungs­touren unternehmen; später plane ich Wan­derun­gen mit Teil­nehmern. Die ersten Touren dieser Art biete ich übri­gens schon im kom­menden Jahr an. Zum Auf­takt bin ich vor zwei Wochen ges­tartet  – bevor der Win­ter kommt. Denn ich habe keine Lust, mir am Bahn­hof des Wan­derziels die Füße abzufrieren, wenn der Zug im Stun­den­takt ger­ade abge­fahren sein sollte, wom­it ich als Fußgän­gerin, die die Ankun­ft nicht exakt timen kann, rech­nen muss. Für die kalte Jahreszeit plane ich was anderes Neues aus meinem Wan­der-Strate­gie-Port­fo­lio. Davon ist jet­zt die Rede.

Stadt­wan­dern
Als Stadt­be­wohn­er bleibt einem ja eigentlich fast nichts anderes übrig, als zum Wan­dern raus in die Natur zu fahren. Ist das wirk­lich so? Dan Kier­an brachte mich auf Ideen. Von ihm habe ich gel­ernt in der Stadt direkt vor der Haustür mit dem Wan­dern zu starten. In seinem Buch Slow Trav­el” berichtet er über seine Art Städte und Regio­nen zu Fuß und per Bus ken­nen zu ler­nen. Angeregt von seinen span­nen­den Geschicht­en, habe ich im Som­mer damit begonnen, selb­st in der Stadt zu wan­dern. Für den Win­ter plane ich weit­ere Ent­deck­ungs­touren in mein­er Heimat­stadt und in den Nach­barstädten. Es ist faszinierend, was es noch alles zu ent­deck­en gibt an Orten, die man wie aus der Wes­t­en­tasche zu ken­nen glaubt. 

Slow Trav­el” hat mich über­haupt sehr inspiri­ert. Alleine wie die Geschwindigkeit, in der wie uns fort­be­we­gen, unsere Wahrnehmung ein­er Land­schaft verän­dert, fasziniert mich. Das Wan­dertem­po, darüber werde ich sich­er noch schreiben! Auch bin ich jet­zt sen­si­bil­isiert auf Strate­gien, wie Men­schen Wege find­en. Total span­nend. Acht­en Sie mal im näch­sten Roman darauf. Ich schreibe dem­nächst im Blog, über welche Ein­fälle ich beim Lesen in let­zter Zeit so alles gestolpert bin.

Was ist also mein Rezept für span­nende, schöne und her­aus­fordernde Touren vor der eige­nen Haustür? Für ein Weniger ist mehr” beim Wan­dern? Ich halte 3 Dinge für wichtig: Tem­po drosseln, Augen und Ohren auf und der eige­nen Nase fol­gen. Ein Meis­ter im Weniger ist mehr” beim Wan­dern in dieser Hin­sicht war übri­gens Jürgen von der Wense. Sein ganzes Leben lang wan­derte er, bis auf wenige Aus­nah­men, nur in Deutsch­land und nur in einem einzi­gen Bun­des­land! Das Buch, das seine Aufze­ich­nun­gen, Tage­büch­er und Berichte zusam­men­fasst, hat allein schon eng bedruck­te 567 Seit­en! Das spricht doch Bände, oder? Um Wel­ten zu ent­deck­en, Aben­teuer zu erleben, muss man nicht unbe­d­ingt ans andere Ende der Erde fliegen. ;-)

Wie und wo find­en Sie Ihre Wan­der­wege zu Hause? Was ist Ihre Strate­gie? Ich freue mich auf Ihren Kommentar!