Dieser Artikel wurde im Dezember 2024 überarbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht.
„Mut bedeutet nicht, keine Angst mehr zu haben. Es ist die Entscheidung, dass etwas Anderes wichtiger ist als die Angst.“ Ambrose Red Moon
Die Ferienwohnung-Vermieterin guckte komisch als ich ihr das Tagesziel nannte: Das Rubihorn (Allgäu). Ein paar Stunden, nach gefühlten tausend Serpentinen und ersten einfachen Klettersteigen oben an der Kante stehend, wusste ich warum: Wenn ich nicht zurück wollte, hieß es für mich Höhenangsthase über einen Grat weiterlaufen. Diese Herausforderung traf mich damals 2013 überraschend (gut, ich hätte es wissen können, wenn ich auf der Karte die Höhenlinien berücksichtigt hätte ;-)), aber nicht unvorbereitet!
Diese Story ist nun 10 Jahre alt. Mit Höhenangst beschäftige ich mich damals schon eine ganze Weile. Es nervte total, schöne, spannende Wege nicht gehen zu können, nur weil einem die Angst im Nacken sitzt. Bei meinem Recherchen nach geeigneten Ratgebern zum Thema fand ich dann Petra Müssigs Buch „Berggenuss statt Höhenangst“ (Titel der ersten Fassung von 2011). Ein Klassiker. Und der Wegweiser aus meiner Höhenangst, zu meiner Arbeit als Höhenangst- und Mentalcoach und der seit vielen Jahren freundschaftlichen Verbundenheit mit der Autorin!
Dieses Jahr (2024) hat Petra eine neue Fassung dieses Buches herausgebracht: “Höhenmut statt Höhenangst. Schritt für Schritt zum Berggenuss”.
Damals wie heute faszinierte mich sofort Petras bodenständige Herangehensweise und direkte Art: „Ich bin kein Psychologin und beschäftige mich in diesem Buch bewusst nicht mit psychologischen Ursachen und bediene mich auch nicht psychologischer Herangehensweisen. Denn mein Ansatz ist zielorientiert und praxisbezogen und basiert in erster Linie auf biologischen Hintergründen und entsprechenden physiologischen Techniken und Methoden.“
Petra Müssig war Leistungssportlerin und Trainerin (Snowboarden) und arbeitet seit vielen Jahren u.a. mit von Höhen- und Sturzangst betroffenen Menschen. Die Sport Mental Coach klärt das Phänomen Höhenangst Schritt für Schritt verständlich und nachvollziehbar auf. Grundlegend ist zum Beispiel die Differenzierung zwischen Höhenschwindel und Sturzangst: „Menschen sind keine Eichhörnchen.“ Bei Unwohlsein, Unlust oder Angst bei Aktivitäten im Gelände handelt es sich eher um die ganz normale und absolut verständliche Angst vor dem (Ab-)Stürzen. Menschen. „Menschen empfinden schon eine geringe Höhe reflexartig erst einmal als bedrohlich.“
In fünf Kapiteln arbeitet Petra den Unterschied zwischen Höhenschwindel und Sturzangst heraus, behandelt die physiologischen Auswirkungen von Angst, beschreibt die vier wichtigsten Schlüssel zur Kontrolle von Nervosität und Angst und steht mit Rat und Tat für Angst auslösende Situationen beim Bergwandern, Klettern, Klettersteigen, Mountainbiken und Schneesport und auch bei Unternehmungen in der Stadt (!) zur Seite. Dabei differenziert sie zusätzlich nach unterschiedlichen Geländeformen, z.B. Grate, einseitig ausgesetzte Wegstücke, Wiesenhänge, Schneefelder, Schotterwege- und hänge, Gipfel, Seilpassagen, ungesicherte Felspassagen, Sessellifte, Gondeln, Stege und Brücken. Schließlich vermittelt sie Impressionen aus der Praxis ihrer Höhenangstkurse in den Alpen.
Ich hatte Sturzangst beim Gehen von Graten. Vor allem, wenn es keine bzw. kaum Möglichkeiten gab, sich irgendwo festzuhalten. Als ich nun 2013 da oben am einen Ende des Grats zum Rubihorn stand, rekapitulierte ich Petras Tipps: 1.) Ruhig und tief atmen. So wird das Gehirn weiter gut durchblutet und mit Sauerstoff versorgt. Man bleibt wach, konzentriert und aufmerksam. Außerdem rät sie 2.) , den Blick beim Gehen sehr dezidiert auf den vor einem liegenden Weg zu richten. Das verhindert, dass Höhenschwindel das Unternehmen torpediert und für zusätzliche Unsicherheit sorgt. 3.) Pausen machen nicht vergessen!
Mit diesem Rüstzeug wagte ich mich damals auf den Pfad am Rubihorn. Und – tatata — ich kam drüber! ;-) Natürlich stolz wie Oskar. Und mit einer riesen Portion neuem Selbstvertrauen. Natürlich gab es und wird es immer wieder Grate geben, wo ich sage: Bis hier hin und nicht weiter. Aber schon die Urlaube in den Folgejahren waren sehr viel entspannter! Ich ging Passagen mit Freude, die ich früher mit schlotternden Knie und Herzklopfen bis zum Hals kaum genießen konnte. Plattformen von Aussichtstürmen standen jedoch noch auf der Bucket List.
Tatsächlich machte ich dann im Oktober 2013 ergänzend bei einem Höhenangstkurs von Petra am Risserkogel am Tegersee mit. Und im Herbst 2015 begann ich meiner Ausbildung zur Sport-Mentalcoach bei Petra. Bereits im ersten Block lernte ich die Essentials der Stress- und Angstregulation. Mit diesem Wissen und den bereits gemachten, gelingenden Erfahrungen begann ich das Training auf Aussichtstürmen. Und im Sommer 2016 hatte ich auch diese Hürde erfolgreich gewuppt.
Inzwischen bin ich selbst Expertin für das Überwinden von Höhenangst. Und gebe mein Wissen und meine Erfahrung selbst seit 2016 erfolgreich Kurse und 1:1 Coachings “Höhenangst überwinden” weiter.
Ich teile Petras Einstellung: „Es geht nicht darum, seine Angst zu bekämpfen oder weg zu bekommen, sondern darum, mit Nervosität und Angst künftig anders umzugehen … Deswegen plädiere ich dafür, dass man seine Ängste als Teil der eigenen Persönlichkeit akzeptiert.“ Es geht um einen “Mut, der Sie dazu bewegt, sich auf kluge Art mit Ihrer Höhenangst zu beschäftigen, mehr darüber zu erfahren und dann konsequent zu üben, was Sie tun- und lassen! — können, um künftig sicherer, zuversichtlicher und mit Selbstvertrauen in den Bergen unterwegs zu sein.”
“Angst vor der Angst”, “Höhenangst, Höhenschwindel, Höhenstress”, “Schritt für Schritt”, “Bergwanderungen sind kein Spaziergang”, “gesunder Mut” — nur einige Stichworte aus Petras neuem Buch. Aber ganz klar: Petras Denke, ihre Erfahrungen, ihre Herangehensweise unterschreibe ich mit meiner Denke, meiner Erfahrung und meiner Herangehensweise mit voller Zustimmung!
Deshalb lege ich Dir mit gutem Gewissen dieses Buch von Petra Müssig für eine erste Orientierung oder das Selbstlernen ans Herz!
Natürlich haben wir in der praktischen Umsetzung des Trainings jede ihren eigenen Stil und ihre eigene Herangehensweise. Schon alleine auf Grund unserer sehr unterschiedlichen sportlichen Erfahrungen; aber auch hinsichtlich des eigenen Erlebens der Höhenangst und des Wissens, wie “sich das anfühlt” unterscheiden wir uns ganz klar. Außerdem arbeite ich im Mittelgebirge. Für viele Menschen ein ideales Übungsterrain, um beim Training unter der als bedrohlich empfunden Schwelle zu bleiben: Beste Voraussetzungen für eine achtsame, individuell orientierte und kontrollierte Konfrontation an Schlüsselstellen. Und um möglichst viele “Aha-Erlebnisse” und “gelingende Erfahrungen” zu machen!
Neugierig geworden? Wenn Du trotz Buch unsicher bist, wie Du starten sollst, oder Unterstützung suchst, um die Theorie in die Praxis umzusetzen, bin ich gerne für Dich da!
Ich biete individuell abgestimmte Trainings und 1:1 Coachings für sicheres Wandern an. Wir arbeiten gezielt an Deinen Ängsten, und ich zeige Dir Techniken, damit Du Dich in Zukunft bewusst, sicher und gelingend in den Bergen bewegen kannst. Zusammen setzen machen wir “Hoffnungslosigkeit zur Entdeckerfreude”. Lass’ uns gemeinsam den ersten Schritt zu Deinem Bergmut machen!
Das Buch kann im Buchhandel oder online beim Verlag erworben werden:
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