„Dennoch, als ich in der Herberge unter der Dusche stehe, wird mir klar: Ich habe die zu mir passende Art des Unterwegsseins gefunden.“
Wieder ein Titel, der mich neugierig macht. Ich schreibe den Verlag an und bitte um ein Rezensionsexemplar. Zwei Wochen später liegt das Päckchen in meinem Briefkasten. Das Buch liegt eine Weile. Reiseberichte aus Marokko, Mexiko Ägypten? Nicht gerade meine Traumziele. Noch nicht? Dann gehe ich der Sache auf den Grund! „Unterwegs sein ist mein Leben“, die Frau will ich näher kennenlernen.
Carmen Rohrbach, Biologin, geboren in Bischofswerda bei Dresden, zwei Jahre DDR-Gefängnis nach einem Fluchtversuch ertragen, danach nach Westdeutschland ausgewiesen. Sie reist früher wie heute aus Leidenschaft, träumte schon als Kind von Weihnachtsabenden in der Natur, fand ihre Traumziele in Büchern und interessiert sich für Tiere, Pflanzen, Steine und für Menschen, lernte viele Sprachen um ihnen näher zu kommen. In diesem Buch erzählt sie von ihren Reisen während der letzen drei Jahrzehnte. Schon die Kapitelnamen sprechen Bände: Berge, Wege, Inseln, Flüsse, Wüsten, Vulkane, Tiere, Begegnungen und Spuren.
Alle einunddreißig Geschichten habe ich nicht gelesen. Wie immer lasse ich mich von Berührungspunkten, meinem Interesse leiten; orientiere mich daran, was mich anspricht und neugierig macht: Nepal — Heimat des Schnees, Schottland – Die Einsamkeit der Regenberge, Deutschland – Winterwanderung im Hunsrück und Deutschland – Am grünen Fluss. Dann lasse ich mich doch auf etwas ganz Fremdes ein: Panama – Arche Noah auf einer Bluse.
Wen habe ich entdeckt? Eine, die nicht locker lässt, um ihr Ziel zu erreichen. Mit Beharrlichkeit überzeugt sie 1976 — gerade in Westdeutschland eingetroffen — die gestandenen Mannsbilder des Starnberger Alpenvereins, dass sie bei der bereits ausgebuchten Nepal-Expedition dabei sein muss und ist dabei.
Eine Träumerin, die ihre Komfortzone verlässt, Entbehrungen auf sich nimmt, an ihre Grenzen geht, weil sie wirklich wissen will, ob ihr Träume realistisch sind: „Drei Wochen lang will ich einmal alleine sein, niemanden begegnen…ein Teil der Natur werden. Karte und Kompass habe ich dabei, doch offizielle Wege, die auch andere Wanderer benutzen, meide ich. Ich will in Schottland so tun, als wäre ich in menschenleerer Wildnis unterwegs. Das ist ein Test. Ich möchte herausfinden, ob ich geeignet bin, später einmal auch abenteuerliche und harte Wildnistouren durchzustehen.“
Meterhoher Schnee und Minusgrade bringen sie bei einer Winterwanderung im Hunsrück an ihre Grenzen. Als sich kein geschützter Platz fürs Zelt findet, übernachtet sie in einer Kirche.
Ihre Wanderung von der Quelle bis zur Mündung der Isar, erinnert mich an meine eigenen Foto-Tour am Lauf des Gonsbachs entlang: „In München hatte ich eine Wohnung direkt am Isarufer und bei Wanderungen in den Alpen erlebte ich die Isar als wilden Gebirgsbach. Doch gerade weil sie mir so bekannt und vertraut war, wollte ich mehr über sie erfahren.“
Ihre Suche nach Geschichte und Geschichten führt sie nach Panama. Meine Wenigstens-einmal-probieren-Geschichte! :-) In Panama City trifft sie zufällig Cuna-Indianerinnen, kommt mit ihnen ins Gespräch und wird von den kleinen Frauen mit den glatten und pechschwarzen Haaren zu einem Besuch auf deren Heimatinsel „San-Blas-Inseln“ eingeladen. Die Frauen verkaufen farbenprächtige Stoffe: “Seitdem die geschäftstüchtigen Indianerinnen die Begeisterung der Touristen für ihre Werke entdeckt haben, reisen sie bis in die Hauptstadt.“ Ihre Stoffe sind Kunstwerke, Stoffbilder, Stoffcollagen mit bis zu sieben Lagen, die sie „molakana“ oder kurz „molas“ nennen. Warum die Künstlerinnen ihre Bilder schaffen und was sie mit ihnen ausdrücken wollen? Um das herauszufinden, hat sich Carmen Rohrbach viel Zeit für Gespräche genommen, um das Vertrauen der Frauen zu gewinnen. Schließlich geben die Geschäftsfrauen ihr „Betriebsgeheimnis“ preis. Das hier in dieser Rezension aber nicht verraten wird! :-)
„Unterwegs sein ist mein Leben“ (318 Seiten mit Farbfotos) ist ein Buch, mit dem es sich zu Hause auf der Couch trefflich auf Reisen in alle Herrenländer gehen lässt. Carmen Rohrbach erzählt detailliert über Begegnungen, fremde Kulturen und Hintergründe. Sie bringt ihre Leser zum Träumen, genau wie sie selbst einmal beim Lesen die Sehnsucht packte. Das Buch ist in der Tat ein Fenster zur Welt, Label der Reihe “Malik National Geographic”, in der das Buch erschienen ist.
„Unterwegs sein ist mein Leben“ ist besonders für Menschen Inspirationsquelle, die von Outdoor-Abenteuer, Reisen und Leben in anderen Landschaften träumen. Carmen Rohrbach ist offen, ehrlich und scheut nicht davor zurück, von ihren Ängsten und Grenzen zu berichten. Deshalb ist es auch ein Lehrbuch darüber, wie man Ziele realistisch einschätzen lernt – nämlich durch Ausprobieren – und wie man mancher Traumreise und Traumlandschaft auch in der Heimat näher kommen kann.
Dem Piper Verlag danke ich sehr für das Rezensionsexemplar.
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