Schlüsselworte in Klappentexten, Werbebotschaften oder Empfehlungen in Blogs, auf Facebook oder Twitter sind für mich oft Anlass, mir das angepriesene Buch zu kaufen. So war es auch mit diesem Titel von Heike Barz-Lenz. Begriffe wie „Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven und Blickwinkeln betrachten“ oder „die Unterschiedlichkeit unserer Wahrnehmungen“ weckten sofort meine Aufmerksamkeit.
Manchmal stellen sich diese intuitiven Signale als Fehlalarm heraus. Schon beim Lesen der ersten Seiten, lege ich immer mal wieder das ein oder andere Buch enttäuscht zur Seite. Die Wörter platzen wie Seifenblasen. Nur Schein. Nichts dahinter.
Dieses Buch dagegen ist ein Volltreffer.
Heike Barz-Lenz ist Betriebswirtschaftlerin und Steuerexpertin. Unter dem Label „Zahlentanz“ (www.barz-lenz.de) unterstützt sie Menschen in kaufmännischen Fragen. Dazu hat sie einige Sachbücher geschrieben. Ein weiteres Steckenpferd von ihr sind Kommunikationspolitik und Werbung. In diesem Zusammenhang entstand das Buch „Fassadenmalerei“.
Es geht nicht um Kunst am Bau. Sondern die Autorin versteht darunter menschliche Verhaltensweisen, wie die Vorspiegelung falscher Tatsachen, das wahre Gesicht nicht zeigen, Gefühle verbergen und andere Formen von Maskerade und den daraus erwachsenden Kommunikationsproblemen, Konflikten und, ja, Krankheiten.
Heike Barz-Lenz geht der Frage nach, wodurch Fassadenmalerei entsteht und warum wir sie betreiben. Sie zeigt Wege auf, wie wir uns auch ohne Maskerade sicher und wohl fühlen können. Dazu gewährt sie uns eine Blick auf ihre Gedanken, Erfahrungen, ihre daraus gezogenen Schlussfolgerungen und Handlungs- und Haltungsoptionen.
In kurzen Kapitel beschäftigt sich Heike Barz-Lenz mit Fragen wie: Was fehlt uns? Was treibt uns um? Was prägt uns? Was brauchen wir? Was ist Ursache und was Wirkung? Sie betrachtet Zwickmühlen, Zweideutigkeiten und Irritationen. Und schließlich zeigt Sie auf, was wir tun können, um die Fassade, hinter der wir uns verstecken, aufzubrechen.
Eine Möglichkeit gefällt mir besonders gut: Der Perspektivenwechsel, der Blick von der anderen Straßenseite, das Hinterfragen der eigenen Denk- und Sichtweisen. Damit überwinden wir das trennende Moment unserer unterschiedlichen Wahrnehmungen und nutzen das darin enthaltene Lösungspotenzial Denn wenn wir den Blickwinkel ändern, durch eine andere Brille schauen, eröffnen sich neue, andere Denkwege, die aus der Sackgasse herausführen können, in die wir uns manchmal hineinmanövrieren.
Sehr anschaulich finde ich das Beispiel zum Thema „Anerkennung“. Vielen Menschen fällt es schwer die Einstellung zu finden, dass die eigene Wertschätzung im Hinblick auf die eigene Person wichtiger ist als Anerkennung und Lob von außen. Aber: „Woher will ich wissen, dass der Mensch, der mir zustimmt, Recht hat?“, zitiert Heike Barz-Lenz den Schriftsteller Peter Lauster aus seinem Buch „Wege zur Gelassenheit“. „Er fordert dazu auf, den Wunsch nach Anerkennung einmal von ganz anderer Seite zu betrachten. Für mich war diese Betrachtungsweise sehr wirkungsvoll, zeigt sie doch, dass Anerkennung uns auch in die völlig falsche Richtung schicken kann. Und dann wird doch aus der Anerkennung, die auch mit Ansehen und Erfolg im Zusammenhang steht, ein Flop… Diese Betrachtungsweise ist für mich ein Plädoyer dafür, einfach dem eigenen Gefühl zu folgen und nicht auf Zuspruch und Anerkennung der Umgebung zu setzten.“, schlussfolgert Heike Barz-Lenz.
„Fassadenmalerei“ ist ein persönliches Buch. Es hat 108 Seiten. Die Kapitel sind kurz, mit einfachen, anschaulichen Sätze geschrieben, groß gedruckt. Es ist ein Buch, das den zweiten Blick lohnt. Heike Barz-Lenz geht den Dingen auf ihre eigene Art auf den Grund. Und sie ist sich dessen bewusst; das gefällt mir gut: „Doch was aus meinem Blickwinkel klar und deutlich erkennbar ist, ist für andere nicht unbedingt genauso plausibel…So habe ich mich zum Beispiel immer wieder gefragt, ob dieser Buchtitel „Fassadenmalerei“ tatsächlich das suggeriert, was ich damit ausdrücken möchte und was ich ganz persönlich damit meine…Die Wahl des Titelbildes überrascht dabei vielleicht.“
Was der Eisbär mir Fassadenmalerei und menschlicher Maskerade zu tun, das verrate ich hier natürlich nicht. Denn die Geschichte hinter dem Titelbild alleine lohnt schon, sich das kleine Büchlein zuzulegen. :-) Sie birgt die Überleitung zu einer ganz einfachen Möglichkeit, wie wir Menschen die Maske lüften können: nämlich mit einem Lächeln. Daran werden sie immer denken, wenn sie das Buch gelesen haben und in Zukunft einen Eisbären sehen. :-)
Perspektivenwechsel, Klarheit über etwas gewinnen – das gelingt mir am besten beim Wandern. Schon alleine eine andere Umgebung, sorgt bei mir dafür, dass ich Dinge, oft wie von selbst, aus einem ganz anderen Blickwinkel sehen und nachvollziehen kann. Wie geht es Ihnen? Was ist Ihr persönliches Rezept für einen inspirierenden, kreativen, klärenden Blick über den Tellerrand?
Fassadenmalerei – Verkrustungen aufbrechen für ein Lächeln, Heike Barz-Lenz, 2011, 9,80 Euro
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