Steig – hört sich gut an. Bisher kannte ich das Wispertal nur aus dem Auto heraus. Die Fahrt über die kurvige Straße durch den Wald entlang der Wisper weckte bei mir die Neugierde auf diese Gegend und die Lust das Gelände unmittelbar zu Fuß zu erfahren und zu entdecken. Die Aussicht auf einen Steig lockte uns Anfang September zurück ins Wispertal, zum Wandern im Naturpark Rhein-Taunus.
Wir starten in Espenschied. Von Lorch (Rhein) oder von Bad Schwalbach (Taunus) kommend fährt man das Tal rauf bzw. runter bis zur Laukenmühle. Von dort ist man in einigen Minuten oben in diesem beschaulichen Luftkurort . Am Wochenende bietet sich der Einstieg auf alle Fälle hier an, weil man dann am Ende im historischen Gasthaus „Die Linde“ am Dorfplatz wunderbar einkehren kann :-)
Der Wisepertalsteig ist ein vom deutschen Wanderinstitut ausgezeichneter Premiumwanderweg. Am Informationspunkt geben Karte und Broschüren zum Mitnehmen gute Orientierungshilfe. Die Wegmarke des Rundwegs ist eine blaue Welle oder die sich schlängelnde Wisper; wie man es sehen mag. Die Strecke ist 15 Kilometer lang und soll in 4 Stunden Gehzeit zu bewältigen sein. Sie wird mit mittelschwer (172 bis 425 m ü. NN.) bewertet.
Espenschied liegt auf der „Sonnenterrasse des Wispertals“. Und so fühlen wir uns auch gleich nach den ersten Schritten über die weiten, lichtgefluteten Felder: warm, leicht, beschwingt. Schon nach kurzer Zeit ein erster weiter Rundblick zum Feldberg und der Hohen Wurzel im Taunus sowie bis in den Soonwald. An Sonnenstellen reifen hier oben gerade die Holunderbeeren. Unsere Ernte wird schließlich für ein Glas leckere Marmelade reichen.
Dann geht’s durch einen recht trockenen Eichenwald, vorbei an Schieferabbrüchen, runter zum Sauerbornbach. Immer wieder weisen kleine Informationstäfelchen auf Aussichtspunkte und Sehenswertes abseits des Weges hin. 50 bis 80 Meter zur Seite rein stehen wir dann zum Beispiel auf bizarren Felskuppen und schauen weit über den Wald, oder vor einem Bergloch. Der 100 Jahre alte Schieferstollen soll 18 Meter lang und begehbar sein. Wir haben es nicht ausprobiert.
Je weiter wir runtergehen, desto feuchter wird die Luft. Blätter, Blüten, Erde verströmen den würzigen Duft wasserreicher Natur. Unter hohen Laubbäumen laufen wir zum Werkerbrunnen. Hier färbt kohlensäure- und eisenhaltiges Wasser die Ablaufrinnen satt rot. Soll früher in Steingut-Flaschen als Heilwasser vertrieben worden sein.
Der folgende steile Schieferpfad führt uns zurück auf die Sonnenterrasse mit wunderschönen Ausblicken und Ruhebänken. Ein Stück über die Hochebene und wieder geht’s hinunter über breite, einfache Forstwege bergab ins Wispertal hinein, nun schon mit Kurs auf die Laukenmühle. Wir nähern uns der Straße. Die im Sommer sehr beliebte Bikerstrecke ist nicht zu überhören. Der Weg zur Laukermühle mündet in einen wunderschönen Kastanienweg. Hier ist der Herbst schon sehr deutlich zu spüren. Unten angekommen, erwartet sogleich uns der letzte Aufstieg hoch nach Espenschied.
Ein Stück am Dorfbach im feuchten Hansenwiesengraben entlang – hier tröpfelt das Wasser aus dem Hang. Dann gehen wir in Richtung Höhe auf steilem Pfad mit „Steigcharakter“, wie es in der Beschreibung heißt. Dann über einen weichen Wiesenweg, ganz nach meinem Geschmack, über mehrere Kehren eines Forstweges und die ersten Häuser von Espenschied tauchen auf. Puh, es sind zwar nur 25 Grad, aber oben angekommen sind wir nassgeschwitzt. Die Einkehr in den Biergarten der Linde in Espenschied kann ich dank meines trockenen Wechsel-T-Shirts in vollen Zügen genießen. Denn sitzt man ein Weilchen, wird es doch schon etwas frisch. Noch mal: Die Linde kann ich empfehlen Seit 1921 werden hier Gäste bewirtet. Das Haus zählt zu den ältesten Gebäude des Dorfes, wurde Anfang der 90er Jahre liebevoll restauriert und befindet sich seitdem in Familienbesitz. Die Wirtsleute legen sehr viel Wert auf Qualität der verwendeten Waren. Und diesem Anspruch entsprechend schmeckt uns das Essen dann auch super lecker.
Fazit
Der Wispertalsteig ist ein abwechslungsreicher, gut und zuverlässig markierter Wanderweg. Mit Zeit für Eigenes Tempo-Wandern, Gucken, Fotografieren und Ausruhen sollte man gut 5 Stunden kalkulieren. Auf die gesamte Strecke gesehen, gibt es zwei Aufstiege, die man als „Steig“ mit einem zugedrückten Auge gelten lassen kann. Sie fordern Körpereinsatz, lassen sich jedoch in eigenem Rhythmus auch von Ungeübten bewältigen. Entlang des Weges stehen immer wieder Bänke zum Ausruhen und Kräfte sammeln bereit.
Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, der Wispertalsteig ist ein idealer Herbstweg. Ersten ist dann die Luft klar für ungetrübten Genuss der zahlreichen Fernsichtpunkte (und zum Fotografieren derselben — an diesem Septembertag war es noch zu diesig für scharfe Ausguck-Bilder). Zweitens lässt sich auf diesem waldreichen Weg zu dieser Jahreszeit noch mal so richtig Farbenergie tanken – vor dem Winter. Drittens ist es im Herbst nicht mehr so warm und damit die Anstiege leichter zu schaffen.
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