Von Bredouillen, Bonanza und unbewusster Wahrnehmung
Im Internet habe ich diesen beeindruckenden Vergleich gefunden: „Wenn unsere unbewusste Wahrnehmung 11 km entspricht, wäre unser bewusstes Wahrnehmen dagegen nur ein winzig kleines Fensterchen von 15 mm.“ (Quelle: www.feliz.de -> Fakten) Wie komme ich darauf? Kürzlich habe ich mich näher mit dem Thema „Intuition“ beschäftigt. Eine Fähigkeit, die mich beim Wandern hin und wieder führt und auf ungeahnten Wegen zum Ziel bringt. Ich wollte genauer wissen, was es damit auf sich hat und habe mir das empfehlenswerte Webinar „Intuition ist Intelligenz mit erhöhter Geschwindigkeit“ von Heide Liebmann angeschaut. Dabei habe ich einiges über Intuitionsfallen (also was Intuition nicht ist) gelernt, aber vor allem, dass Intuition zu einem guten Teil auf Wissen gründet, das wir irgendwann im Leben unbewusst in unserem Hirn gespeichert haben. Ein enormes Potenzial (siehe oben), das uns sehr nützlich werden kann. In diesem Zusammenhang ist mir eine Begebenheit aus meiner Kindheit wieder in Erinnerung gekommen. Ich erlebte sie bei einer Skitour. Deshalb erzähle ich heute mitten im Sommer eine Schneegeschichte :-)
Vielleicht 14 Jahre bin ich alt; wir sind mit einer Gruppe von rund 10 Skifahrern unterwegs. Oben im Berg: Nebel, kaum Sicht. Da heißt es immer schön den Vordermann im Auge behalten, den Anschluss nicht verlieren. Plötzlich will man sich trennen, die einen wollen abfahren, die anderen noch eine Runde drehen; an der Talstation will man sich treffen. Ich bin unschlüssig, überlege, welcher Gruppe ich mich anschließen soll, zögere … eine Sekunde zu lang: Plötzlich stehe ich mutterseelenalleine im weißen Nichts. Weiß in der Luft, weiß am Boden, rund herum undurchsichtiges Weiß. Für einen Moment scheint mein Herz stehenbleiben zu wollen. Schiebe mich vorsichtig den Hang runter. Keine Ahnung wohin – ob auf den nächsten Abgrund zu oder in Richtung Piste. Rufe nach meinen Leuten. Nichts.
Sehe schon die Bergrettung nach mir stochern. Anflug von Panik. Stopp! Ich muss vor allem auf der Route bleiben; solche Sachen können in den Alpen sonst böse enden – das weiß ich aus den Nachrichten. Was weiß ich übers Orientieren?
Und wissen Sie, was mir in dem Moment einfällt? Lachen Sie nicht! Plötzlich schießt mir Bonanza in den Kopf. Also keine konkrete Szene; vielmehr ein winziges, nebensächliches Detail: Woran haben sich die Cowboys aus der US-Fernsehserie im Wilden Westen immer orientiert? Richtig, an Spuren im Sand! Ich brauche ein Zeichen, einen Hinweis, einen Anhaltspunkt. Und tatsächlich: Jetzt erkenne ich in diesem undurchdringlichen Weiß vor mir auf dem Boden ungefähr 2 bis 3 Meter Skispur im Schnee. Immerhin. Ich folge also Ski für Ski den Spuren, gelange auf diese Weise wieder auf die Hauptabfahrt und schließlich sicher zur nächsten Liftstation. Bis ich meine Gruppe wieder treffe ist noch eine längere Geschichte, die im Gesamtpaket beim Abendbrot in der Pension natürlich zur Story des Tages avanciert. Den Part erspare ich Ihnen.
Was ich mit dieser kleinen Geschichte rüberbringen will: Unbewusstes Wissen – wie und wo man es erworben hat, spielt keine Rolle — kann plötzlich aktiviert und abgerufen werden, wenn es darauf ankommt. Was mir damals letztlich aus der Bredouille geholfen hat, war kein 14tägiges Seminar “Orientierung bei Schlechtwetterlagen”, sondern ganz banal 1.) die TV-Sonntagnachmittage bei der Oma, die ihre Enkel heimlich Bonanza gucken ließ und – jetzt der springende Punkt — 2.) das dabei unbewusst gelernte Know How, wie man sich in unwegsamen Gelände orientiert.
Für Ungeübte: Sie haben als Kind Bonanza, Black Beauty, Flipper und was weiß ich, was es für TV-Abenteuer zu bestehen galt, gesehen? Sie haben Winnetou, Fünf Freunde, Pippi Langstrumpf (!), Jim Knopf und der Lokomotivführer (!) etc. gelesen? Dann wissen Sie mehr über das Bestehen von Herausforderungen, als Sie glauben.
In den Tiefen unseres Kopfes schlummert ein riesiger unbewusster Wissensschatz. Jeder von uns hat ihn — wie auch immer er zustande gekommen ist. Es muss ja nicht unbedingt Bonanza gewesen sein ;-). Wichtig ist, dass wir darum wissen, lernen darauf zu vertrauen und üben ihn zu aktivieren. Entscheidend ist, dass wir über mehr Wissen verfügen als wir glauben. Dieser Wissensschatz gleicht einem unentdeckten, unterirdischen See. Ein schlummerndes Reservoir innerer Kraft (Resilienz). Ich bin der Meinung, es lohnt sich, sich mit seiner Intuition auseinander zu setzen, und diesen Schatz sukzessive ans Tageslicht zu holen. Trainieren kann man den eigenen “inneren Wegweiser” wunderbar beim Wandern. Zum Beispiel, wenn einem die realen Wegweiser vor Ort mal wieder im Stich lassen und man auf sich selbst gestellt ist, den richtigen Weg zu finden.
Welche Erfahrungen haben Sie mit unbewusstem Wissen, mit Intuition gemacht? Ich freue mich über jeden Beitrag zu diesem Artikel und bin schon sehr gespannt!
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