Reden wie ein Wasserfall kann ich hin und wieder auch, obwohl ich eher ein “leiser” Mensch bin. In der Gruppe, zusammen mit Gleichgesinnten, die Stimmung ist super, ein Wort gibt das andere, die Geistesblitze zucken hin und her.
So eine lustige Wandertruppe macht richtig Spaß und kann sehr inspirierend sein. Doch für andere kann das nervig werden. Das kenne ich umgekehrt von mir auch: Manchmal wird es mir aus den unterschiedlichsten Gründen einfach zu viel. Ich brauche eine Auszeit; auch mitten auf der Tour.
Zum Beispiel nach einer anregenden Unterhaltung habe ich das Bedürfnis noch ein bisschen für mich über das gerade besprochene Thema nachzudenken. Zum Beispiel um später bei meinem Gesprächspartner noch mal einzuhaken, einen Gedanken gemeinsam weiterzuspinnen. Oder wenn es zum Ende hingeht und ich einfach für viele Worte zu müde bin.
Problem in einer Gruppe kann dann sein: Wie mache ich den anderen klar, dass ich grad etwas Ruhe brauche. Mal eine halbe Stunde alleine gehen will? Ohne dass ich die anderen vor den Kopf schlage oder ohne dass ich mich kommentarlos zurückfallen lasse? Das wirkt schon etwas komisch, finde ich. Und es wird oft auch missverstanden im Sinne von „absondern“ oder „eigenbrötlerisch sein“.
Nähe und Distanz kann auf einer Gruppenwanderung ein Thema werden. Oft höre ich: „Ach ich laufe lieber alleine mit meinem Mann.“ oder „Beim Wandern brauche ich meine Ruhe“. Ja, stimmt. Gerade habe ich in einem Kommunikationsbuch über introvertierte Menschen gelesen (dazu mehr in einem der nächsten Buchtipps), dass Wandern zu den Lieblingssportarten der „leisen“ Menschen gehört. Stimmt. Aber muss man deshalb auf das Wandern in der Gruppe verzichten? Also ich bin der Meinung, das muss nicht sein. Aber generell weiß ich aus eigener Erfahrung, dass in Wandergruppen (natürlich nicht nur dort) Gesprächssituationen entstehen können, die, wie gesagt, aus den unterschiedlichsten Gründen ein Bedürfnis nach Distanz bei einem Menschen auslösen. Ruhebedürfnis ist eine Möglichkeit, die andere ist, dass das Gegenüber manchmal einfach nervt.
Dazu fand ich vor einiger Zeit das charmante Buch von Gitte Härter: „Nerv nicht! Über den Umgang mit Nervensägen, Rechthabern, Langweilern & Co.“.
Gittes Buch überzeugt mich durch ihre freundliche, aber bestimmte Art: Sympathisch finden ich zum Beispiel die Strategie sich selbst zu fragen, wo bei einem der „Hase im Pfeffer liegt“, bevor man sich über andere aufregt. Denn Zutexter, Nerver und schlaue Ratgeber sind oft nicht nur die anderen. Auch man selbst ist manchmal nicht gefeit, anderen mit seinen „tollen“ Ideen zu langweilen. Und so rät die Autorin ihren Lesern auch mal die Perspektive zu wechseln. Sie fragt einerseits: „Was nervt sie überhaupt – und warum eigentlich?“ und andererseits „Hand aufs Herz: wo nerven Sie denn selbst?“
Das Buch beschreibt 6 Nerv-Situationen: Nervige Gespräche; Sie werden zugetextet; Sie möchten nicht darüber reden; Kein Drama, aber ganz schön nervig; Mehr als nervig: Gespräche, die gar nicht guttun; Wenn der Blutdruck steigt.
In jedem Kapitel wird das Hauptthema differenziert und auf spezielle Typen herunter gebrochen: Der andere redet ohne Punkt und Komma. Der andere redet nur von sich usw. Um eine gezielte Lösung zu finden, ist es wichtig, genau zu wissen, was einem an einer Situation überhaupt genau auf die Palme bringt. Die Autorin gibt deshalb praktische Tipps, damit man sich selbst auf die Spur kommt.
Hier der Inhalt auf einen Blick: Sich des eigenen Gesprächsverhaltens bewusst werden, die unterschiedlichen Nervtypen erkennen, Grenzen setzen, die andere auch wahren, Übungen, Tipps und Checklisten, Notfallplan für akuten Geprächs-Bluthochdruck.
Also, wie komme ich in der Gruppe zu meiner nötigen Auszeit ohne unhöflich zu sein? Oder umgekehrt, wie können sich meine Wanderfreunde vor mir in Sicherheit bringen, wenn ich gerade meine Schwatzphase habe und gar nicht mehr aufhören kann Wie kriegt man Einzelgänger auf Zeit wieder ins Team? Wie setzt man Nervensägen und Rechthaber charmant außer Gefecht?
Grundregel: Klartext reden! „Sie können jederzeit Ihrem Gesprächspartner ganz klar sagen, dass Sie über diese Sache (oder überhaupt im Moment) nicht sprechen wollen oder können. Machen Sie eine knappe, freundliche Ansage – reden Sie nicht um den heißen Brei herum und diskutieren Sie, wie gesagt, nicht über die Gründe.“ Und wenn das nicht hilft? Dann müssen Sie unbedingt das ganze Buch von Gitte Härter von A bis Z selbst lesen! Übrigens: Das Buch ist auch als Audio CD im Gabal-Verlag erschienen.
Zur Autorin: Gitte Härter arbeitet seit über zehn Jahren als Coach und Trainerin. Ich durfte sie “persönlich” u.a. in einem ihrer Online-Workshops zum Thema “Bloggen” erleben. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Männer und Frauen können bei ihr jede Menge lernen! Zum Beispiel auf www.schreibnudel.de So wahr ich Heike heiße :-)
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