Fifty, fifty. Der eine Teil der Brückenbesucher guckt. Der andere Teil geht drüber. Aus unterschiedlichen Gründen, wie sich herausstellen sollte. Jeder entdeckt die Geierlay — die längste Hängeseilbrücke Deutschlands - auf seine Art.
Von den Guckern hat sich der ein oder die andere möglicherweise einige Schritte auf dem schmalen Holzsteg gewagt. Nach etwa 50 Metern wackelt die Konstruktion. An dieser Stelle sind die Ersten vermutlich umgedreht. Bis hierhin und nicht weiter.
Die, die sich nicht abhalten lassen vom Zittern der Geierlay, dieses unbekannte Ding weiter erkunden, erleben den wahren Charakter einer Hängeseilbrücke. Zur Mitte hin, 100 Meter über dem Tal, an ihrem tiefsten Punkt, schwingt sie. Nicht ausladend. Eine Windabspannung stabilisiert. Deshalb nur leichtes Hin und Her. Im Rhythmus der Menschen, die darauf gehen. Bei Wind natürlich mehr. Ruhiger wird es erst mit jedem Schritt Richtung Brückenausgang auf der anderen Seite des Tals. Die wenigen Leute, die dort stehen, scheinen eine kleine Verschnaufpause zu machen, bevor sie sich auf den 360 Meter langen, schwankenden Rückweg machen.
Schweizer haben Deutschlands längste Hängeseilbrücke im Hunsrück gebaut. Nach dem Vorbild der sogenannten Nepalesischen Hängeseilbrücke. Die Verankerungen sind bis zu 25 Meter in den Fels gebohrt. Klingt sicher.
Auf der Geierlay verhalten sich die Leute unterschiedlich. Manche lachen dauernd. Andere versetzen der Hängebrücke einen extra Schwung, indem sie abrupt ihr Gewicht verlagern. Andere halten sich an den Geländerseilen fest. Den Blick fest auf den Rücken des Vordermanns geheftet. Kinder wird es unterwegs mulmig. Wollen nicht weitergehen. Eltern beruhigen. Einige kriegen von allem wenig mit, weil sie mit dem Smartphone filmen. Was der Mann wohl mit dem Blumenstrauß auf der Brücke will? Ich denke ja praktisch und überlege, dass er vielleicht die schnelle Verbindung nutzt und auf dem Weg zu einem Geburtstag im Nachbarort ist. Wie komme ich eigentlicher immer auf solche Ideen?
Über 100.000 Leute sind drüber gegangen, seit die Brücke im Herbst eröffnet wurde. Just an dem Tag, an dem wir die Geierlaybrücke überquerten, sollte diese beeindruckte Besucherzahl erreicht werden. Deshalb der Blumenstrauß!
Ob mit schwachen oder stärkeren Nerven: Ich empfehle einen Besuch in der Woche. Denn je mehr Leute auf der Brücke sind, desto enger, rempeliger und stauanfälliger wird das Ganze. Der Steg ist nur 85 Zentimeter breit. Den aktuellen Andrang zeigt eine Webcam.
Der Besuch der Hängeseilbrücke lässt sich gut mit einer Wanderung im Hunsrück verbinden. Wir sind morgens den Dünnbachpfad gelaufen und haben unseren Ausflug mit einem Abstecher zur Geierlay gekrönt.
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